Man mag ja gerne darüber den Kopf schütteln, dass viele deutsche Startups Copycats sind und keine eigenen Ideen umsetzen. Oft werden dann die USA als Vorbild genannt, weil von dort wahre Revolutionen kämen, die von einer potenteren Investorenszene gefördert würden. Twitter, Facebook, Pinterest, meinetwegen. Aber was, bitte, ist denn das? Da treffen sich auf der Startup-Konferenz TechCrunch Disrupt die kreativsten Denker und Gründer im Silicon Valley, flankiert von Dutzenden Technikreportern und Persönlichkeiten wie Mark Zuckerberg, um im grellsten Scheinwerferlicht das ganz große Geld springen zu lassen. Und es gewinnt ein Startup namens YourMechanic.
Nun, was YourMechanic macht, klingt ja gar nicht schlecht. Man bestellt sich einfach einen Automechaniker nach Hause, teilt ihm vorher die Details mit (Bremse, Auspuff, …) und dann, nun ja, kommt der Automechaniker nach Hause. Und er wartet, pflegt oder repariert den Wagen. Der Preis wird vorher ausgemacht, es sollen beide Seiten profitieren: die Kunden durch niedrigere Preise und einen besseren Service. Mechaniker, weil sie den Stundensatz direkt ausbezahlt bekommen. Umgangen würden die großen Werkstätten oder Vertragshändler. Oder anders gesagt: Ihr fahrt nicht mehr in die Werkstatt, die Werkstatt kommt zu euch.
Das Motorrad, das nicht umfällt
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Oft sei es so, dass die Mechaniker fürs Nichtstun bezahlt würden, sagt YourMechanic-Gründer Abhas Art Agrawal. Zwischen einzelnen Aufträgen herrsche viel Leerlauf. YourMechanic solle die Aufträge besser zuteilen. Jede einzelne Werkstatt werde sorgsamst geprüft, für den Start seien sechs Werkstätten in der Bay Area (San Francisco und Umgebung) mit dabei. In den kommenden sechs bis acht Monaten allerdings solle YourMechanic USA-weit starten. Das klingt nach einem enormen Aufwand; dafür stehen dem Projekt aber auch 1,8 Millionen US-Dollar zur Verfügung, die man in der ersten Finanzierungsrunde von namhaften Kapitalgebern wie Y-Combinator, Andreessen Horowitz und Joshua Schachter bekommen hat.
Mich erinnert YourMechanic an eine Mischung aus MyHammer, MyTaxi und MyADAC. Das Projekt aufzubauen, klingt nach einer guten Sache. Besonders originell scheint es mir nicht zu sein. „Schlimmer“ noch: Das Konzept hinter YourMechanic klingt äußerst bodenständig, nach einem Unternehmen, das sofort Geld verdienen und schnell profitabel arbeiten kann. Fast, als käme es aus Deutschland. Wo aber bleiben Innovation und Risiko, wie man es von US-Westküste in den vergangenen Jahren gewohnt war? Gehen der US-Startup-Szene die Ideen aus?
Nicht, wenn man sich den Zweitplatzierten anschaut: Lit Motors baut die C1, ein Motorrad, das an die, nun ja, BMW C1 errinnert. Die C1 von Lit Motors kommt mit einer Seitenstabilisierung daher, die dafür sorgen soll, dass das Motorrad praktisch nicht umfallen kann. Wer’s nicht glaubt, sollte sich einmal das Video dazu ansehen:
Wohnungsmarkt vs. Büroplätze für digitale Nomaden
Welche Ideen kamen noch in die engere Auswahl? Gyft, der gefühlt zwanzigste Versuch, den Markt für digitale Geschenkgutscheine aufzumischen. Fitiquette vermisst Menschen via Webcam und will helfen, passende Kleidung über Online-Shops zu bestellen – Upcload aus Berlin lässt grüßen. Zumper ist eine Art AirBnB für den Wohnungsmarkt. Man sucht freie Wohnungen auf einer Karte statt in einer Liste – und fragt sich tatsächlich, warum das bisher so noch nicht umgesetzt wurde. Undrip sammelt aus Benachrichtigungen von Social Networks nur das wichtigste. Social Fortress bietet eine Verschlüssung für selbige an, damit Facebook und Co. nicht mehr mitlesen können. Tovbot ist ein Wackelroboter aus Plastik, der zur Musik mitwippen kann.
Recht originell und doch ein bisschen beängstigend finde ich MindMeld von Expectlabs, das bei einem Videotelefonat auf dem iPad „mithört“, die Sprache analysiert und passende Suchtreffer vorschlägt. Prior Knowledge entwickelt eine Datenbank für Entwickler, die Programmierschritte erkennen und autovervollständigen will. Das sind teils interessante Konzepte, teils etwas, was man schon mehrfach gesehen hat. Es sind keine schlechten Ideen, aber es klingt für mich nicht origineller als das, was der Rest der Welt derzeit zu Stande bringt.
Passend dazu las ich auf Deutsche-Startups von aSpot.at. Aus Berlin kommt hier die Idee, mit der Büros ungenutzte Arbeitsplätze an digitale Nomaden vermieten können. Also etwas, was Zumper sehr ähnlich ist. CiteeCar will Carsharing in Berlin noch einmal neu definieren, indem man eine eigene Fahrzeugflotte bereitstellt. Mit anderen Worten: Wo ist der Unterschied? Deutschland braucht sich aktuell vor US-Startups nicht zu verstecken. Die da drüben kochen offensichtlich auch nur mit Wasser – und etwas mehr Kohle unter dem Kessel.