Vor gut einem Jahr verfasste ich einen Rant. Warum die Hersteller von kompakten Digitalkameras eigentlich inzwischen alles in ihre Knippsen einbauten, von Lächelautomatik bis Sepia-Filtern, nur eines nicht: WLAN oder Mobilfunk-Funktion. Die Geräteklasse schaffe sich damit selbst ab und könnte von immer besseren Smartphone-Kameras gefressen werden, schrieb ich. Eine These, die Manuel Reinhard kürzlich untermauerte. Dass das ganz große Fressen aber noch nicht eingesetzt hat, bedeutet auch, dass es der Industrie so schlecht noch nicht geht. Noch.
Denn die Smartphone-Kameras, die ich seitdem und vor allem in diesem Jahr gesehen habe, schicken sich aber in der Tat an, den Point-and-Shoots den Garaus zu machen. Weil man mit ihnen inzwischen sehr anständige Fotos machen, sie direkt bearbeiten und vor allem sofort verschicken oder in soziale Netzwerke einstellen kann. Die meisten Kompaktkameras mögen immer noch bessere Sensoren und eine bessere Bildqualität haben. Für einfache Schnappschüsse aber reicht die Qualität der neuesten Smartphone-Kameras aus. Vor gut einem Jahr gab es überhaupt nur rund eine Handvoll Digitalkameras mit WLAN-Funktion. Kürzlich allerdings schrieb mir Barbara Scholtysik von Weber Shandwick, die Agentur die bis Ende Juli noch in Deutschland PR-Arbeit für Samsung machte:
„(Fast) Alle Kameras, die Samsung in diesem Jahr herausgebracht hat sind (kabellos) WLAN fähig. (…) Der Upload ins Web zu Facebook und Co., in die Cloud und der Mailversand klappt ganz gut.
Zeit, sich noch einmal umzusehen, was sich inzwischen auf dem Markt getan hat.
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Scholtysik schickte mir folgende Auflistung aktueller, WLAN-fähiger Samsung-Kameras:
DV300F – Kompaktkamera mit Front-Display und WLAN
WB150F – Kompaktkamera mit WLAN
WB850F – Kompaktkamera mit WLAN
ST200F – Kompaktkamera mit WLAN
NX20 – Systemkamera mit WLAN
NX210 – Kompakte Systemkamera mit WLAN
NX100 – Systemkamera mit WLAN
NX1000 – Systemkamera mit WLAN
QF20 – Camcorder mit WLAN
EX2F – Kompaktkamera (Ultraweitwinkel) mit WLAN
Samsung hat in diese Kameras jeweils auch Sharing-Funktionen für einige Online-Tools wie Facebook, YouTube und Picasa eingebaut. Es fehlen aber zum Beispiel Twitter und Flickr. Bilder lassen sich über Mobile Link auf ein Smartphone beamen, mit Auto-Backup an einen Windows-PC schicken oder auch an eine angegebene E-Mail-Adresse versenden. Schön ist, dass man etwa beim Hochladen auf Facebook gleich eine Statusmeldung mit verfassen kann. Was ich in meinen beiden Testgeräten (NX 1000 und WB150F) dafür schmerzlich vermisse, ist ein Touchscreen. Durch die Tastatur muss man mit Cursor-Tasten navigieren, womit man Minuten verbringen kann. Das soll sich mit der MV900F mit Touchscreen-Display ändern, die Ende August erscheint.
Bei anderen Herstellern sucht man länger nach WLAN-fähigen Kameras. Modelle, die ich noch gefunden habe:
Canon IXUS 240 HS – Kompaktkamera mit WLAN
Canon IXUS 510 HS – Kompaktkamera mit WLAN
Panasonic Lumix DMC-FX90 – Kompaktkamera mit WLAN
Ricoh G700SE – Outdoor-Kompaktkamera mit WLAN (inzwischen 2 Jahre alt)
Fujifilm Finepix F800EXR – Zoomkamera mit WLAN
Kein Reporter hat sie je gesehen, aber Nikon will eine Kamera mit Android 2.3 und WLAN bauen, die Coolpix S800. Von Sony gibt es immerhin Gerüchte, dass die kommenden Systemkameras NEX-5R und NEX-6 mit WLAN ausgerüstet sein sollen. Bei den Cybershot-Modellen und selbst bei den jungen, sozial-affinen „Bloggie„-Kameras fehlt WLAN bislang in jedem Modell. Bei Panasonic ist die Lumix DMC FX90 als Experiment zu betrachten. Für weitere Kameras mit WLAN, vor allem Systemkameras, brauche man mehr Marktforschung, sagt man.
Zwingend notwendig?
Und, nun ja, tut mir Leid, das scheint es zu sein. Es liegt mir fern, hier für einen Hersteller Werbung zu machen, aber Samsung hängt in Sachen WLAN-fähigen Kameras die Konkurrenz ab. Es nahen IFA und Photokina, wo wir vielleicht noch einige Modelle mit WLAN anderer Hersteller zu sehen bekommen. So recht glaube ich aber nicht daran. Zwar scheint sich der Megapixelwahn langsam endlich dem Ende entgegen zu neigen. Jetzt aber haben die Hersteller Bildqualität, Lichtstärke und einen hohen Funktionsumfang im Fokus. Es ist schön, dass man sich langsam damit befasst! Aber Social Sharing gehört leider noch nicht zu den bevorzugten Themen. Übrigens habe ich auch keine einzige Kamera gefunden, die mit einem Mobilfunkchip ausgestattet wäre. Eigentlich alle WLAN-Kameras, die es gibt, lassen sich aber drahtlos mit einem Smartphone, Tablet oder PC verbinden, von wo aus man die Bilder online stellen kann.
Man kann jetzt lange darüber streiten, ob Digitalkameras zwingend ein WLAN-Modul oder Social Sharing brauchen. Gegenfrage: Warum denn nicht? Ich nehme doch keine Fotos auf, um sie niemanden zu zeigen oder jedes Mal einen Bilderabend dafür zu organisieren. Ich will sie sofort teilen, auch in guter Qualität. Kameras erhalten immer bessere Funktionen, damit man Bilder theoretisch gar nicht mehr am Rechner nachbearbeiten muss. Warum dann beim Hochladen immer noch den Umweg über den Rechner gehen? Wenn das Argument der Kompaktkamera-Hersteller das ist, dass man doch eigentlich nur Schnappschüsse direkt ins Netz stellt, dann hat man seine Daseinsberechtigung in meinen Augen verspielt.
(Jürgen Vielmeier, Bild: Samsung)