In London messen sich derzeit die besten Athleten, und die Welt schaut auf Twitter. Der Kurznachrichtendienst ist Medienpartner des offiziellen TV-Senders NBC und hat viele Promis zum Zwitschern animiert. Skandale, ich schrieb gestern darüber, bleiben dabei nicht aus. Einer davon war die Sperrung des Accounts eines kritischen Journalisten: Guy Adams, US-Korrespondent der britischen „Independent“ hatte sich darüber beklagt, dass NBC die Eröffnungszeremonie nicht live im US-Fernsehen übertragen habe. Er veröffentlichte die geschäftliche E-Mail-Adresse des zuständigen NBC-Programmchefs und rief seine Follower zu Beschwerden an diese Adresse auf.
Kurz darauf wurde Adams‘ Twitter-Account gesperrt. NBC hatte eine offizielle Beschwerde eingereicht, wonach Adams gegen die Regeln des Netzwerks verstoßen hätte. Hatte er aber eigentlich gar nicht: Nur das Veröffentlichen einer privaten E-Mail-Adresse ist laut den Twitter-Richtlinien verboten. Pikant außerdem: Das Twitter-Team, das mit NBC zusammen arbeitet, hat den Fernsehsender offenbar selbst auf Adams‘ Tweet aufmerksam gemacht und eine Beschwerde empfohlen. Das sei „nicht akzeptabel“, schreibt Twitters General Counsel Alex Macgillivray jetzt im offiziellen Twitter-Blog. Man entschuldige sich dafür, „es versaut“ zu haben.
Das Team habe einen Fehler gemacht, schreibt Macgillivray. Dass eigene Mitarbeiter selbst proaktiv einen Tweet zur Löschung oder einen Account zur Sperrung vorschlagen, dürfe nicht sein. Man werde alles dafür tun, damit das in Zukunft nicht wieder passiere. Allerdings nahm er seine Mitarbeiter auch in Schutz: Es sei nicht immer deutlich erkennbar, ob es sich um eine private oder geschäftliche E-Mail-Adresse handele. Und viele Menschen würden ihre geschäftliche Adresse auch privat nutzen. Adams‘ Account jedenfalls wurde wieder freigeschaltet. Auf eine persönliche Entschuldigung warte er allerdings noch – wie er twittert.
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Geschäftliches vor Meinungsfreiheit?
Twitter hat gut daran getan, die Sache schnell zu klären und Adams‘ Account wieder freizuschalten. So hält man sich einen größeren Schaden vom Leib. Ins Gerede zu kommen, man würde wirtschaftliche Interessen über die Meinungsfreiheit stellen, steht einem Unternehmen der Medienbranche nicht gut. Beim „Guardian“ glaubt man dennoch nicht daran, dass Twitter die Beteuerungen all zu ernst meine: „Wenn Twitter sagt, die Tweets sollen fließen, heißt das in Wahrheit nur: die meisten Tweets“.
Die Zeitung spielt damit auf eine Erklärung von Twitter aus dem Januar an. Der Zwitscherdienst lässt darin verlauten, man würde Tweets löschen oder Accounts sperren, sofern das von staatlicher Stelle gewünscht werde. Begründet wurde das mit dem notwendigen Wachstum in aller Herren Länder. Speerspitze der Meinungsfreiheit klingt anders. Und so könnte es Twitter auch diesmal vor allem darum gegangen sein, wirtschaftlichen Schaden von sich abzuwenden. Wenn es darum ging, hat man jetzt im Falle von Guy Adams vieles richtig gemacht.
Seit dieser Woche hat Twitter übrigens einen Kommunikationschef für Deutschland: Dirk Hensen. In einem seiner ersten Tweets als offizieller Twitter-Repräsentant schrieb er, jetzt gehe es vor allem darum, Twitter in Deutschland zu mehr Wachstum zu verhelfen.
(Jürgen Vielmeier)