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Weil es billiger ist: Bundesagentur für Arbeit stellt auf papierloses Büro um

Böse Zungen wie die meine äußern schonmal den Vorwurf, die Agentur für Arbeit könnte sich auch gleich ganz abschaffen. Passende Jobs finden die für einen eh nicht und statt des Arbeitslosengelds würde man einfach ein bedingungsloses Grundeinkommen auszahlen. Dazu bräuchte man keine Behörde mit 120.000 Mitarbeitern. Weil das aber alles nicht so einfach ist, fängt die Agentur wenigstens schon einmal damit an, die Aktenordner abzuschaffen. Laut einem Artikel der „Süddeutschen Zeitung“, der leider noch nicht online ist, wird die Agentur papierlos. Verwaltungsfälle sollen künftig über einen elektronischen Aktenordner abgewickelt werden. Eine Sprecherin sagte der Zeitung:

„Es gibt keine Organisation oder Behörde von vergleichbarer Größe in Europa, die das bereits getan hat.“

Und soll ich euch was sagen: Ja, das ist eine bemerkenswerte Leistung. Die Digitalisierung betrifft nicht nur die 176 Agenturen im Bundesgebiet, sondern auch 400 verbundene Dienststellen wie die Familienkassen. Ältere Ordner werden digitalisiert, was allein bei der Arbeitslosenversicherung 22,2 Millionen Akten beträfe. Täglich kommen 260.000 Dokumente neu hinzu. Es könnte ein wichtiger Schritt hin zum papierlosen Behördendschungel werden.

Kampfansage an das Papier


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Wie zum Beispiel Golem berichtet, stammt die Software dafür von IBM. Hochleistungsscanner sollen 10.000 Seiten pro Minute digitalisieren. Vorausgegangen waren offenbar erfolgreiche Pilotprojekte in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Bis November sollen die Arbeitsagenturen im gesamten Bundesgebiet digitalisiert werden. Im nächsten Schritt folgen die Jobcenter, die für jeden Hartz-IV-Empfänger im Schnitt eine Akte von 300 Blatt Papier füllen. Hier könnte man noch argumentieren, dass man zusätzliche Millionen sparen könnte, wenn man den gewollten Bürokratieaufwand für Hartz IV zurückfährt oder Hartz IV gleich ganz abschafft. Aber da ist die Politik leider noch lange nicht so weit.

Was ich an der Geschichte am interessantesten finde: Man tut es aus Kostengründen. Die Agentur will damit einen dreistelligen Millionenbetrag sparen. Jährlich. Zumindest den Kostenvorteil hat mittlerweile sogar die Bundesregierung erkannt, die sich zunehmend darum sorgt, wie sie mit standhaften Offlinern verfährt. Belohnung und Ermunterung wäre der richtige Weg, um die rund 25 Prozent Offliner in Deutschland endlich ans Netz zu bekommen, findet Martin Weigert von Netzwertig. Der Punkt ist also jetzt gekommen, an dem der digitale Fortschritt billiger geworden ist als die Verwaltung mit Papier. Dem Holzmedium wird auf breiter Front der Kampf angesagt. Was steht also dem (sehr späten) Durchbruch von E-Government in Deutschland noch im Wege?

(Jürgen Vielmeier, Bild: Bundesagentur für Arbeit)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

28 Kommentare

  • „Die Agentur will damit einen dreistelligen Millionenbetrag sparen. Jährlich.“ Super, sehr erfreulich 🙂

    Aber warum muss man denn gleich alle Leute online kriegen? Kann doch jeder selbst entscheiden, oder? Die meisten Offliner dürften schon ziemlich alt sein und für sie wäre es eine riesige Zumutung, jetzt noch online gehen zu sollen (PC anschaffen, Umgang mit PC lernen, …).

    Und zur letzten Frage: „Was steht also dem (sehr späten) Durchbruch von E-Government in Deutschland noch im Wege?“ Das ist eine Diskussion für sich und steht für mich nicht direkt im Zusammenhang zu dem vorher genannten. Mehr Leute und Aktivitäten online sind nicht gleich eine Legitimation von E-Government. Denn auch hier gilt: Nicht alles und jeder muss online sein und schon gar nicht alles online machen. So schön ich das Internet auch finde und so sehr ich die Vorteile davon schätze und nutze. Aber alles hat eben auch Vor- und Nachteile und letzteres sollte man gerade bei E-Government nicht ignorieren.

  • Es geht wohl auch darum die Daten zu digitalisieren und Zentral zu speichern. So hat man sein Leben lang den Arbeitslosenstempel auf der Stirn. Außerdem was einmal digital gespeichert ist, bleibt es auch. Akten kann man vernichten und ich glaube nicht das es für digitale Akten eine Löschtaste gibt.

  • Das Hauptproblem beim Scannen werden nicht die Geräte sein, sondern Die Stückelung der Dokumente. Einzeln abgeheftet, ggf getackert, ……. Nicht große Stöße!!

    Schön, wenn es soweit ist!! Endlich!!

    Und @JUICEDaniel: ich bin mir sicher, derjenige wird seine Unterlagen auch ausdrucken können. Im Internetcafe oder gar in der Arbeitsagentur. Aber ein Arbeitsloser >50 Jahre hat ohnehin regelmäßig wohl nicht mehr ganz so viel Korrespondenz mit dem Arbeitsamt….

  • @#2 Veronika: Lächerliche Paranoia. „Stempel auf der Stirn“?? Und was das Vernichten der Akten betrifft, früher als nach 50 Jahren geht da gar nichts. Und das wird sich wohl früher oder später auch noch verlängern, denn diese Frist hatte den Grund, dass sie deutlich länger war als jede berufliche Laufbahn (weshalb auch Schulzeugnisse 50 Jahre aufgehoben werden müssen).

    Der Staat weiß „alles“, sonst könnte er das Geld ja auch z.B. nicht überweisen. Ob er das nun auf Papier oder Festplatte schreibt, ist einerlei. Und anhand der „Kontoauszüge“ (…) kann er das eh noch bis in alle Ewigkeit nachlesen. Oder bis zum Großfeuer in mehreren Akten-/Datenzentren.

  • Hatte nicht FRANKREICH mit der franz. „BTX“ Einführung damals vor etwa 30 Jahren alle Telefonbücher abgeschafft? Das haben wir noch nicht geschafft.

    Das wäre nun die Zeit ein virensicheres Bundesterminal für jedermann daheim zu schaffen für Behördenkontakte und Wahlen.

  • Hallo Jürgen,

    soll das ein verspäteter Aprilscherz oder so sein? Spätestens bei Hartz IV ist doch da Feierabend, da sich dort kaum einer einen Internetzugang leisten kann! Sollen die jetzt alle in ein Internet-Café gehen und sich irgendwo eine Mail-Adresse besorgen?

    Ein Hartz IV Empfänger bekommt im aktuellen Satz unglaubliche 2,26 €uro, damit er „das Internet“ nutzen darf. Er kann also nicht einmal laut Gesetz nicht einmal 2 ½ Stunden in’s Internet, es wird ihm ja auch gar nicht bezahlt. Immerhin kostet in den meisten solcher Cafés der Zugang mindestens 1 €uro in der Stunde. Andererseits muß er aber alle möglichen Quellen verwenden, damit er wieder einen Job findet, also auch eben das Internet!

    Wie bitte stellen die sich das vor? Ich habe mir es zwar erlaubt, daß ich mir den Zugang trotzdem leiste, dafür muß ich mich allerdings an anderer Stelle entsprechend einschränken.

    Die ganze Sache läßt in meinen Augen ziemlich viele Fragen offen, die erst einmal vernünftig geklärt werden müßen. So wie es momentan ist hat das Ganze jedoch weder Hand noch Fuß!

    Grüße aus TmoWizard’s Castle zu Augsburg

    Mike, TmoWizard

  • Feine Sache…irgendwann muss man ja mal anfangen mit der Digitalisierung. Und mit dem Internet-Zwang dahinter…ein schönes Giveaway… nur dann sollte die Bundesregierung auch einen kostenfreien Zugang für alle einführen & Lehrgänge bereitstellen…. weil es sich eben nicht jeder leisten kann, oder in die Birne bekommt.

  • Für solche Rationalisierungen wirds schon LÄNGST Zeit. Und meiner Meinung nach kein Grund bei der Behörde zu schmunzeln: wenn man in typische KMU oder auch international agierende Unternehmen blickt sieht es dort leider oft nicht anders aus…

  • Ich befürworte die Abschaffung von Papier und fördere diese auch aktiv in unserem Unternehmen. Langsam sollte auch der Bund bei der ökologisch, sozialen Verantwortung mal die Vorreiterrolle einnehmen.

  • Das „papierlose Büro“ wurde doch schon mit der Einführung der ersten Personalcomputer propagiert. Bisher ist davon wenig zu spüren, bzw. eher das Gegenteil, weil es mittels Copy &Paste umso leichter geworden ist, Inhalte zu Papier zu bringen…

  • Ich glaube ihr interpretiert da zu viel hinein. Ich denke, es geht nicht darum die Kommunikation mit den „Kunden“ der Agentur zu 100% zu digitalisieren, sondern die eigenen Akten!
    Also intern alles papierlos und am Ende des Workflows kommen dann die Bescheide/Briefe aus dem Drucker und gehen ganz normal per Post an die Empfänger.

  • Na da bin ich mal gespannt. Schließlich ist das papierlose Office schon seit 20 Jahren im Gespräch. Zahlreiche Firmen haben sich daran versucht und zahlreiche sind daran gescheitert. Wenn es allerdings mal tatsächlich eine so große Behörde versucht – abwarten.

  • #11 hat recht. Ich kenne die IT-Projektleitung in München. Ziel der Sache ist z.B., dass die Kunden auch irgendwo anders in Deutschland zum Amt gehen können. Momentan muss dazu das Stamm-Amt informiert werden, die holen dann die Akte und verschicken sie. Das ist natürlich alles höchst ineffizient, langsam und vor allem inflexibel, auch für die Kunden.

  • @TmoWizard: Na ja, du wirst sicher bei der Agentur selbst die Computer nutzen können. Irgendwas werden die sich einfallen lassen müssen, und wenn es ist, den Internetzugang zur Grundsicherung hinzuzufügen. Der Witz ist ja nicht der Vorstoß hier, der eigentliche Witz ist Hartz IV.

  • Bei der Nutzung in der Agentur tritt doch das nächste Problem auf. Wenn alle Leute alles nur digital abliefern können und das Amt auch noch Computer bereitstellt, wenn es das dann überhaupt macht, dann wird das ein recht großer Computerraum werden, der wegen dem Datenschutz dementsprechend viel Platz pro Arbeitsplatz benötigen wird. Da werden aus Einsparungen wieder Ausgaben. Die Frage ist nur, ob diese bisher in der Summe überhaupt auftauchen. Ich bezweifel das und sehe daher ein Problem bei dieser Initiative.

  • [ironie]
    Jawoll: 10.000 Seiten in der Minute schafft auch ein Scanner
    [/ironie]

    Leute, bitte prüft mal Eure Quellen, bevor Ihr „Fakten“ ungeprüft über den Äther gebt…

    Wenn ich Wetten würde, dann würde ich auf 10.000 Seiten die Stunde wetten.

  • Die Zahl von scans ist im zitierten Artikel von Golem pro Stunde angegeben. Da liegt im obigen Artikel
    offenbar nur ein Schreibfehler vor:-)

  • Also ich finde die Idee Klasse und schon längst überfällig!

    Jetzt zu die Kritikpunkte

    Auf Ewigkeit als Arbeitslose abgestempelt?

    Ersten werden die bisherige Akten auch bis zu 20 Jahren von die Behörde behalten bis diese Vernichtet werden. Ein ähnliche Zeitrahm wird es auch bei diese neue Verfahren geben.

    Kein Hartz 4 Empfänger kann sich ein Internet Zugang leisten?

    Dies stimmt überhaupt nicht! Inzwischen dürften gut 85% der Betroffene trotz Hartz 4 entweder ein eigene Internet Zugang mit PC haben, oder zumindest die Möglichkeit bei Bekannten oder Familie auch ins Internet zu gehen.

    Von die, die noch nicht ins Internet sind, sind es meist ältere. Diese werden sowieso irgendwann in Rente/Grundsicherung gehen und selbst wer schon 55 Jahre ist und Hartz 4 erhält hat nur wenig Kontakt mit sein Jobcenter. Das ist diese Argument wenig tragbar.

    Zudem geht es hier in erst Linie darum das beim AA und Jobcenter die Akten endlich von Papier wegkommen. Trotz diese Neuerung wird es immer noch den klassischen Brief von denen geben wenn die was von euch wollen.

    Gut man könnte durchaus darüber diskutieren ob man nicht den Hartz 4 Satz um vielleicht 20 Euro im Monat erhöhen könnte damit sich jeder ein Internet Zugang leisten kann. Aber mehr muss es nicht geben!

    Viel wichtiger wäre die Möglichkeit hier auch freie Kapazitäten an Mitarbeiter zu gewinnen die dann sinnvoll da eingesetzt werden können um Betroffene wieder in Arbeit zu bringen oder damit die entsprechende Anträge schneller bearbeitet werden.

    Das wäre für jeden ein Gewinn!

  • Ich bin da mal gespannt, denn die Fähigkeit deutscher Behörden, Innovationen wirklich umzusetzen, ist ja eher begrenzt. Wir haben von Anfang an versucht, so wenig Papier wie möglich zu verwenden. Konsequente Optimierung von Prozessen ist für mich ein Schlüssel zum Erfolg.

  • Ich war ja nur drei Mal da, aber habe jedesmal einen Riesen Stapel Papier nach Haus geschleppt, wovon das meiste zum einmaligen Durchlesen war. Gut, dass sie das Problem auch erkannt haben.

  • Oh mein Gott die Bundesagentur für Arbeit ist im 21. Jahrhundert angekommen. Wer hätte das gedacht ?
    Nun kann man hingehen und dort vor Ort mit den vorhandenen Computern nach Jobs suchen. Coole Sache – als ob man das zu Hause nicht bereits auch kann 😀

  • Oh Mann, die könnten sich echt gleich abschaffen, das mit den Jobs kann ich bestätigen (also dass die da eh nichts für einen finden) und als ich ein neues Passwort für meinen Internetzugang gebraucht habe, haben die mir das mit der Post zugeschickt (!!!). Per Mail ging aus technischen Gründen nicht (???) Also lieber schon Porto verplempern. Kopfschüttel…