Wir arbeiten immer länger, und sind doch dabei entspannter. Denn unsere Vorgesetzten bieten uns immer mehr Möglichkeiten, Berufs- und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Das ist das Ergebnis einer Studie der EMC-Tochter Mozy zum Thema Veränderung in der Arbeitswelt. Die Schlussfolgerung: der klassische Nine-to-Five-Job (9 bis 17 Uhr) ist tot. Wir arbeiten im Schnitt bereits 46 Minuten, bevor wir überhaupt ins Büro kommen, und nachdem wir ausgecheckt haben, ist noch lange nicht Feierabend.
„Arbeitsmodus“ nennt Mozy die Zeit, in der wir uns morgens zum ersten Mal in unser E-Mail-Postfach einloggen und wenn wir abends die Arbeit endgültig ruhen lassen. Durch mobile Internetgeräte wie ein Smartphone schreiben wir auch von unterwegs Firmen-E-Mails oder erledigen andere, meist Cloud-basierte Tätigkeiten. Im Gegenzug werden Chefs liberaler, was Pünktlichkeit angeht. Wann die Mitarbeiter morgens oder nach der Mittagspause wieder am Schreibtisch sitzen, ist vielen Geschäftsführern fast egal.
73 Prozent der Chefs weltweit nehmen es laut der Mozy-Studie mit der Pünktlichkeit nicht so genau. Ebenso viele statten ihre Mitarbeiter auch mit mobilen Arbeitsgeräten aus, wobei Deutschland Schlusslicht ist. Hier erhalten 31 Prozent gar keine Arbeitsgeräte, mit denen sie auf Unternehmensdaten zugreifen können. Das Thema „Bring your own device“, das viele Unternehmen vor ein Sicherheitsproblem stellt, sei damit vor allem in Deutschland ein Thema.
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Zähne putzen und Selbstbräuner
Mozy hat für die Studie über 1.000 Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den USA, Deutschland, Großbritannien, Irland und Frankreich befragt. An einem typischen Arbeitstag waren die Befragten im Schnitt zwölf Stunden im „Arbeitsmodus“. Neben der Kernarbeitszeit fällt darunter auch die Zeit, in der sich Arbeits- und Privatleben vermischen. In Deutschland arbeitet man dabei keinesfalls länger als in anderen Ländern. Man fängt zwar etwas früher an (im Schnitt 7:24 Uhr statt 7:42 Uhr), lässt dafür aber auch früher wieder den Griffel fallen. Das Büro verlässt man in Deutschland im Schnitt um 17:33 Uhr (Rest der Welt 17:48 Uhr) und hört endgültig um 19:13 Uhr (Rest der Welt 19:19 Uhr) auf, zu arbeiten. Weil viele Arbeitgeber wissen, dass ihre Mitarbeiter praktisch immer auf Empfang sind, lassen sie auch mehr Privataktivitäten während der Arbeitszeit zu. Es ändert sich die Auffassung darüber, was im Büro angemessen ist und was nicht.
Vorteile biete das beiden Seiten. Die Arbeitnehmer können Berufs- und Privatleben besser unter einen Hut bringen und fühlen sich trotz der längeren Arbeitszeit entspannter. Und die Arbeitgeber werden für ihre Flexibilität mit Mehrarbeit und einer besseren Erreichbarkeit der Mitarbeiter belohnt.
Als Schmankerl garniert Mozy die Studie mit einer Liste privater Tätigkeiten, die Mitarbeiter am Arbeitsplatz für angemessen erachten. Darunter finden sich persönliche Telefonate, aber auch privates Bloggen, Online-Dating, Sportsendungen Schauen oder Zähne putzen:
Als Gründe, um von zu Hause aus zu arbeiten, wurden unter anderem Verkehrsprobleme, Kinderbetreuung oder auch der Unfall mit einem Selbstbräuner genannt. Das mit dem Arbeitsmodus vor und nach der Bürozeit kann ich als Blogger natürlich nachvollziehen. Ich verbringe meist den Weg ins Büro mit dem Lesen meiner RSS-Feeds, Mails und diversen Newslettern. Auch werfe ich meistens einen Blick auf Twitter und Facebook, was konform mit einer ganz ähnlichen Studie geht, die Bitkom gestern veröffentlicht hat. Wie sieht es bei euch aus und wie steht euer Arbeitgeber zum Thema Pünktlichkeit und privater Tätigkeiten während der Arbeitszeit? Ihr lest doch nicht etwa oder kommentiert in Blogs?
(Jürgen Vielmeier, Grafiken: Mozy/Bitkom)
9 to 5 ist schon lange Tot. Aber in Anbetracht der drastisch steigenenden Anzahl von Burnouts quer durch alle Berufsgruppen würde ich nicht behaupten, dass man heutzutage entspannter arbeitet, zumindest nicht in Deutschland. Sicher gibt es einige, die so empfinden. Bei den meisten wird es aber anders sein.
Und 1000 Leute weltweit zu befragen, so wie es in dieser „Studie“ gemacht wurde, ist nicht wirklich aussagekräftig 😉
@carsten:
1. 1000 Menschen zu befragen reicht vollkommen aus, für die art von studie. Die Varianz als auch die fehlerrate ist angemmesen.
2. woher weißt du, dass es gestern besser war? Nur weil früher darüber berichtet hat?
Als Home-office-Arbeiter fängt bei mir der Tag um kurz nach 7 Uhr an und tröpfelt so gegen 18 bis 19 Uhr aus, allerdings ist es kein Thema, mal zwischendurch zum Amt, Einkaufen oder andere private Dinge zu erledigen. Insofern passe ich genau in die Studie.
Und wenn ich so an meine Bürozeiten zurückdenke, ist es heute wirklich entspannter…
Eine Präsentation ausarbeiten, wenn ständig ein Kollege eine Rückfrage hat oder ein Kunde anruft… der Horror. Heute mache ich dann schon mal um 16 Uhr Schluss, mache Sport und esse zu Abend und setze mich dann um 21 Uhr an den Rechner und bin in der Hälfte der Zeit fertig, weil mich niemand stört.
Einziges Problem: Man muss auch mal (auch zu sich selbst) Nein sagen können, viele Chefs haben das latente Bedürfnis, diese Flexibilität auszunutzen…
Interessante Studie, leider bin ich als Student in dieser Grafik nicht erfasst. Dennoch muss ich immer wieder gegen das Bild des faulen, lang-schlafenden Studenten ankämpfen. Schon bevor das Berufsleben angefangen hat, arbeitet man bereits in diesen Arbeitszeiten.
Super Studie. Das mit den Arbeitgeber kann ich nur bestätigen. Die Arbeitszeiten sind schon einfach etwas länger vor allem wenn man den Hin und Rückweg noch berücksichtigt. Aber man bekommt auch was zurück. Zumindest bei uns. Die normale Arbeitszeit ist halt tot. Ich denke die Studie hängt auch viel vom Teamgeist ab und ob der Arbeitgeber halt den Mitarbeitern auch die nötige Freiheit gibt.
@Franz: Die Pauschalaussage, dass die Varianz und Fehlerrate bei 1000 befragten Personen vollkommen ausreichend sei ist schlichtweg falsch. Zum Einen weil die Varianz von der Stichprobengröße unabhängig ist, zum Anderen weil in dieser Studie keinerlei Angaben zur Verteilung der 1000 Befragten auf die Länder gemacht wird. Außerdem werden die meisten der hier gewonnenen deskriptiven Statistiken nicht etwa aus den 1000, sondern aus 500 Befragten gewonnen.
Die Katastrophen an dieser Studie sind allerdings die Kausalitätsbehauptungen welche in den Schlussfolgerung aufgestellt werden, aber keineswegs (zumindest nicht mit den präsentierten Daten) unterstützt, geschweige denn geprüft werden können.
Insgesamt bin ich aber vor allem enttäuscht davon, dass diese Studie hier so unreflektiert in ihrer Schönmalerei der Entgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit einfach wiedergegeben wird.
@Martin: Ja, leider werden die meisten Studien vollkommen unreflektiert veröffentlicht. Sei es in Fernsehen, Presse oder Netz. Da jeder sich gern bei seiner Meinungsbildung auf „Studienergebnisse“ verlässt, ist das um so gefährlicher. Aber das ist ein anderes Thema …
Interessanter Artikel. Ich bin trotzdem immer noch kritisch, ob es von Vielen tatsächlich als wohltuend empfunden wird, wenn Arbeitnehmer bereits vor der eigentlichen Arbeitszeit arbeiten oder zuhause ihre Arbeit fortführen.
Natürlich wird man dadurch flexibler, man kann dann auch schonmal früher gehen, aber andererseits füllt man bislang arbeitsfreie Zeitabschnitte bzw Orte (öffentliche Verkehrsmittel, Zuhause) mit Arbeit, was dazu führen kann, dass Leute schlechter abschalten können.
In einer anderen Studie habe ich gelesen, dass etwa 1/3 der Menschen die ständige Erreichbarkeit als Belastung empfinden. Bei den Jüngeren gibt es dabei erwartungsgemäß weniger Beschwerden als bei Älteren.
Hier noch ein Link zu einem Artikel von der Süddeutschen, der in die gleiche Kerbe stößt:
http://www.sueddeutsche.de/karriere/staendige-erreichbarkeit-macht-krank-schlaflos-nach-feierabend-1.1028256
Das mag alles für Arbeitnehmer gelten. Bei mir ist immer noch Selbstständig im Sinne von selbst und ständig angesagt!
Also ich habe kein Problem damit, auch schon mal im Bus meine Mails zu checken. Damit kann ich schon mal über die Themen nachdenken und am Arbeitsplatz direkt loslegen…
[…] Bei Basic Thinking bin ich gestern auf eine Untersuchung des Softwareunternehmens Mozy aufmerksam geworden. Mozy vertreibt verschiedene Cloud- und Backuplösungen und sieht dementsprechend viel Potential in einer Zukunft mit flexiblen Arbeitszeiten/plätzen. Also befragten sie >1000 Arbeitnehmer und Chefs in Deutschland, Frankreich, England, Irland und den USA nach den aktuellen Gewohnheiten in diesem Bereich. Ich spiegle die Ergebnisse mal an meinem Verhalten: […]
Bei mir startet der Arbeitstag klassisch um 9:00 Uhr und ist tatsächlich zwischen 16:00 und 17:00 Uhr zu Ende. Es gibt aber auch Tage, an denen ich tagsüber freinehme und am Abend arbeite, ebenso ist Wochenendarbeit möglich, dafür ein Wochentag ganz frei. Auf diese Weise kann ich die Effektivität erhöhen, da ich dann arbeite, wenn ich es am besten passt.
Im Vergleich zu Amerikaner geht noch. Ich möchte gerne ein Diagramm der Japaner ansehen. Da sind bestimmt interessante Zahlen.