Schöne Idee: Die Agentur Text 100 bot mir vor kurzem an, ein Gespräch mit einem Gartner-Analysten zu führen, sobald das Marktforschungshaus seine neuen Zahlen über den Mobilfunkmarkt veröffentlicht. Kann man ja mal machen. Da Gartner die neuen Zahlen heute veröffentlichte, sprach ich gerade am Telefon mit Analystin Roberta Cozza. Ihre Interpretation deckt sich mit den kürzlich veröffentlichten Zahlen von IDC und iSuppli: Samsung und Apple setzen sich bei den Smartphones ab, am Markt bilden sich zwei Pole.
Wenig überraschend deswegen die aktuellen Zahlen: Samsung ist laut Gartner Marktführer bei Mobiltelefonen insgesamt mit 86,6 Millionen verkauften Geräten im 1. Quartal. Nokia folgt mit 83,2 Millionen Telefonen vor Apple mit 33,1 Millionen und ZTE mit 17,4 Millionen Einheiten. Gewinner: Samsung, Apple, ZTE und Huawei. Verlierer: Alle anderen, zuvorderst Nokia, aber auch RIM, HTC, Motorola (leicht) und sehr stark auch LG. Besonders auffällig ist, dass der Markt insgesamt schrumpft. Gartner zählt 419,1 Millionen verkaufte Mobiltelefone und damit 2 Prozent weniger als im 1. Quartal 2011. Eine wirklich befriedigende Begründung finden die Marktforscher dafür nicht.
Billig oder High-End – die Mitte verliert
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Zumal das 1. Quartal für gewöhnlich das stärkste in Asien sei, bedingt durch das Chinesische Neujahr, bei dem viele Menschen in Ostasien für sich oder ihre Verwandten neue Technik kaufen. Gartner führt das auf ein Fehlen echter Zugpferde bei fast allen Herstellern zurück. Man sei jetzt vorsichtig, was die Prognose für das Gesamtjahr angehe, erwarte aber stärkere Verkäufe.
Cozza sagt dazu: „Apple gewinnt aufgrund der erfolgreichen Integration seines Ökosystems, Samsung gewinnt dank eines starken Portfolios.“ Vergleichbar starke Modelle sehe sie bei anderen Herstellern wie HTC nicht. Auffällig ist auch der Aufstieg von ZTE. Cozza: „ZTE ist im Niedrigpreissektor sehr stark und profitiert von einer erheblich besseren Qualität seiner Produkte bei Preisen, die bis zu 50 Prozent günstiger sind als die der Konkurrenz.“
ZTE und Huawei sind die Gewinner bei den Discount-Preisen, Apple und Samsung die Könige bei den High-End-Produkten. Alles dazwischen verliert und wird sich auch langfristig schwer tun. Der Grund für den insgesamt schwächeren Markt dürfte der Übergang von Handy (Dumb Phone) zum Smartphone sein. Handy-Kunden wollen umsteigen, reagieren aber zurückhaltend, weil sie für Smartphones meist deutlich mehr Geld investieren müssen. Mit dem Aufstieg der Billiganbieter wie eben ZTE und Huawei könnte sich das ändern. Smartphone-Verkäufe stiegen im Vergleich zum Vorjahresquartal immerhin um 45 Prozent von 99,8 auf 144,4 Millionen Geräte.
Androids Siegeszug, Microsoft fällt hinter Bada zurück
Bei den mobilen Betriebssystemen befindet sich Android mit 56,1 Prozent Marktanteil (Q1/11: 36,4 Prozent) weiterhin auf dem Siegeszug. Apples iOS verbessert seinen Marktanteil von 16,9 auf 22,9 Prozent; großer Verlierer ist Nokias Auslaufmodell Symbian, dessen Marktanteil von 27,7 Prozent auf 8,6 Prozent schrumpft. Ärgerlich für Nokia: Auch die geplante Lösung, auf Windows Phone zu setzen, ist den Zahlen nach bisher nicht von Erfolg gekrönt. Microsofts Marktanteil schrumpft trotz inzwischen aggressiver Marketingmaßnahmen von 2,6 auf 1,9 Prozent. Damit ist man sogar schlechter im Rennen als Samsungs Bada, das sich von 1,9 auf 2,7 Prozent verbessert.
Nokia habe einen Vorteil, auf eigene Software setzen zu können, analysiert Cozza. Aber es bleibe für die Finnen und für Microsoft weiterhin ein schwieriger Markt. Auch Samsung könne sich nicht für immer auf seinem Portfolio ausruhen. Cozza: „Samsung muss über das Hardware-Geschäft hinausgehen und einen stärkeren Fokus auf Software und Services legen.“ Bei ihrem neuen Spitzenmodell Galaxy S III haben die Koreaner bereits gezeigt, wie das aussehen kann: Es finden sich zahlreiche neue Services und Assistenten darin, die andere Android-Anbieter nicht anbieten.
(Jürgen Vielmeier, Tabellen: Gartner, Statista)