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Die Schufa fürs Web: Klout misst euren sozialen Wert


Meine Klout-Score beträgt aktuell 56 von 100. Sie geben mir dafür den Titel „Specialist“, nicht „Influencer“ und wahrscheinlich soll ich mich deswegen schlecht fühlen. Wie auch nicht! Die meisten meiner Bekannten dort haben deutlich mehr Punkte. Und wenn man einem aktuellen Artikel aus der „Wired“ Glauben schenken mag, ist dieser Klout-Score mittlerweile sehr wichtig. Wichtig, wenn es um Jobs im Marketing geht. Wichtig, wenn es um Reichweite geht.

Klout misst den Einfluss, den man über Social-Media-Kanäle erreicht. Hilfreich für eine hohe Punktzahl ist eine gute Vernetzung. Viele Twitter-Follower, Freunde auf Facebook, reichlich Aktivitäten in möglichst vielen der gängigen Social Networks, auch Google Plus, Instagram, Foursquare, LinkedIn erhöhen den Wert. Justin Bieber hat eine Menge Fans auf Twitter, Facebook und anderen Kanälen und bringt es deswegen auf die maximale Punktzahl 100. Das alles könnte einem ja egal sein, wenn sich die Klout-Punktzahl nicht in einigen Fällen schon auf die Vergabe von Jobs oder auch Hotelzimmer ausgewirkt hätte.

Besagter „Wired“-Artikel erzählt die Geschichte des Brand-Managers Sam Fiorella, der sich für einen Job als Vizepräsident in einer Torontoer Marketingagentur bewarb. Als sein Gegenüber ihn nach seinem Klout-Score fragte, wusste Fiorella nichts damit anzufangen. Nachdem sich herausstellte, dass seine Punktzahl mit 34 sehr niedrig war, wurde das Vorstellungsgespräch abgekürzt – die Stelle bekam schließlich ein Mitbewerber mit einer Klout-Score von 67. In einem Hotel in Las Vegas wurde Besuchern mit höherem Klout-Score bessere Zimmer zugewiesen – wodurch das Hotel einen besseren Ruf bekam und seine eigene Klout-Punktzahl verbesserte.


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Rihanna einflussreicher als Obama

Klout wäre damit mehr als eine Spielerei oder ein digitaler Schw***vergleich. Es wäre eine Art Schufa für das Social Web. Und die Punktzahl eine Art Kreditwürdigkeit. Zu wenig Punkte, zu wenig Einfluss. Positiver ausgedrückt: Wer sich seit Jahren viel auf Social-Media-Kanälen tummelt, viel Zeit darin investiert und sich darüber ein Netzwerk aufbaut, wird durch Klout für seine harte Arbeit belohnt. Es wäre ein Sieg auch für diejenigen, die sich über soziale Netze anderen anbiedern und würde unterstreichen, dass soziale Netze ein hartes Geschäft geworden sind.

Das bereits drei Jahre alte Startup Klout weiß, wie es daraus Kapital schlägt: Vergangene Woche startete man Profilseiten für Unternehmen, die ihre Reichweite mit anderen messen wollen. Es folgte eine viel beachtete Bewertung der kürzlich vorgestellten Time 100, der einflussreichsten Personen der Welt – sortiert nach ihrer Klout-Punktzahl. Rihanna (95 Punkte) schlägt dort Lady GaGa (94) und Barack Obama (92).


Gestern erschien Klouts neue iPhone-App, die die aktuelle Punktzahl direkt als Pop-up einblendet – ohne dass man die Anwendung öffnen muss. Tawkify ist eine neue Dating-Site, die Menschen über ihre Klout-Score zusammenbringt. Gizmodo-Autorin Leslie Horn kann es nicht fassen.

Alles andere nicht mehr so wichtig?

Und ich irgendwie auch nicht. Natürlich ist der Klout-Score eine interessante Metrik über den eigenen Einfluss in sozialen Netzen. Aber es fällt zurück in die Zeit, in der man dachte, Masse sei Klasse. Ich dachte, das hätten wir längst hinter uns. Klout selbst stellt nach eigenen Angaben übrigens keine Ranglisten bereit. Der Service solle nicht zu Vergleichszwecken herangezogen werden, sondern lediglich jedem aufzeigen, wie er seine eigene Social-Media-Sichtbarkeit verbessern kann.

Ist klar.

Fiorella setzte nach der Absage in Toronto übrigens alles daran, seinen Klout-Score hochzuschrauben, und erreichte schließlich eine Punktzahl von 72. Für Unternehmen, die nach Managern in seiner Position suchten, wurde er damit plötzlich zu einem ganz heißen Kandidaten. Seine 15 Jahre Berufserfahrung als Consultant bei Unternehmen wie AOL, Kraft und Ford spielten plötzlich nur noch eine untergeordnete Rolle.

(Jürgen Vielmeier)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

33 Kommentare

  • Ha, Klout, rotes Tuch:

    Vor einem Jahr monströs beeindruckt davon und natürlich „mitgemacht“.

    Als Klout mich vier Wochen nachdem ich diesen längst nicht mehr folgte, als immer noch vom z.B. Dalai Lama influenced nominierte, war ich mehr als irritiert.

    Entdeckte dann mit einer kleinen Clique, wie wir den KloutWert gegenseitig hieven können.

    War aber nach ein bisschen Rumspielen einfach nur noch zum Gähnen.

    Wer glaubt, mich nach meinem Klout-Wert bemessen zu können, dem kann ich auch nicht helfen.

  • Interessant, dass deine Blogger-Aktivitäten auf WordPress.com oder Blogger.com berücksichtigt werden. Wenn Du aber einen eigenen Blog betreibst wird dies ignoriert. Oder hab ich das was übersehen?

  • hab mich vor ewigkeiten schon bei klout angemeldet und finde auch die berechnung sehr undurchsichtig und verstehe manche auswirkungen nicht

    es gab zeiten da habe ich z.b. in fb und twitter übermäßig viel gepostet, es wurde viel geliked kommentiert etc und doch viel mein klout score

    seit dem schau ich vllt alle 3 monate mal rein, aber verstehen tu ichs nich

  • Ich hab‘ zwar jetzt nicht nachgesehen (werde ich auch nicht), aber ich könnte drauf wetten, dass mein eigener klout score exakt 0 (in Worten: Null) ist. Das dürfte daran liegen, dass ich zwar ein eigenes kleines selbstgebasteltes Blog betreibe, aber bei nicht einem einzigen dieser ach so sozialen „Dienste“ angemeldet bin. Und auch das werde ich nicht ändern.

    Allerdings kann ich auch gut drauf verzichten, im Marketing tätig zu werden 🙂

  • Rihanna und Lady GaGa die einflussreichsten Personen der Welt? Mit der Welt geht es aber verdammt schnell bergab.

  • Ich dachte beim lesen gerade an einen Scherz aber das gibt es ja wirklich..O_o

    Da sieht man wie das Internet zugrunde geht und zu einem „Social-Media-Klick-Hu**n-Schw***vergleich verkommt. Es ist nur noch Lachhaft wenn man solche „Werte“ als Maßstab für Jobs oder ähnliches Vorzieht.

    Man könnte daraus ableiten – Je mehr „Social-Media“, desto dümmer die Nutzer..

    „aber bei nicht einem einzigen dieser ach so sozialen “Dienste” angemeldet bin. Und auch das werde ich nicht ändern.“

    Dem schließe ich mich an. Meine Daten gehören mir. Danke.

  • Kein Wunder das China das neue USA wird, wenn die Amis ihre Regierung durch Popstars ersetzt haben…

    Das es Leite gibt die sich an einem eigenen hohen Wert aufgeilen, ist ja klar. Abier wie kommen Unternehmen dazu, Menschen nach ihrer Social-Media-Aktivität zu bewerten? Ich könnte also Deutschlands Tech-Blogger No.1 mit einem eigenen Blog und ohne FB-Acc sein. Ziehe ich meinen Blog zu blogger.com um und erstelle einen FB-Acc über den ich nur meinen Blog-Feed einspeise, bin ich der nächste Top-Manager für Commerzbank, VW und Co.? Wen wundert da noch die Weltwirtschaftskrise wenn die wichtigsten Köpfe unserer Wirtschaft nur noch aus aufmerksamkeitsgeilen FB-Süchtis besteht? Zumindest möchte Klout uns dies ja als erstrebenswert ermitteln….scheiß auf Skills, ich habe 10.000 FB-Freunde! Igitt.

  • Letztendlich ist das Problem überall, wo nur noch Kennzahlengläubigkeit herrscht, das gleiche. Ob nun Social-Media-Marketing oder Rechnungswesen. Irgendwelchen Werten und Parameter werden zu einer einzigen Zahl verdichtet und diese Zahl wird dann vollkommen überbewertet. Die Unternehmen die Ihre Personalentscheidung zu großen Teilen aufgrund des KloutWerts treffen, werden schon sehen wo sie mit ihrer Dummheit landen.

  • Ganz ehrlich: in einem Vorstellungsgespräch in dem ich nach einem Klaut-Wert gefragt werde und das massgeblich auch noch die Entscheidung beeinflusst … stehe ich auf, empfehle mich und beende das Gespäch.

    Das kann nur von einem Personaler geführt worden sein, der sich ganz ganz ganz toll dabei fühlt.

  • Und wer gründet jetzt das Startup, welches das menschliche Scoring gegen Bares pusht?
    Ohne soziale(!) Netzwerke kann das Leben richtig schön entspannt sein. 🙂

  • Vielen Dank für den tollen Beitrag! Kannte diese Seite noch nicht.

    Wo kann man denn bei Klout Facebook-Seiten (Unternehmen) registrieren?

  • Ich halte den Einfluss, der Klout zugesprochen wird für absolut überbewertet. Mag sein, dass Klout im angloamerikanischen Raum eine größere Rolle spielt als z. B. in Deutschland, aber mir ist noch kein Unternehmen bekannt, welches die Punktezahl bei Klout als Einstellungskriterium wertet – erst Recht bei der Hotelzimmersuche spielt der Klout-Score keine Rolle. Beschriebener Fall/Fälle sind m. M. n. zu vernachlässigende Einzelfälle, die aber durch die häufige Wiederholung in diversen Beiträgen aufgebläht werden. Nichts für ungut – aber trotz Fachkräftemangel nutzen die meisten Unternehmen in Deutschland noch nicht einmal die Möglichkeiten der Sozialen Netzwerke optimal. Hysterie ist da wirklich nicht angebracht. Datenschutzrechtliche Mängel – das kann man Klout.com tatsächlich anlasten. Dies wird sicher in Zukunft und bei wachsender Popularität noch ein großes Thema hierzulande werden.

  • Die Geschichte mit dem Vorstellungsgespräch riecht doch stark nach fungierter Marketing Aktion. Da sich wahrscheinlich Klout selbst eine schöne Geschichte ausgedacht.

  • […] Die Schufa fürs Web: Klout misst euren sozialen Wert | Basic Thinking „Fiorella setzte nach der Absage in Toronto übrigens alles daran, seinen Klout-Score hochzuschrauben, und erreichte schließlich eine Punktzahl von 72. Für Unternehmen, die nach Managern in seiner Position suchten, wurde er damit plötzlich zu einem ganz heißen Kandidaten. Seine 15 Jahre Berufserfahrung als Consultant bei Unternehmen wie AOL, Kraft und Ford spielten plötzlich nur noch eine untergeordnete Rolle.“ […]

  • Hey, dümmere Paradoxe gibt es doch nicht:

    1) Sollst Du nicht zu sehr in sozialen Netzwerken öffentlich sichtbar sein, damit Dein Arbeitgeber und evtl. zukünftige Arbeitgeber daraus keine falschen Schlüsse ableiten

    2) Kommt so ein bescheuerter Dienst wie Klout und sagt, wer sichtbarer und verlinkter ist, ist wichtiger?

    3) Und morgen soll ich dann meine Krankenakten, private Bilder und alle anderen privaten Dinge online stellen, um das Scoring zu erhöhen? 🙂

    Hä, wer hat denn jetzt etwas falsch verstanden?

  • Bin eben durch Zufall auf Klout, meinen Klout-Score und schließlich auf diesen Artikel gestoßen. Gibt es einen größeren Unsinn?

  • Ich bin überrascht, dass Klout so viel Einfluß haben soll. Wenn ich jemanden einstellen würde, dann nicht, wie lange er vor dem Internet sitzt sondern, wie lange er Sport treibt, sich an der frischen Luft befindet. Klares Denken fördert nicht Internet sondern frische Luft.

  • Das alles könnte einem ja egal sein, wenn sich die Klout-Punktzahl nicht in einigen Fällen schon auf die Vergabe von Jobs oder auch Hotelzimmer ausgewirkt hätte.

  • Die Diskussion hier ist typisch deutsch. In den angelsächsischen Ländern misst man halt gerne und vergibt Scores. Die kann man dann auf Leader-Boards eintragen und die Rankings vergleichen. Daran ist eigentlich nichts Schlechtes. Benchmarking ist das Zauberwort, was enorme Optimierungs-Potenziale z.B. in Unternehmen deutlich macht.
    Auch in Wissenschaft und Forschung haben sich international diejenigen durchgesetzt, die messbar mehr publizieren, auch wenn viele deutsche Hochschulprofessoren natürlich nur höchste Qualität und Bahnbrechendes produzieren und der Rest der Welt nur Masse 😉
    Fazit: Klout ist EIN Faktor für Online-Reputation, Einfluss und Visibility – und wer im Marketing davon noch nichts gehört hat soll weiter Waschmittelwerbung mit Tante Clementine machen und sich in die 70er Jahre zurückversetzen lassen.

  • Hallo,

    interessante und informative Beiträge hier, super. Habe längere Zeit als stiller Gast nur mitgelesen und mich jetzt mal angemeldet.

    Alles Liebe

    Herbert