Lange Zeit war das Leben für das deutsche Business-Netzwerk Xing eigentlich in Ordnung: Konkurrent LinkedIn stieg zwar zum größten Business-Netzwerk der Welt auf. Vor anderen Konkurrenten brauchte man aber keine Angst zu haben. Und in Deutschland ist Xing zu einer festen Institution geworden, ein Jobmotor, das mittlerweile zweitstärkste Social Network nach Facebook – vorbei an den VZ-Netzwerken. Xing schreibt einen Gewinn, auch wenn die Nutzerzahl stagniert – eine komfortable Situation in einer bequemen Nische. Allerdings könnte es mit der Herrlichkeit bald vorbei sein.
Denn hinter Xing blinkt schon die Lichthupe auf: Aus den USA kommt ein neuer Konkurrent: BranchOut. Der neue Dienst hat erstaunliche Ähnlichkeit mit Xing und LinkedIn, setzt einen Fokus auf Jobs und Kontakte und erlaubt das Hochladen eines Lebenslaufs. Daneben gibt es ein prominentes Suchfenster – skalierbar nach Personen und nach Jobs. In den drei Wochen, in denen ich BranchOut verwende, haben mich immerhin 19 Bekannte in ihr Netzwerk hinzugefügt. 13 Millionen monatliche Nutzer hat die App inzwischen dank eines günstigen Vorteils: sie setzt auf Facebook auf.
Auch Xing muss auf Facebook
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Und während das Social Network sich bisher höchstens am Rande für berufliche Zwecke und eine Jobsuche nutzen ließ, füllt BranchOut diese Lücke mit eigenen Funktionen. Ein wenig mogelt man sich dabei die Zahlen schön: 300 Millionen Nutzer könne BranchOut erreichen, schrieb das „Wall Street Journal“ Anfang Februar. Das wären die Freunde der Freunde von Mitgliedern. Tatsächlich hatte BranchOut da erst 4 Millionen monatlich wiederkehrende Nutzer. Immerhin: Heute, zwei Monate später, sind es mehr als dreimal so viele, wie aktuelle Zahlen von AppData ergeben. Xing brachte es Ende 2011 auf 11,7 Millionen Nutzer weltweit, davon 5,3 Millionen im deutschsprachigen Raum.
Update, 19.4.: BranchOut sammelte 25 Millionen Dollar Investitionskapital ein. Beobachter raten LinkedIn und Facebook selbst bereits zum Kauf. /Update
Xing muss sich allerdings weniger vor den bisherigen Zahlen des aufstrebenden Konkurrenten fürchten, als vor dessen Fokus: Noch stärker als LinkedIn präsentiert sich BranchOut als Jobsuche. Man kann andere Mitglieder um Referenzen bitten und Facebook-Freunde leicht hinzufügen – leider nach ähnlicher Rattenfänger-Manier wie LinkedIn. Gerade die internationale Jobsuche könnte für junge Menschen interessant sein, die eine Beschäftigung im Ausland suchen. Der Hauptteil der Bekannten meines bislang kleinen Netzwerkes dort allerdings kommt aus Deutschland. Und eben das ist Xings größte Gefahr: Was LinkedIn jahrelang nicht geschafft hat, könnte nun von unerwarteter Seite kommen: Facebook als Plattform könnte Xing das Wasser abgraben – indirekt über Apps wie BranchOut.
Die Lösung für Xing? Klingt etwas viel verlangt, dürfte aber im Endeffekt einen Großteil der Probleme lösen, die man aufgrund fehlender Internationalisierung hat oder noch haben wird: Xing sollte sich selbst mit Facebook verbinden. Doch, meine ich im Ernst: So könnte man selbst noch einen beachtlichen Teil der 40 Millionen Deutschen für sich gewinnen, die bereits auf Facebook sind, und noch einige Millionen aus anderen Ländern mehr. Ruht man sich nur auf den deutschen Markt aus, werden BranchOut oder andere Apps vorbeiziehen. Vielleicht schon eher, als man das in der Xing-Zentrale in Hamburg wahrhaben will.
(Jürgen Vielmeier)