Googles Mitgründer Sergey Brin kritisiert in einem Interview mit dem britischen „Guardian“ die Feinde des Internets. Zu denen würden neben autoritären Staaten wie China und Iran auch – und jetzt kommt’s – Facebook und Apple gehören. Diese würden mit ihren geschlossenen Plattformen Webcrawlern keinen Zugang gewähren und damit das Internet nicht durchsuchbar machen.
Apples App-Plattform etwa lasse sich nicht durchsuchen, die Informationen darin würden nicht in einer Suchmaschine indiziert. Auch Facebook sei ein geschlossenes System: „Sie wollen, dass man nach ihren Regeln spielt“, sagte Brin, „Und die sind sehr restriktiv.“ Facebook habe etwa jahrelang Google-Mail-Kontakte ausgesaugt. Ohne ein freies, offenes Web hätten er und Larry Page niemals Google aufbauen können. Außerdem würde er sich gerne der unregelmäßigen Datenkontrolle durch die US-Regierung entziehen. Wir müssen einmal spekulieren, was Brin mit seiner Kritik erreichen wollte. Denn damit, dass man ihm Scheinheiligkeit vorwirft, musste er eigentlich rechnen.
Brin kann nicht zufrieden sein
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Schließlich hortet gerade Google in seinen Datensilos die Informationen von Hunderten Millionen Menschen. Die Daten, die man aus dem freien Web sammelt, werden gewinnbringend verkauft. Natürlich wäre es für Googles Geschäft erträglicher und billiger, wenn man auch noch an die Vorlieben und Interessen von Facebook-Nutzern käme. Statt sich mit Google Plus für Millionen Dollar ein eigenes Datensammelnetzwerk aufzubauen. Auch von einer Gleichberechtigung freien Web ist bei der Google-Suche derzeit nicht mehr viel zu sehen. So ist die neue soziale Suche „Search plus your world“ maßgeblich mit Google Plus verknüpft, nicht aber mit Twitter oder eben Facebook. Googles Konkurrenten auf Gebieten wie Preisvergleichen werden auch schon einmal unter fadenscheinigen Gründen vom Suchalgorithmus abgestraft. Freier Wettbewerb sieht anders aus.
Ich halte Brin für einen intelligenten Menschen, kann mir aber beim besten Willen nicht zusammenreimen, was er mit seiner Kritik an Facebook und Apple Konstruktives erreichen will. Wollte er darauf aufmerksam machen, dass beide Konkurrenten ihre Daten teilweise abschotten? Das dürfte allgemein bekannt sein. Hoffte er damit, dass die Menschen lieber Google Plus nutzen und Android-Handys kaufen? Nicht, wenn ihnen Kaufargumente fehlen. Ein mögliches Motiv, das ich sehe: Ablenkung. Die Menschen haben inzwischen akzeptiert, dass ihre Daten massenweise gespeichert werden und haben nur noch die Wahl zwischen guten und schlechten Anbietern. So wollte Brin vielleicht dafür trommeln, dass die neuen Datenschutzrichtlinien seines Konzern gar nicht so schlimm sind. Aber das ist Spekulation. Alles in allem riecht es stark nach Verzweiflung. Brin kann es kaum freuen, dass Google mit der Android-Plattform weit weniger Geld verdient als Apple, dass die Google-Suche ohne App-Indizierung und Facebook-Stati weniger wertvoll und von den angeblich 170 Millionen Google-Plus-Mitgliedern nur ein Bruchteil täglich aktiv ist. Durch Lamentieren ändert er daran aber nichts.
(Jürgen Vielmeier, Bild: Steve Jurvetson (CC BY 2.0))