Manchmal fragt man sich, ob ein Hype wirklich seine Daseinsberechtigung hat oder ob Marketing- und Finanzstrategen da nicht im Hintergrund kräftig mitwerkeln. So im Falle der Spiele-App „Draw Something„. Wie gestern bekannt wurde, sollen dem Anbieter OMGPOP gleich mehrere Übernahmeangebote vorliegen. Mit 150 Millionen US-Dollar alleine würde man da aber nicht weit kommen, heißt es. Zynga soll der aggressivste Bieter sein, aber auch Electronic Arts und andere sollen interessiert sein.
In den knapp sechs Wochen, seit es die App gibt, haben bereits 21,5 Millionen Menschen sie heruntergeladen. 12 Millionen Nutzer sollen aktiv sind. An einem gewöhnlichen Abend, fand „The Business Insider“ heraus, spielen 4,5 Millionen Nutzer das Spiel gleichzeitig. Also höchste Zeit, sich das einmal anzugucken.
Soll das wirklich eine Violine sein?
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Draw Something setzt eine Anmeldung über Facebook Connect voraus. Direkt auf Facebook kann man es allerdings nicht spielen. Man muss sich die App für iOS und Android im App Store/ Google Play herunterladen.
Draw Something ist ein soziales Malspiel. Man malt etwas und lässt andere raten, was es ist. Besonders originell klingt die Idee nicht, aber die Umsetzung ist durchaus witzig. Der Mitspieler rät, was das Objekt darstellen könnte, was man auf das Smartphone-Display krakelt, indem er dafür eine virtuelle Tastatur benutzt. Später kann man in einer Art Screencast amüsiert zuschauen, wie der Mitspieler verzweifelt auf dem Keyboard Buchstaben einhämmert und wieder löscht, um zu raten, was man da fabriziert. Die Mitspielerin, die mir zugelost wurde, scheiterte daran, meine Violine zu erkennen, die vermutlich mehr wie eine Gitarre aussah. Das von ihr gezeichnete Keyboard wirkte auf mich dafür eher wie ein Gefängnis.
Cleveres Freemium-Modell
Mitspieler findet man in seinem Facebook-Freundeskreis, über Menschen, die man per E-Mail einlädt, oder – wie in meinem Testbeispiel – zugelost wird. Auffällig an dem Spiel ist das klare Freemium-Modell der Anbieter. Alle Grundfunktionen sind kostenlos, aber wenn man mehr Farben oder feinere Pinsel verwenden möchte, muss man etwas zahlen. Wenn man ein Rätsel anhand der vorgegebenen Buchstaben nicht lösen kann, kann man einige davon für 5 Credits eliminieren, um schneller zur Lösung zu kommen. 400 Credits kosten 1,99 Dollar, 1.200 Credits 4,99 Dollar. In der kostenlosen Version der App prankt am unteren Bildschirm eine mobile Anzeige; hin und wieder erscheinen bildfüllende Anzeigen für andere Spiele.
Was man malen soll, wird jeweils vorgegeben. Man hat die Wahl zwischen drei verschieden schweren Objektiven. Etwa einem Schornstein, der Erde oder aber auch der Sängerin Beyoncé – wer es sich zutraut. Je schwerer das Objekt, desto mehr Punkte bekommen Zeichner und Mitspieler dafür. Rät man etwas richtig, sieht man die App förmlich jubeln. Funken sprühen, es glitzert und das Lob „Drawsome“ erscheint. Und dann macht das Spiel plötzlich richtig Spaß. Man rät gespannt, was der andere gerade malt, und wartet geduldig darauf, bis der Mitspieler das eigene Objekt richtig identifiziert hat.
Jeden Monat ein neuer Rekord?
Draw Something lockt den Spieler zusätzlich mit Statistiken. Wer war schneller darin, ein Wort zu erraten? Und welche Farben hat man hauptsächlich benutzt? Clever von Seiten der Macher: Wer der App verfallen ist, der will schnell mehr wollen als die fünf Standardfarben. Ein Paket mit fünf weiteren Farben kostet 249 Credits. Ein durchaus cleveres Geschäftsmodell; der Hype ist berechtigt. Als Skeptiker fragt man sich jetzt natürlich, ob der Spielspaß von Dauer sein wird und ob die Spieleschmiede OMGPOP wirklich 200 bis 250 Millionen Dollar wert ist. OMGPOP hat allerdings neben Draw Something noch einen ganzen Reigen weiterer, deutlich weniger bekannter Spiele im Programm.
Was mich am meisten beeindruckt, sind die Dimensionen, die einige neue Startups in immer kürzerer Zeit annehmen. Designshop Fab.com bringt es wenige Monate nach dem Start des Projekts auf 3 Millionen Mitglieder. Pinterest in etwa gleicher Zeit auf mittlerweile wohl 20 Millionen Nutzer. Draw Something schaffte über 20 Millionen Downloads in fünf Wochen. Und es klingt, als könnten solche Rekorde künftig in jedem Monat aufs Neue purzeln.
(Jürgen Vielmeier)