Es ist wieder Messezeit, der Mobile World Congress in Barcelona, die wichtigste Mobilfunkmesse der Welt. Das bedeutet: Mehr Geräte als sich ein Mensch merken und noch viel mehr als er ertragen kann. Und es bedeutet eine Armada von Techjournalisten, die alle das gleiche tun und das gleiche schreiben. Einen Artikel über die Pressekonferenz, einen mit der Bildergalerie, einen mit dem ersten Hands-on-Video. Von jedem der etlichen Smartphones, Tablets und Services, die auf der Messe vorgestellt werden. Ursprünglich wäre ich gerne selbst dabei gewesen; heute denke ich mir: wozu eigentlich?
Es gibt kein wichtiges Gerät, von dem man als Journalist nicht auch zu Hause am Schreibtisch erführe. Immer öfter von guten Pressestellen selbst. Gleich am Anschluss an eine Pressekonferenz (und manchmal auch schon vorher) bekommt man Datenblatt, Bilder und das Zitat eines wichtigen Managers per E-Mail geliefert. Trotzdem geht es nach oder schon während der PK erst richtig los: Schnell schnell, nur früher berichten als die anderen. Daheim am RSS-Reader findet man wenig später die geballte, SEO-optimierte Flut: Dutzende Artikel mit gleichem Inhalt zum gleichen Thema, zeitlich nur leicht versetzt. Stärkerer Prozessor, größeres Display, jetzt noch dünner, bald auch in Weiß. Je mehr Meldungen über ein Smartphone sich im Reader stapeln, desto wahrscheinlicher, dass es irgendwie wichtig sein muss. Wäre man arrogant, würde man sagen: das ist die klassische Rollenverteilung im Newsroom: die Reporter vor Ort liefern dem Redakteur einen Wust von Meldungen an den Schreibtisch, aus denen er – mehr oder weniger – bequem auswählen kann.
Heer der Arbeitsmaschinen
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Die Arbeit der Journalisten auf einer Messe will ich damit keinesfalls schmälern; ich war selbst oft genug dabei. Vor Ort wird man zur Arbeitsmaschine: Von PK zu PK hetzen, Bilder machen, wenig schlafen, Texte kloppen, mit Presseverantwortlichen reden, versuchen, über das überlastete WLAN oder das LAN im Pressezentrum irgendwie seine Texte abzuschicken, Bilder und Videos hochzuladen. Die Kollegen zu Hause aber haben die bessere Infrastruktur und den Artikel da meist schön längst veröffentlicht. Von mindestens zwei Kollegen vor Ort weiß ich, dass sie auf der Reise krank geworden sind. Der Körper ist geschwächt.
Und doch ist es das alles wert – sollte man meinen. Erst vor Ort kann man die Geräte wirklich ausprobieren und sicherstellen, dass die Hersteller einem keinen Quatsch vorsetzen. Erst vor Ort kann man mit den Ansprechpartnern der Unternehmen reden und sich mit anderen Bloggern vernetzen und austauschen. Jede Reise ist ein Ereignis, und erst wenn er den Schreibtisch verlässt, findet der Journalist spannende Themen und sieht Dinge, die er sonst nie erleben würde. Wenn einer eine Reise tut …
„Reichen Ihnen 50 Smartphones?“
Woran liegt es aber dann, dass fast alle das Gleiche schreiben? Dass kaum jemand mal die Geschichten abseits der Gadgets und PKs sucht? Was rechtfertigt diesen ganzen Aufwand hunderter Stimmen im Gleichklang? Würden es nicht auch ein paar Journalisten vor Ort tun?
Zu kritisieren wären letztlich auch die Geräte-Anbieter, hier am Beispiel von LG: Vorgestellt wurden die neuen Smartphones Optimus L3, Optimus L5, Optimus L7, Optimus LTE, Optimus 3D Max, Optimus 4X HD. Zu kaufen gibt es sie zusätzlich bald zu den bestehenden Geräten Optimus 3D, Optimus Speed, Optimus Black, Optimus One, Optimus Chic, Optimus… Das Portfolio von Samsung, Sony, Nokia und HTC sieht ähnlich aus. Auch Fujitsu, Panasonic und Acer wollen auf dem Markt Fuß fassen. Und die neuen chinesischen Player, ZTE und Huawei, freuen sich, dass sie den Kunden einen ähnlichen Reigen an Telefonen präsentieren können.
Der Wust an Informationen führt zu Desinformation. Wenn nicht einmal die Journalisten noch dazu in der Lage sind, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und stattdessen über alles berichten: Wie soll sich jemand da noch zurecht finden, der ernsthaft darüber nachdenkt, sich ein Smartphone zuzulegen? Kein Wunder, dass die Kunden überfordert sind und „iPhone!“ schreien.