Social Network Pinterest – das Original
Pinterest, Pinterest, Pinterest. Das Web hat ein neues Hype-Thema und die Online-Medien sind voll von Berichten über das soziale Bilderbuch. Fast könne man annehmen, mit dem Rummel ging es diesmal erst so richtig los, als die Samwer-Brüder Pinterest klonten. Bei genauerer Betrachtung sogar nicht nur fast.
Gesehen habe ich Pinterest zum ersten Mal irgendwann im Spätsommer 2011. So richtig ins Bewusstsein rückte der Name des US-Startups bei mir aber erst am 29. November 2011. An jenem Tag las ich davon, dass die Samwer-Brüder über ihre Startup-Fabrik Rocket Internet mit einer Pinterest-Kopie an den Start gegangen waren. Seitdem, scheint es mir, häufen sich Berichte über das US-Startup dies- und jenseits des Atlantiks, den Trend dahinter, das schnelle Wachstum und die damit verbundene Diskussion über das Urheberrecht. Nur einer scheint kaum jemanden zu interessieren: der Samwer-Klon.
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Samwer-Kopie Pinspire
Der heißt Pinspire und sieht genauso aus wie das Original. Die beiden augenscheinlichsten Vorteile des Klons: Er ist auf Deutsch verfügbar und erlaubt eine sofortige Registrierung. Auf Pinterest kann man sich derzeit nur für einen Invite registrieren, auf den man ein paar Tage warten muss. Sucht man bei Google News nach „Pinspire“, tauchen nur einige ältere Nachrichtenbeiträge auf, die meist die Wörter „Klon„, „Abzocke“ (engl.: Ripoff) oder „Parasit“ in der Überschrift tragen. Sucht man auf Google News nach „Pinterest“, findet man gleich auf den ersten Blick mehrere Beiträge positiver Konnotation von „Spiegel Online“, dem „Focus“, der „NZZ“ oder der „Zeit“.
Früher hieß es: Du hast es nicht geschafft, ehe ein deutsches Startup dich klont. In Hinblick auf Pinterest müsste es heute heißen: Du schaffst es, gerade weil ein deutsches Startup dich klont. Eine bessere Publicity als durch das Klonen konnte Pinterest gar nicht bekommen. Viele fingen dadurch erst an aufzuhorchen: Aha, die Samwers kopieren wieder mal etwas. An dem Original muss also etwas dran sein.
Schwedisches Original: Gutscheinservice Wrapp
So auch diesmal? Heute liest man drüben bei Deutsche Startups und Silicon Allee, dass die Samwers eine neue Kopie in Vorbereitung haben: Dropgifts soll das schwedische Gutschein-Portal Wrapp abkupfern. Ob es eine lupenreine Kopie wird, muss sich dann noch zeigen. Startup-Guru Martin Weigert hatte so etwas jedenfalls schon Ende Januar erwartet, als er Wrapp vorstellte und schrieb:
Somit ist wohl auch davon auszugehen, dass in Deutschland schon fleißig an dem einen oder anderen Wrapp-Klon gearbeitet wird.
Designmöbelshop Fab.com (Original)
Ende Januar bereits schickte Rocket Internet Bamarang an den Start, eine Kopie des US-Designmöbelshops Fab.com. Jochen Krisch von Exciting Commerce weist auf den vermeintlichen Unfug des Klonens hin:
Fab.com kann man gar nicht so schnell kopieren, wie es sich weiterentwickelt.
Fab-Gründer Jason Goldberg sieht Klone deswegen gelassen. Magdalena Räth von Gründerszene allerdings warnt:
In der Vergangenheit hat Rocket Internet gezeigt, dass ein mit Samwer-Geldern ausgestatteter Klon zumindest in einzelnen Ländern zum Marktführer avancieren kann.
Trotzdem wachsen und wachsen auch die Originale, oft erst nachdem sie kopiert worden sind. Da die US-Technikmedien inzwischen auch den deutschen Markt mit Adleraugen überwachen, erregt ein Klon jeweils auch in den Staaten viel Aufmerksamkeit. Das Erfolgsrezept für die Originale scheint eine gelungene Mischung zu sein aus Aufmerksamkeit dank der Klone, gepaart mit Erfolgsmeldungen über rasantes Wachstum. Fab.com erreichte zeitgleich mit dem Start seines Samwer-Klons 2 Millionen Nutzer. Pinterest bringt es mittlerweile auf 12 Millionen Besucher, alleine in den USA. Der „Business Insider“ kürt es damit zur schnellst wachsenden Website aller Zeiten. Die Comscore-Zahlen, die Techcrunch dazu veröffentlichte, zeigen ein steiles Ansteigen der Wachstumskurve für die USA ab September. In Deutschland ging es laut Google Trends erst im Dezember so langsam los. Die Alexa-Grafik bestätigt das weltweite Wachstum für Pinterest:
Das „Wachstum“ von Pinspire hingegen sieht so aus:
Die Aufmerksamkeit, von denen die Kopien profitieren wollen, erhaschen also in erster Linie die Originale. Sollten die Geklonten den Samwers also dankbar sein? Angesichts dieser Beispiele möchte man fast sagen: ja.
(Jürgen Vielmeier)