Das beliebte Medienblog Carta.info ist heute neu gestartet. Es ist ein mutiges Comeback, nachdem 2011 ein Katastrophenjahr für das Mehrautorenportal war. Es begann mit unzufriedenen Autoren und der Klage, ein tragendes Geschäftsmodell würde fehlen. Später gaben die Verleger die finanziellen Probleme indirekt zu, indem sie Carta in eine unbefristete Sommerpause schickten. Im September dann verstarb überraschend Gründer und Herausgeber Robin Meyer-Lucht im Alter von nur 38 Jahren. Es schien das Ende des Projekts zu sein.
Meyer-Luchts Witwe, Tatjana Brode, will jetzt zusammen mit Wolfgang Michal den Neuanfang wagen. Man möchte versuchen, Carta im Sinne von Robin Meyer-Lucht weiterzuführen, schreibt Brode in einem der ersten neuen Beiträge auf dem Portal. Als ich Brode gerade am Telefon erreiche, klingt sie frohen Mutes: „Wir haben uns entschlossen, das noch einmal zu versuchen und werden unsere ganze Energie da hineinstecken.“ Einen Joker habe man aber nicht in der Hinterhand. Auch das alte Problem mit der Finanzierung ist laut Bode „noch nicht gelöst“. Warum eigentlich nicht? Was macht es auch im Jahr 2012 für viele Blogs in Deutschland so schwer, sich zu finanzieren?
Finanzierung mit weichen Themen bleibt schwierig
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„Ich habe keine Ahnung“, antwortete mir Carta-Mitherausgeber Wolfgang Michal, den ich später ebenfalls am Telefon erreichte, ganz offen: „In Deutschland gibt es nach wie vor eine größere Scheu, was Risiko-Investments anbelangt.“ Das Henne-Ei-Problem: Wenn es nicht gerade eine Nische bedient, muss ein Blog meist erst eine bestimmte Schwelle erreichen, bevor es Finanziers oder einen Vermarkter findet. Ohne ein Grundkapital ist diese Schwelle, die meist in Visits gemessen wird, aber nur schwer zu erreichen. Michal ist allerdings guter Dinge, dass sich das noch einmal ändert: „Der geplante Start der ‚Huffington Post‘ in Deutschland könnte vieles verbessern.“ Blogs würden dann wieder verstärkt in die Aufmerksamkeit rücken, Verlage könnten sich kooperationsbereit zeigen. Erste Zusammenarbeiten gibt es bereits, wie mit den beiden Blogwerk-Blogs Netzwertig (mit der „Wirtschaftswoche„) und Neuerdings (mit Spiegel Online).
Einige Nischen- und Technikblogs haben mit der Vermarktung geringere Probleme. Wer etwa über Android-Handys schreibt, kann Geld über provisionsbasierte Werbung (Affiliate) und manchmal auch mit Sponsoring verdienen. Wir hatten hier vor einiger Zeit ein paar erfolgreiche Modelle vorgestellt. Affiliate oder kontextbasierte Werbung aber funktioniert für ein Blog mit den Schwerpunkten Politik, Medien und Ökonomie nicht. Ähnlich wie eine Tageszeitung müsste man hier Anzeigen über Reichweite generieren. Es ist ein Problem, das nach wie vor nicht gelöst ist.
Generationswechsel bei deutschen Startups. Und bei Blogs?
Bei deutschen Startups hat sich inzwischen ein Generationswechsel vollzogen: Früher gab es Geld fast ausschließlich für Marktplätze, die sich möglichst schnell refinanzieren sollten. Die neue Generation mit Startups wie den 6Wunderkindern, EyeEm, MoviePilot oder Amen will zunächst einmal Reichweite generieren. Geldgeber aus aller Welt investieren inzwischen in Startups der zweiten Kategorie. Warum nicht auch einmal in ein hoffnungsvolles Blog investieren?
Carta jedenfalls will jetzt versuchen, genug Aufmerksamkeit zu erzeugen und damit Sponsoren oder Partner zu gewinnen. Ein genauer Plan allerdings scheint noch zu fehlen. Es gebe Kontakte in viele Bereiche: Hochschulen, Stiftungen, eine große Tageszeitung, sagt Michal. „Ein bis zwei feste Stellen müssen bezahlt werden.“ Brode soll die Vermarktung in die Hand nehmen. „Sie hat die Geduld dafür“, ist Michal verhalten zuversichtlich, dass das gelingt: „Ich hoffe, dass es diesmal besser läuft.“
(Jürgen Vielmeier)