Heute geht in Las Vegas die Technikmesse CES (Consumer Electrics Show) zu Ende. Bereits am Dienstag haben wir euch einen Rundumschlag geliefert. Da die meisten Produktankündigungen meistens gleich zu Anfang einer Messe stattfinden, gibt es in der zweiten Hälfte eher Hintergründiges zu bestaunen. Das ist mindestens genauso interessant und deswegen springen wir mitten rein: Lytro, Intel-Smartphones, traurige Gestalten, Beileid von Google und eine Augensteuerung für Windows 8 sind nur einige der Themen.
Will man als das einstmals große Microsoft Mitleid von Mitbewerbern bekommen? Googles Chairman Eric Schmidt zumindest hat damit nicht gespart und auf die architektonischen Zwänge hingewiesen, in denen der Softwareriese gefangen sei. Gefangen war Microsofts deutscher Vice President Achim Berg nicht in irgendwelchen Architekturen, sondern in Las Vegas in einem Taxi. Und das drei Stunden lang. Das ließ Berg dazu hinreißen, die CES zu verfluchen und statt dessen die CeBIT zu loben, für die er auf der CES warb: das sei eine gut organisierte, deutsche Messe.
Endlich ist sie da: die widget-fähige Glasscheibe. Samsung hat sie vorgestellt:
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Und die Koreaner hatte noch viel, viel mehr im Programm. Darunter ein Smart TV, das TV-Signale aus der Satellitenschüssel direkt am Fernseher entschlüsselt. Ryan Lawler von GigaOM sieht das als weiteren Nagel im Sarg der ungeliebten Set-Top-Box. Samsungs Sprachsteuerung für Smart TVs kommt in einem Test vom „Business Insider“ indes gar nicht gut weg: Zappen und Lauter/Leise funktioniere, viel mehr aber auch nicht.
Schwacher Trost für die Koreaner: Die anderen sind noch lange nicht so weit: LG etwa will es erst einmal mit einer Fernbedienung mit Sprachsteuerung namens Magic Remote versuchen. Und ähnlich vernichtende Kritiken bekam auch Sony für den neuen Anlauf mit Google TV. Überhaupt: Google TV. Wurde im Vorfeld der Messe als Riesentrend angekündigt – war dann aber letztendlich kaum zu sehen, bemängelt Ryan Lawler von GigaOm.
Dells erstes Ultrabook XPS 13 schläft nicht wirklich, wenn man es auf Standby schaltet. Es wacht alle 5 bis 60 Minuten auf und checkt seine unsere Mails. Derweil gibt es von Lumus endlich eine Brille, in der sich Videos vernünftig abspielen lassen. Oder von Vuzix eine Videobrille, mit der man die Orientierung nie mehr verliert.
Motorola gibt beim Thema Webtop nicht auf. Der Prototyp wurde allerdings schon auf der CES 2011 vorgestellt und hat sich nicht durchgesetzt. Jetzt gibt es einen zweiten Versuch.
Außenseiterrennen? Der PC-Hersteller Lenovo, der bislang wenig mit Telefonen zu tun hatte, stellte mit dem K800 ein Smartphone mit Android 4.0 vor. Innenleben: Ein Chip des Herstellers Intel, von dem bislang ebenfalls in Sachen Mobilfunk wenig Konkurrenzfähiges zu sehen gewesen war. Nahezu jeder Hersteller benutzt ARM-Chips. Das K800 kommt denn auch ohne ARM-Emulator nicht aus und soll im 2. Quartal zunächst in China auf den Markt. Auch Motorola kündigte eine Smartphone-Partnerschaft mit Intel an.
Ein Tablet mit Android 4.0 von Intel kam dafür in einem Test von Kevin Tofel sehr gut weg. Und natürlich hat der Chiphersteller klar die Nase vorn bei den Ultrabooks, die auf der CES der große Trend sein sollen. Kunststück: Ultrabooks sind eine Marke von Intel. Allerdings will Chiphersteller Qualcomm – der auf ARM-Architektur setzt – Intel nicht so leicht davon kommen lassen. Mit dem Snapdragon S4 will man künftig den Laptop-Markt aufmischen. A propos: Ultrabooks? Sind sowas von erste Januarwoche! LG hat nach eigenem Bekunden mit dem Z330 und dem Z430 bereits was Besseres am Start: Super Ultrabooks.
Vergesst Kinect! Eine Entwicklung namens Tobii Gaze soll es möglich machen, Windows 8 mit den Augen zu steuern:
Erinnert sich noch jemand an Chrome OS, Googles Betriebssystem für die Cloud? Hat sich bislang nicht durchgesetzt. Samsung verschweigt, wie viele Chromebooks man verkauft hat, will das Thema aber noch lange nicht zu den Akten legen: So soll es eine Neuauflage der Laptops geben und zusätzlich im 2. Quartal die Chromebox, einen Net-Top. Bei Engadget German äußert man leise Zweifel, ob das Thema noch Erfolg haben wird.
In eine ganz andere Richtung geht der Kube 2, ein kleiner Kult-MP3-Player aus Singapur, der nicht größer ist als eine Fingerkuppe:
Viel wird mit Photoshop herumgewerkelt, damit Models auf dem Titelbild der Fernsehzeitschrift möglichst makellos aussehen. Warum es sich nicht leichter machen und gleiche eine solche Beauty-Funktion in die Kamera einbauen, dachte man sich bei Olympus und schritt bei der Kompaktkamera VR 340 zur Tat.
Lytro ist ein jetzt schon sehr gefragtes Kamerasystem, das Fotos aufnimmt, bei denen man später die Schärfe variieren kann. Laut dem Vorstandsvorsitzenden Charles Chi könnte es später auch eine Videokamera von Lytro mit dem gleichen Prinzip geben.
Probiert es aus: Bei diesem Lytro-Bild lässt sich per Mausklick die Schärfe variieren.
Langer Lebenszyklus: Sonys Spielekonsole Playstation 3 bleibt preislich seit Jahren auf konstant hohem Niveau. Ein Nachfolger ist allerdings noch lange nicht in Sicht. Sony will zumindest an dem System noch bis 2016 festhalten und erst dann einen Nachfolger präsentieren.
Jeremy Horwitz von iLounge behauptet, das iPad 3 auf der CES gesehen zu haben. Es sei etwas dicker als das aktuelle iPad 2 und sehe ansonsten nicht viel anders aus. Ein Foto legte er nicht vor. Kann dann ja jeder sagen. Da es aber wohl nicht mehr lange dauert, bis Apple das iPad 3 vorstellt, werden wir dann direkt sehen, ob Horwitz Recht hatte oder nicht.
Gizmodo und CNet lieferten sich über die CES hinweg eine seltsame Jagd nach dem traurigsten Stand auf der Messe. Gizmodo erklärte hier einen Mann zum traurigen Sieger, der unter einem Schild mit der Aufschrift „Imp-Exp Executive“ saß (Bild oben). CNet hingegen votierte für einen Mann, der Sharp-Fernseher direkt neben Samsungs viel pompöseren Stand promoten musste. Mitleid gab es für beide.
Und wer geglaubt hatte, Techblogger wären langweilige Typen, die den Beat nicht gefressen hätten, der schaue sich bitte dieses Video an: Sam Biddle von Gizmodo shakerte am Stand von Behringer mit Messe-Hostessen zu einem ziemlich basslastigen Sound. Warum auch nicht, immerhin sei Techbloggen ein verdammt harter Job, weiß Steve Kovach, der sich deswegen auch kaum noch wundert, wenn selbst Journalisten durchdrehen und sich wie die Aasgeier auf ein kostenloses Lunchpaket stürzen.
Bei der CES, schreibt Greg Kumparak, habe man nicht gemerkt, dass man den Zenit längst überschritten habe. Es sei trotzdem nur schwer vorstellbar ohne.
(Jürgen Vielmeier, Bilder: Hersteller, CNet, The Verge)