Zweiter Versuch: Die Deutsche Bahn hat ihre Lehren aus dem Desaster mit dem Chef-Ticket im vergangenen Jahr gezogen – und wagt sich noch einmal auf Facebook. Das gleiche Team, das seit genau einem halben Jahr den Twitter-Account für den Personenverkehr befüllt, wird ab morgen, dem 8.12., eine der beiden neuen Facebook-Seiten der Bahn betreuen. Die neue Strategie stellte das Transportunternehmen während eines Treffens mit Bloggern am Montag in Köln vor.
Die wichtigste Frage an die Bahn-Offiziellen fiel natürlich als allererstes: „Was macht ihr, wenn es wieder zu einem Shitstorm kommt, wie damals zum Start des Chef-Tickets?“ Die Antwort von Svea Raßmus, der neuen Teamleiterin Social Media Management für DB Vetrieb: „Wenn das wirklich passiert, dann müssen wir da durch. Dann werden wir die Kommentare abarbeiten, so weit unsere Kapazitäten reichen.“ Die Kapazitäten, das sind 700 Kundenreaktionen pro Tag, sowohl auf Twitter als auch auf Facebook. Von Kommentatoren verlangt die Bahn, dass sie eine Netiquette einhalten. Raßmus: „Wer sich nicht an die Regeln hält, dessen Kommentar wird gelöscht.“
Apps sollen die Beschwerden minimieren
Neue Stellenangebote
Content Creator Social Media (m/w/d) Erlebnisbauernhof Gertrudenhof GmbH in Hürth |
||
Studentisches Praktikum – Video- & Social-Media-Marketing im Bankwesen (m/w/d) Taunus Sparkasse in Bad Homburg vor der Höhe |
||
Social Media Manager (m/w/d) NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG in Kiel |
Das Pikante an der Geschichte ist der Starttermin: Drei Tage, bevor der neue Winterfahrplan der Bahn in Kraft tritt, wird es Beschwerden hageln: sowohl was neue Verbindungen als auch was die Preiserhöhungen um durchschnittlich knapp 4 Prozent angeht. Raßmus dazu: „Die Beschwerden werden ja so oder so kommen, ob am Telefon oder künftig eben über Social Media. Wichtig ist, darauf vorbereitet zu sein und gelassen damit umzugehen.“
Anders als auf Twitter soll es auf dem Facebook-Kanal weniger um eine 1:1-Kommunikation gehen. Dafür wäre Facebook auch das falsche Medium. Die Facebook-Seite des Personenverkehrs will vielmehr auf Angebote aufmerksam machen. „Wenn ein Kunde sich direkt mit einer Anfrage auf der Facebook-Pinnwand meldet, dann wird ihm auch geholfen“. Für Störungen und Reiseplanungen verweist das Bahn-Team aber auf integrierte Facebook-Apps, die sich besser dafür eignen sollen, etwa den Störungsmelder oder die Verkehrsmittelplanung. Weitere Apps sollen folgen. Die Bahn nennt hier einen Sparpreisfinder und einen „Bahn-Checker“. Raßmus: „Wir rechnen mit Beschwerden. Ein Shitstorm ist allerdings mehr als nur eine massenhafte Beschwerde über Facebook. Das passiert, wenn Medien und andere Multiplikatoren mit eingreifen und sich die Beschwerde verselbständigt.“ Und so etwas dürfte selbst der Bahn selten passieren.
Die Bahn gewinnt dabei durchaus
Aber Butter bei die Fische: Was kann die Bahn dabei überhaupt gewinnen? Den eigenen Ruf aufbessern? Den, wie es scheint, maroden Systemen einen modernen Anstrich geben? Es soll zumindest nicht darum gehen, etwas schön zu reden. Raßmus hat eine, wie ich finde, sehr interessante Antwort darauf parat: „Beschwerden werden sich die Kunden sowieso. Wenn sie das auf Facebook tun, können wir besser darauf reagieren.“ Eine kluge Idee: Man sorgt dafür, dass sich die Kunden möglichst an einer Stelle beschweren, noch dazu auf einem Medium, das von Google nicht indiziert wird. Damit würde man erreichen, dass nicht ganze Web von Beschwerden voll ist und weniger böse Treffer auftauchen, wenn man in einer Suchmaschine nach der Bahn sucht.
Zum Start der neuen Facebook-Seite des Personenverkehrs bietet die Bahn mit dem „Weihnachtswichteln“ ein Gewinnspiel an. Facebook-Nutzer, die Fans der neuen Bahn-Seite werden, können täglich Tickets gewinnen und damit ihre Freunde beschenken. Je mehr Fans den gleichen Freund bewichteln, desto höher sind seine Gewinnchancen. So schafft sich die Bahn auch gleich eine große Fan-Basis.
Für DB Bahn facebooken künftig die gleichen 12 Mitarbeiter, die schon den Twitter-Account betreuen. Die Springer, die das ursprüngliche Team von 8 Leuten ergänzen sollten, sind nun fest dabei. Zusätzlich zum Auftritt des Personenverkehrs, gibt es künftig eine zweite Facebook-Seite: die der Konzernkommunikation, die von fünf Mitarbeitern betreut wird. Insgesamt arbeiten derzeit 22 Personen bei der Bahn im Bereich Social Media. Die Öffnungszeiten der Twitter- und Facebook-Accounts wurden übrigens ausgedehnt auf künftig 6 bis 22 Uhr werktags und 10 bis 22 Uhr am Wochenende. Startschuss ist morgen um 6 Uhr früh.
(Jürgen Vielmeier)