Angeblich zerplatzen Träume ja wie eine Seifenblase – nahezu unhörbar. Gestern puffte und qualmte es hingegen gewaltig, als drei Österreicher namens Lucas Triebl, Stefan Fleig und Nino Leitner dem verdutzten Publikum der Ideenkonferenz „TEDx Vienna“ eröffneten, seit einem Jahr nahezu die gesamte Branche mit spitzbübischer Freude an der Nase herumzuführen.
Statt der lange erwarteten ersten öffentlichen Präsentation ihres Apple-Gadgets „Table Connect for iPhone“, erhielten die Zuschauer eine kostenfreie Lehrstunde im Fach „Virales Marketing“. Denn die gesamte Sache ist ein Fake: Einen Multitouch-Glastisch in der Form eines riesigen iPhones gibt es schlichtweg nicht.
Zumindest bisher. Denn möglicherweise findet sich nun doch ein Unternehmen, das sich an einer realen Umsetzung versuchen will. Ob diese aber jemals an die Fälschung heranreichen können wird, darf getrost bezweifelt werden. Jedenfalls vermittelte das im November 2010 online gestellte Präsentationsvideo von „Table Connect“ die Illusion einer perfekten Symbiose aus Design und Technologie. Dort ist der angebliche Hightech-Tisch in voller Funktion zu erleben.
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Alles scheint so elegant wie simpel: Ein iPhone wird per Kabel angeschlossen, eine App gestartet und schon, so scheint es, lässt sich das Apple-Smartphone komplett über die Oberfläche des Tisches bedienen. In Wirklichkeit wischten die angeblichen Entwickler lediglich ein wenig auf dem Glas herum – natürlich streng nach Drehbuch, damit die Abläufe hinterher stimmten. Anschließend wurden die Aufnahmen in mehr als 40 Stunden umfangreich nachbearbeitet – und fertig war das Super-Viral. Millionen klickten das Video in den nachfolgenden Monaten an und diskutierten über seine Glaubwürdigkeit.
Für viele Betrachter schien die Sache dabei durchaus denkbar, schließlich hatte Microsoft mit dem „Surface Table“ bereits 2008 ein ähnliches Konzept auf der CES in Las Vegas sogar öffentlich präsentiert. Aber auch Zweifel waren hier und da zu hören. So schrieb damals etwa Peter Sennhauser bei neuerdings.com:
Ich tendiere zur Aussage “Fälschung”, weil keinerlei Fotos des Entstehungsprozesses vorhanden sind und der Tisch ein doch eher unmodisches Design aufweist. Wer sowas selbst aufbaut, achtet auf Details und dokumentiert den Entstehungsprozess.
Er und viele andere dürfen sich nun bestätigt fühlen, skeptisch geblieben zu sein. Bleibt allerdings noch die Frage, wem oder was das Viral eigentlich dienen sollte. Hier räumen die drei Jungs, die eigentlich ein Grafik- und Design-Studio betreiben, freimütig ein, dass die Sache doch etwas außer Kontrolle geraten ist. Ihnen sei zwar bewusst gewesen, dass ein solches Gadget in den Medien allein durch den Apple-Bezug für erhebliche Furore sorgen werde; allerdings hätten sie zunächst angenommen, dass der Fake nicht zuletzt aufgrund eines zu spät entdeckten Fehlers recht schnell auffliegen würde.
Das Gegenteil war jedoch der Fall: die Masse schluckte den Köder. Ihren Anfang nahm die virale Kette bei Endgadget, das als Türöffner fungierte. Dem US-Blog wurde ein Link auf die kurz zuvor gelaunchte „Table Connect“-Website zugespielt und nach nur vier Stunden, so Lucas Triebl, sei der Artikel online gewesen. Andere wie Gizmodo zogen nach. Danach sei alles so gut wie von selbst gegangen – inklusive 1.000.000 Videoabrufe innerhalb von drei Tagen und einem Platz 1 in den YouTube-Charts.
Dieser Erfolg habe sie schlichtweg überrannt – Tonnen von E-Mails und dutzende Interviewanfragen aus mehr als 15 Ländern hätten schnell einen eigenen Pressesprecher notwendig gemacht, erklärten die Fake-Ingenieure. Unzählige Kaufangebote für den „Prototypen“ seien eingegangen. Auch einige Trittbrettfahrer seien dabei gewesen: Ein besonders geschäftstüchtiger Händler habe sogar einen Shop ins Netz gestellt und bereits Vorbestellungen zu einem konkreten Preis entgegengenommen. Letztendlich hätten sie daher darüber nachgedacht, den Tisch tatsächlich zu bauen, sagte Stefan Fleig. Es habe sogar bereits Verhandlungen mit einem Unternehmen gegeben; letztendlich sei das Projekt aber gescheitert.
Für die wohlwollende Reaktion vieler Online-Medien und Blogs zeigten die Drei bei ihrer Auflösung durchaus Verständnis. Man habe gewusst, dass diese stets bemüht seien, ein neues Thema möglichst schnell zu bearbeiten und als erste zu veröffentlichen. Populäre Keywords, wie etwa alles, was nur im entferntesten mit Apple zu tun hat, garantierten daher besondere Aufmerksamkeit, da sie die Zahl der für die Anzeigenvermarktung essentiellen Seitenaufrufe steigerten. (Auch Jürgen hatte in ähnlichem Kontext ja vor kurzem an dieser Stelle darauf hingewiesen und erklärt, „…warum wir andauernd über Apple schreiben“.)
Nun werdet ihr euch vielleicht noch Fragen, was die ganze Geschichte ihren Urhebern am Ende eingebracht hat: Sicherlich einigen Ruhm, finanziell aber angeblich gerade einmal 600 Euro – aus Anzeigenerlösen auf Google und YouTube. Immerhin. Die drei Österreicher gaben zu, etwas zu lange mit der eigentlich viel früher geplanten Auflösung ihrer Kampagne gewartet zu haben. Am Ende sei das allgemeine Interesse daher merklich abgeflaut. Dennoch bleibt mir angesichts des gelungenen Coups nur noch eines zu sagen: Respekt!