Noch einmal 25 sein, das ist Nokias neues Motto – und es wird nicht allen Nokia-Fans schmecken. Kaum stellte Nokia heute auf der Hausmesse „Nokia World“ in London seine ersten beiden Smartphones mit Windows Phone vor, schon gehen die Meinungen weit auseinander. „It. is. AWESOME!“, brüllte Kevin Shields, Senior Vice President von Nokias Windows-Abteilung, als er das neue Flaggschiff Lumia 800 präsentierte. Und die Größe der Buchstaben gibt in etwa die Lautstärke wieder, in der er das tat.
Die Menge im Saal, die größtenteils aus Entwicklern und Nokia-Händlern bestand, applaudierte und jubelte. Gleiches, als Shields in Anspielung auf Android und iOS den neuen Kurs mit den Worten unterstrich: „Soll es wirklich nur zwei Systeme geben, die genau gleich aussehen? Nein!“ Es wäre Zeit, die Welt mit Kacheln zu übersäen, sagte Marketing-Manager Steven Overman. „Auf dem Startbildschirm bewegt sich etwas“, freute sich Shields mit Blick auf die animierten Kacheln des Metro-UIs in Windows Phone. „Ich will, dass dort etwas passiert. Ich will nicht einfach nur ein statisches Design und erst eine App öffnen müssen, um informiert zu werden.“
Das Lumia 800, das ich gerade in den Händen hielt, ist ohne Frage ein Spitzenmodell auf dem Smartphone-Markt. Der 1,4-GHz-Prozessor macht es ziemlich schnell. Der Aufbau der animierten Bildschirme geschieht flüssig und ohne Verzögerungen. Gehäuse wie Display (Gorilla-Glas, Amoled) wirken unglaublich stabil, das Modell in Händen zu halten, macht Spaß. Kosten soll es in Deutschland nach unverbindlicher Preisempfehlung 500 Euro. Zu viel für einen ganz neuen Weg?
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Gedacht für 25-Jährige und Ältere, die sich jung fühlen wollen.
Deutlich erschwinglicher dafür das zweite Modell, das Lumia 710. gleich groß, etwas runder, gleicher Prozessor, aber nur ein LC-Display. Unverbindliche Preisempfehlung in Deutschland: 320 Euro. Nokia-Chef Stephen Elop nannte das Lumia 800 das „erste richtige Windows Phone“ in Hinblick auf Konkurrenzmodelle wie das HTC Titan oder diverse Geräte von Samsung mit Windows Phone. Shields unterstrich das mit Hinweisen auf die Hardware wie die Carl-Zeiss-Kamera und Software-Lösungen wie das integrierte Navi Nokia Drive, die Musikempfehlung Nokia Music, die Integration von Xbox-Live-Spielen und des Sportnetzwerks ESPN. Was noch folgen soll, ist Nokia Public Transport (ein Navi für den öffentlichen Nahverkehr) und Live View Augmentation, eine Unterstützung des Fußgängernavis mit Augmented-Reality-Funktionen. Die Bing-Suche startet in Sekundenbruchteilen mit einem Klick auf die Suchtaste.
Die Frage ist, ob die Kunden das wollen. In fast epischer Breite erklärten Elop, seine Assistentin Blanca Juti und Marketing-Manager Overman den Fokus auf die Zielgruppe der 25-Jährigen und allen, „die sich im Herzen noch so jung fühlen“ (Overman). Vor allem junge Menschen in Schwellenländern hat man damit im Auge, weniger den verwöhnten US-amerikanischen Markt, in dem die beiden Lumia-Modelle mit angepassten Konfigurationen erst Anfang kommenden Jahres auf den Markt kommen sollen – deutlich später als Russland, Indien und europäische Kernmärkte wie Deutschland. Das Lumia 800 wird ab sofort sogar schon ausgeliefert.
Ein System, das polarisiert
Zu einer Zielgruppe passt Windows Phone mit seinem verspielten Design durchaus. Vieles wirkt einen Schritt weiter als bei iOS und Android; einiges, wie der viel gepriesene „People Hub“ mit seinen bunten Bildchen und Einzelinformationen über jeden Kontakt aber auch schon wieder einen Schritt zu weit. Windows Phone ist ein System, das polarisiert. Man liebt es oder man hasst es. Es ist kein System wie Android, das man sich schnappt, um möglichst wenig falsch zu machen.
Ich erinnere mich an einen Kommentar von Kai Zandtke von Neuerdings.de, als er bei einem früheren Treffen das Windows-Phone-System mit den Worten beschrieb: „Durchdacht, wunderschön – und nach zwei Wochen hatte ich keine Lust mehr auf diese Animationen.“ Wenn es den meisten Testnutzern ähnlich geht, hat Nokia ein Problem.
Die Finnen strahlten heute Kampfgeist aus, und das mussten sie auch. Denn auf das Nischensystem Windows Phone zu setzen, gar darauf zu hoffen, dass es ein erfolgreicher „dritter Weg“ wird, ist mutig, wenn nicht gar tollkühn. Die beiden Geräte haben die Chance, viele Menschen zu begeistern – der Rest wird sich von Nokia abwenden und sein Heil in Android suchen.
(Jürgen Vielmeier)