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Mann fotografiert Tochter in Einkaufszentrum, Polizei spricht von "Terrorismus"


Achtung, ein Boulevard-Thema, aber ein kurioses: Ein Mann hat seine kleine Tochter in einem schottischen Einkaufszentrum fotografiert. Daraufhin bestellte der Sicherheitsdienst die Polizei, die den Mann scharf anging, seine Personalien aufnahm und sich dabei auf ein Anti-Terrorismus-Gesetz berief. Die Bilder sollte er löschen. Das ganze geschah vergangenen Freitag am Eiscremestand des Braehead-Einkaufszentrums in der Nähe von Glasgow. Chris White fand es süß, wie seine Tochter Hazel auf einem der zu Sitzen umfunktionierten Motorrollern saß und nahm das Foto (oben) mit seinem Smartphone auf.

Kurz darauf kam der Sicherheitsdienst und wies White darauf hin, dass das Fotografieren in dem Einkaufszentrum verboten sei. Er solle die Fotos löschen, so die Anweisung. Doch White hatte sie bereits bei Facebook hochgeladen, was den Sicherheitsdienst dazu veranlasste, die Polizei zu rufen. Und die stellte fest, dass die Security Recht hatte, außerdem seien überall Schilder angebracht, die auf das Fotografieverbot hinwiesen. Während er seine weinende Tochter beruhigen wollte, wies einer der Beamten White harsch an, ihm gefälligst zuzuhören. Danach stellte man eine Verwarnung aus und ließ ihn laufen. Doch genug Grund, sich zu ärgern, hatte White allemal: So gründete er die Facebook-Gruppe „Boycott Braehead“, die binnen Stunden auf mehrere tausend Mitglieder anwuchs und zur Stunde fast 25.000 Mitglieder hat.

„Sieg des gesunden Menschenverstands“


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White veröffentlichte das Geschehen auf Facebook in Form eines offenen Briefs an die Lokalpresse, die sofort darauf ansprang. Zeitungen, Radio- und Fernsehsender aus dem ganzen Land kontaktierten ihn am Wochenende, nur das Einkaufszentrum brauchte bis Montag, um sich zu melden. Dann allerdings gab es eine formelle Entschuldigung und noch eine Änderung der Richtlinien obendrauf: Bei Braehead und allen anderen zehn Einkaufszentren der Kette Capital Shopping dürfen Freunde und Familien sich jetzt wieder gegenseitig fotografieren.

White feierte dies als „Sieg des gesunden Menschenverstands“ und will weiter kämpfen. Weil viele Menschen auf ihn zu gekommen seien, die ähnliche Erfahrungen mit Fotografierverboten in Einkaufszentren gemacht hätten, will er sich jetzt für eine generelle Abkehr des Verbots im Vereinigten Königreich einsetzen, wo man an die Präsenz von Überwachungskameras ohnehin mittlerweile gewöhnt sein muss. Ausgegangen sein soll die ganze Sache übrigens vom Personal des Eiscremestands. Die Verkäufer befürchteten, White hätte auch von ihnen Fotos gemacht, wollten darauf aber nicht zu sehen sein. Ob aus Angst vor Terrorismus oder doch eher privaten Gründen, ist leider nicht bekannt.

(Jürgen Vielmeier, Bild: Chris White)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

35 Kommentare

  • Wurde letztens auch im Media Markt darauf hingewiesen das man dort keine Fotos machen dürfte…. Ich frage mich wo der Sinn dahinter steckt bei solchen Regeln.

  • Beim Mediamarkt ist das nachzuvollziehen. Du könntest ja nen Barcode fotografieren und per Smartphone feststellen, das der Fernseher bei Amazon deutlich günstiger ist….

  • Hoffen wir mal, dass hier keine bombe hochgeht….dann rasten die hier genauso aus!
    Möchte nicht wissen ob es dann hier nicht noch schlimmer wird als in USA oder England ( wo es so furchtbar ist, dass ich da nicht mehr hinfliege/fahre)…

  • @Ole: Ich wurde bei OBI auch schon mal abgemahnt, weil ich mir die Typenbezeichnung einer Stichsäge mit einem Foto merken wollte. „Das sei hier nicht gerne gesehen.“ Die scheinen da ähnliche Ängste (Amazon und Co.) zu haben.

  • Natürlich ist das ein nicht zu verstehendes Verhalten der Polizei und unnötig wie ein Kropf. In Glasgow gibts sicher wichtigere Dinge für die Ordnungshüter zu tun.
    Aber mal so nebenbei: Muss man denn Bilder von seinen Kindern unbedingt bei Facebook hochladen? Kann man die nicht einfach wie früher zu Hause behalten?

  • @Ole: Ich habe sogar genau das getan 😉 … Hatte dadurch dann festgestellt das komischerweise Media Markt billiger war als Amazon und darauf hin sicherheitshalber den Preis fotografiert… später stellte sich dann heraus das der Preis in der Kasse 20€ teurer war als der auf dem Preisschild… Fazit: Schnäppchen bei Media Markt gemacht 😉

  • Ich bin absoluter Gegner von Fotoverboten – Ich fühle mich dadurch in meiner persönlichen Freiheit eingeschränkt. Meine Devise ist, was ich mir ansehen kann, sollte ich mir auch „merken“ dürfen. Meine bisherigen Negativerlebnisse damit:

    – Osthafen Frankfurt – war mit Freunden dort um HDR-Fotografien von den Industrieanalgen zu machen, hätte mich fast 500 Euro gekostet.

    – Kino in den USA – hab ein Foto von meiner Freundin gemacht, Polizei hat uns hinausbegleitet

    – Messen, Flughäfen überall schon in die Falle getappt.

    – größtes Ärgernis: die Murakami-Ausstellung im Museum für moderne Kunst. Normalerweise kann man sich eine Fotografier-Erlaubnis holen und dann auch im Museum knipsen. Nicht so bei Murakami. Der Meister des Ideendiebstahls japanischer Jugendkultur stellt sich selbst dar als jemand, der Einflüsse zu Mash-Up-Kunst verarbeitet, will aber jemand seine Arbeitsergebnisse fotografieren, um vielleicht auch Mash-Up-Kunst damit zu machen geht das natürlich nicht.

    Positivbeispiel: MoMA in New York – Fotografieren ohne Probleme und alles und so nah wie man will. Ich hab mich richtig frei gefühlt!

  • Schöne Geschichte, und zwar aus folgender Sicht:

    1.) Soziale Netze können auch Gutes generieren und nicht nur den Mob auf die Straße treiben. Wenn sich für eine solche „Aktion nach der Aktion“ eine Netzgemeinde findet, die genügend Druck auf ein Unternehmen ausübt, dann ist das schön zu wissen.
    2.) Auch ein Anti-Terrorismus-Gesetz lässt sich dann doch plötzlich mal „umgehen / aufweichen“ (zumindest, solange man nur die eigenen Familienmitglieder fotografiert) wenn man zum Boykott aufruft.

    Dass es aber dazu kam zeugt schon von Kleinlichkeit und sturem Durchsetzungswillen der Herren Staatsdiener. Und das in Schottland, wo ich persönlich so etwas mit am wenigsten vermutet hätte…

  • Bei einigen Kommentaren habe ich den Eindruck Sie wären auch aus der Boulevard Ecke „Wie dumm ist nur diese Welt?“ „schade das ich in diesem jahrhundert aufwachse. kranker gehts nicht.“

    Was ist denn da los? Klar gibts viele Probleme heutzutage, aber war das Leben vor 50/100/200 Jahren besser/schöner?

  • Das gibt es in Deutschland auch. Fast jedes Möbelhaus oder Einkaufszentrum verbietet Foto- oder Videoaufnahmen. Mal vorn an der Tür nach den entsprechenden Aufklebern Ausschau halten.

    Oder versuch mal in einem Ryanair-Flugzeug zu fotografieren, wenn die Flugbegleiter in der Nähe sind…

  • Ich wollte schon immer mal dieses kluge Zitat posten: 😉

    „Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

    Wohlwissend, dass solche und ähnliche Maßnahmen nicht in erster Linie unserer Sicherheit dienen sollen, sondern die (Terror-)Angst oft nur geschürt und missbraucht wird, um Kontrollmöglichkeiten zu erweitern.

  • Im Text stand eigentlich schon das beste Argument gegen dieses Fotoverbot: „… sich jetzt für eine generelle Abkehr des Verbots im Vereinigten Königreich einsetzen, wo man an die Präsenz von Überwachungskameras ohnehin mittlerweile gewöhnt sein muss…“
    Wir müssen uns als Kunden quasi ständig beobachten und sogar filmen lassen aber wehe wir machen mal ein Foto. Da könnte ja was drauf zu sehen sein, was den Herren Geschäftsbetreibern nicht passt. Smartphones können sie uns verkaufen aber nutzen dürfen wir sie dann nicht… Ja wo leben wir denn? Müssen wir uns das gefallen lassen?

    In diesem Sinne: „Seit 5:45h wird zurrrrückfotogrrrafierrrt!“

  • Ich wurde von der Polizei aufgefordert die bilder zu zeigen die ich am bahnhof gemacht habe. sonst haetten sie das als beweismittel beschlanahmt!
    und das im Schoenen Ruhrgebiet

  • @Liph: Ja, es ist doch toll zu sehen, dass wir nicht nur das dösige Schlachtvieh sind, sondern dass, nicht zuletzt dank technischer Möglichkeiten, sogar der Einzelner etwas ändern kann, wenn er denn will.

  • Mal wieder ein sehr schönes Beispiel für den Alltags-Terrorismus ohne Einwirkung von Terroristen.
    Zum Glück mit einem Happy Ending für die Bevölkerung 🙂

  • Die immer aggressiveren Fotografier- und Veröffentlichungsverbote sind Vorboten einer widerwärtigen Verbotsgesellschaft, die jegliche Freiheit erdrosseln wird.

  • Rein rechtlich ist das Einkaufszentrum ein Privatgrundstück, die Ketten können das Fotografieren darin untersagen. Diesen Fall aber als eine Form von Terrorismus zu behandeln, ist aber mehr als lächerlich vom Kaufhaus gewesen. Ich würde dort auch nicht mehr einkaufen wollen.

  • @Matthias: Rechtlich mag das stimmen, defacto ist ein Einkaufszentrum aber kein Privatgrundstück, da es ja vom Besucherverkehr lebt. Wie gesagt – dort wo ich gefilmt werden darf, dort erlaube ich mir auch zu knipsen. Pasta!

  • @27 In diesem speziellen Fall sind wir uns natürlich einig, dass das so in der Form Nonsens ist.
    Ansonsten ist das um sich greifende Fotografierverbot nur eine natürliche Reaktion darauf dass man heute
    immer „Angst“ haben muss, dass du irgendwo gepostet wiederzufinden bist. Ichwill das nicht werten, aber die Reaktion ist absolut nachvollziehbar.

  • Ich kann die Aufregung nicht verstehen. Warum glaubt keiner an die Gefahr, die von dieser Person ausgeht? Nur weil das Mädchen niedlich Eiscreme ist ?