Auf meinem Briefkasten prangt schon seit Jahren ein unübersehbarer „Bitte keine Reklame“ Aufkleber, doch entweder sind die Verteiler von Supermarkt-Flyern oder Fitness-Studio-Prospekten des Deutschen nicht mächtig, oder – was ich eher vermute – sie ignorieren den Hinweis ganz einfach beherzt. Bei meiner letzten Briefkastenleerung war ich darüber aber ausnahmsweise einmal nicht unglücklich. Warum? Weil ich zur Abwechslung eine originelle Postwurfsendung bekommen habe. Einen Bierdeckel. Ja richtig, das kleinformatige Stück Pappe, das normalerweise in Restaurants und Kneipen den Tisch vor Wasser- oder Bierrändern schützt. Der Bierdeckel war mit einer witzigen Werbung bedruckt und so cool, dass ich ihn irgendwie nicht wegwerfen konnte. Er sprach meinen diffusen Sammeltrieb an. Genau wie die Postkarten, die man in den Kneipen einsammelt und mit nach Hause nimmt. Wo sie dann monatelang herumliegen, bis ihr Dasein dann doch im Papiermüll endet.
Eines ist aber ganz gewiss: Mit den Bierdeckeln haben die Marketing-Menschen auf Anhieb mehr Aufmerksamkeit erreicht als mit gewöhnlichen Flyern oder Prospekten. Ich habe mich schon oft gefragt, warum Werbung oft so langweilig und konventionell daherkommt. Gerade im harten Konkurrenz-Dschungel der Postwurf-Sendungen kann es doch nur eine Devise geben: Auffallen ist alles! Diese oder ähnliche Gedanken haben sich die Leute von Pulsis Media wohl auch gemacht. Und das hat sie auf die Idee gebracht, den altbekannten Bierdeckel mal in einem ganz anderen Kontext zu verwenden. Im Grunde ist Werbung auf einem Bierdeckel ja nichts Ungewöhnliches. Schon seit seiner Erfindung im 19. Jahrhundert hat sich die Getränkeindustrie auf den Bierdeckeln verewigt. Und wer hat nicht aus dem Urlaub schon Bierdeckel mit nach Hause gebracht, auf denen für unaussprechliche Biermarken oder traditionelle Kultgetränke geworben wurde? Der Bierdeckel hat sich als Sammelobjekt ebenso etabliert wie als Grundmaterial für instabile Kartenhäuser, die man aus Langeweile in der Kneipe baut. Daraus hat sich ein gewisses kultiges Image entwickelt, das sich die Leute von Pulsis Media zunutze gemacht haben.
Die Werbeagentur hat eine Postwurf-Kampagne mit Bierdeckeln konzipiert. Der Zustellpartner war die Firma Prospega (falls sich jemand inspiriert fühlt, auch mal mit Bierdeckeln zu werben). Die Resonanz der Empfänger war durchweg positiv, wie hinterher durch eine Befragung der Haushalte herauskam. Die Leute empfanden die Bierdeckelwerbung als sympathisch und hoben das farbige Stück Pappe länger auf als Prospekte oder Flyer. Letztere landen ja meist unbeachtet im Müll. Ich bin auch so ein Kandidat: Ich schaue nicht einmal genau, was da beworben wird, sondern verfrachte das Bündel gleich in die Papiertonne. Ein Jammer eigentlich. Klar, es gibt auch Werbe-Junkies, die jeden Prospekt akribisch studieren. Doch dies ist nicht die Regel, wage ich zu behaupten. Alles spricht dafür, in der Werbung mal neue Wege zu gehen und nicht immer auf Altbewährtes zu setzen. Ein anderes Format, eine andere Haptik und eine ungewöhnliche Optik bringen die Menschen dazu, genauer hinzuschauen. Und das soll Werbung ja schließlich bewirken: Aufmerksamkeit und das Abspeichern des Angebots im Gehirn. Dazu muss man aber schon ein paar Sekunden draufgeschaut haben, sonst bleibt im präfrontalen Cortex nichts hängen. Aber der Bierdeckel, der hängt bei mir jetzt an der Pinnwand. Weil da ein Gutschein für 10% Rabatt drauf ist. Mal sehen, wann ich es schaffe, ihn einzulösen.
(Prospega GmbH aus Nüdlingen)