Bitte mal diejenigen von euch aufstehen, die Werbung in ihrer verschiedensten Form vorbehaltlos lieben! Na gut, zumindest einige von euch? Ein bisschen nur? Danke, w&v! Setzen, zwei minus. Der Rest von euch bleibt freiwillig sitzen und liest trotzdem weiter, weil er weiß, dass Werbung zwar selten schön, aber leider doch notwendig ist. Sie finanziert größte Teile der Medienwelt: Radio, Fernsehen, Zeitschriften, Online-Magazine – und manchmal auch Blogs. Schlendert man über die Dmexco in Köln trifft man dennoch wenige, die diesen Kompromiss leben. Hier wird man das Gefühl nicht los, es mit einer Marketingklientel zu tun zu haben, die eine ganz eigene Sprache spricht.
Dies hier sollte ein Beitrag werden, in dem ich mich aufgeschlossen dem Thema Werbung widme, in dem ich beschreibe, wie ich in die kunstvoll gehaltenen Kölner Messehallen fuhr, mich nach neuen Werbeformen umsah, kleine Vermarkter frage, ob sie Blogs vermarkten, große Agenturen löchere, warum sie das nicht tun. Mit meinen Ergebnissen zurück in die Redaktion fahren und die Blogosphäre mit stichhaltigen Informationen ein wenig voranbringen. Aber die Mission schlug leider fehl. Ich fühlte mich wie ein Fremdkörper und verließ das Gelände nach drei Stunden fluchtartig.
Die Werbung bleibt euch auf den Fersen
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Es lag nicht daran, dass ich neuen Werbeformen nichts abgewinnen könnte. Das Berliner Online-Musikfernsehen tape.tv etwa stellt ein neues Format namens Flip Ad vor. Ein tonloser Werbespot kippt das laufene Video nach hinten und stellt sich selbst in den Vordergrund; die Musik unterbricht aber nicht. „Ein neues Format, das unsere Nutzer nicht mehr verscheucht“, erklärt tape.tv-Sprecher Fabian Heuser, nicht ohne Selbstkritik am bisherigen Konzept. „Nichts ist schlimmer, als wenn ich gerade einen tollen Song im Ohr habe und dann ein 30-sekündiger Spot dazwischenplatzt.“
Das ist Teil der Werbung von Morgen, die sich von der heutigen nur darin unterscheidet, dass sie euch an immer neuen Orten heimsuchen wird: Das sind zunehmend das Social Network, euer Smartphone oder das Tablet. Freut euch also auf mobile Werbekampagnen, ortsbezogene Werbung, auf immer weniger „Streuverluste“. Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski nannte das so in der Eröffnungsrede der Messe.
Er hat wenig Grund, sich zu beklagen, auch wenn die goldenen Print-Tage vorbei sind: Die großen Verlage und Medienhäuser haben seit jeher ihre angeschlossenen Werbevermarkter wie IP Deutschland (RTL-Gruppe), und das Geld fließt in Strömen dorthin. Der Online-Werbemarkt in Deutschland legt in diesem Jahr um 16 Prozent auf 6,23 Milliarden Euro zu, auch die Dmexco selbst bricht Rekorde. Für Blogs bleiben bei den Milliarden weiterhin nur Peanuts übrig. Lange Zeit mochte man sich damit abfinden, dass es vielleicht an der Sprache liege: Der deutsche Markt könne womöglich ein zu kleiner im Vergleich zu den 3 Milliarden Menschen sein, die des Englischen mehr oder weniger mächtig sind. Aber angesichts dieser Milliardensummen zieht dieses Argument einfach nicht mehr.
Übersetzer zwischen den Welten gesucht
„Jeder zweite Deutsche liest regelmäßig Blogs“, wird Vasco Sommer-Nunes vom Blogvermarkter Mokono nicht müde zu betonen. Ich treffe ihn an einem kleinen Stand, den er sich mit acht anderen Firmen teilen muss. „Die Budgets sind hoch, sie werden nur nicht dementsprechend verteilt.“ Er will das ändern, wirbt derzeit vehement für die Reichweitenstärke seiner Plattform, die am Montag die Vermarktung der Adnation-Blogs bekannt gegeben hat und selbst erst vergangene Woche vom internationalen Vermarkter Populis übernommen wurde. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der Hamburger Thomas Promny mit seinem neuen Projekt BlogAds. Es sind einige der wenigen Hoffnungsträger, die die Blogosphäre derzeit überhaupt hat. Ihr Ziel erreicht haben sie noch nicht einmal annähernd.
Woran das liegt? Vielleicht daran, dass die großen Online-Vermarkter solche Medien online betreuen, die ihnen schon als Print-Titel ein Begriff waren. Neulinge haben es da schwer. Spricht man auf der dmexco mit Vermarktern, werden einem Begriffe wie digitale Touchpoints, Customer Lifetime Value, Performance-Marketing, On-Site-Retargetting, Multi-Channel-Tracking, Fingerprinting oder Social CRM um die Ohren geschleudert, bis die Schwarte kracht. Ich hab für dieses Mal die Waffen gestreckt, und ich hatte nur die Aufgabe, etwas zu schreiben, nicht, unser Blog zu vermarkten. Es wird ein langer Kampf werden und wir stehen immer noch an seinem Anfang. Was wir brauchen, sind Übersetzer, die zwischen den Welten vermitteln. Dann könnten auch Blogger irgendwann einmal das Stück von dem Werbekuchen abbekommen, der ihnen zusteht.
(Jürgen Vielmeier)