Liest man regelmäßig die US-Technikpresse, fallen einem in letzter Zeit immer öfter die Augen aus: Die Amis haben Deutschland entdeckt und betrachten unser Land als den hippsten Ort der Welt. Ja, richtig gelesen. Unser Land, das der Dichter, Denker, Arbeiter, Ingenieure und Copycats liegt bei den Amis derzeit so hoch im Kurs wie kein anderes der Welt, höchstens noch die USA selbst. Das schlägt sich auch in den Beiträgen der Blogpresse nieder. Die Nachricht von gestern, dass Mokono künftig Adnation-Blogs vermarktet, wird heute bei Techcrunch als Exklusivmeldung geführt. Und dass da ein fahrerloses Auto in Berlin unterwegs ist, fand via Heise den Weg in das US-Blog.
Über die Übernahme von DailyDeal durch Google berichteten unter anderem All Things D, GigaOM und VentureBeat. Und der Überraschungserfolg der „Piratenpartei“ bei den Landtagswahlen in Berlin beschäftigte unter anderem Ars Technica, den Business Insider und die New York Times. Man muss es sicher etwas präzisieren: Es ist vor allem das mit rund 63 Milliarden Euro hoch verschuldete Berlin, das die Augen der Technikszene auf der anderen Seite des Atlantiks zum Leuchten bringt. Aber wo wäre Berlin ohne den Rest der Republik?
Gemeinsam nach Gold schürfen
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Es scheint mehr zu sein als die bloße Schwärmerei für eine Stadt. Die Amis finden es cool, dass man hier auf Kongressen Bier trinken und an allen Ecken und Enden Currywurst essen kann. Sie mögen es, dass sich auch junge Leute mit scheinbar nichts als ein bisschen Kunst durchs Leben schlagen. Sie mögen den typisch deutschen Pessimismus? Nein, sicher nicht. Aber sie haben vermutlich wenig Verständnis dafür. Im Vergleich zum Rest der westlichen Welt brummt in Deutschland gerade halbwegs die Wirtschaft. Junge Leute finden coole Jobs in jungen Unternehmen, während die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien etwa um 40 Prozent kreist. Aber vor allem hat es den Amis die Berliner Startupwelt angetan und ihre Nähe zur Kunstszene – auch wenn es unterm Strich gerade einmal ein Dutzend Startups sind, die immer wieder genannt werden: Soundcloud etwa, Wooga oder Wunderlist.
Als es gestern auf der Advance 2011 in Köln darum ging, Investoren zu grillen, fragte Moderator Mike Butcher jeden der sichtlich genervten Investoren, warum sie noch kein Büro in Berlin hätten. Man sei ja auf dem Weg dahin, war die Standardantwort. Hier treffen sie sich, um gemeinsam nach Gold zu schürfen: junge Deutsche, hoffnungsfrohe Entwickler aus Osteuropa und die Szene aus New York oder London, die gehört hat, dass es an allen Ecken Kunst und Kultur gibt und man nebenbei auch noch günstig wohnen kann. Die Amis lieben Berlin und Deutschland. Und wir? Wir bekriegen uns immer noch gegenseitig und leben mit dem anerzogenen Hintergedanken, dass das dicke Ende schon noch irgendwann kommen wird. Nehmt es leichter, Leute! Ihr wohnt im angesagtesten Land der Welt.
(Jürgen Vielmeier)