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HP gibt Rätsel auf: Tablets ja, WebOS auch, aber bloß nicht beides zusammen

Thomas Kuhn von der „Wirtschaftswoche“ hat HPs Hardwarechef Todd Bradley in die Mangel genommen. Kuhn hat dabei genau die richtigen Fragen gestellt, nur eine leider vergessen: Warum will HP weiterhin Tablets bauen und an WebOS festhalten, aber kein WebOS mehr auf Tablets bringen? Vielleicht hat er das auch gefragt, und Bradley konnte ihm nur keine richtige Antwort geben, weil er es selber nicht weiß.

Was Bradley, Chef der neuen Hardwaresparte Personal Systems Group, sagt, ist in der Tat bemerkenswert. Nein, man habe kein Glaubwürdigkeitsproblem, und ja, man werde und will eine führende Rolle auf dem Tablet-Markt spielen. HP habe sich in den 70 Jahren seiner Geschichte immer an seine Zusagen gehalten. Kuhn kontert, HP-Chef Léo Apotheker und Bradley selbst hätten noch im Sommer Tablets und Smartphones als den neuen Wachstumsmarkt angesehen und angekündigt, beides aggressiv zu vermarkten. Dann aber das TouchPad und die Smartphones mit WebOS nur Tage später aufgegeben. Da sei man missverstanden worden, sagt Bradley: „Wir haben nie gesagt, dass wir das Tablet-Geschäft aufgeben. Wir werden nur selbst keine WebOS-Tablets mehr herstellen.“

Glaubwürdigkeit? Hinkt.

Tablets könnten mit anderen Betriebssystemen wie Android oder Windows auf den Markt kommen. Ja, aber warum hat man dann eine ganze Hardwarelinie beerdigt, am Betriebssystem, das jetzt nicht mehr zum Einsatz kommen soll, aber festgehalten? Auf diesen Widerspruch sind beide leider nicht eingegangen. Oder bedeutet das einfach „nur“, dass beides nicht zusammen gepasst hat? Nitro und Glycerin? Bradley zu Kuhns Frage, warum Entwickler jetzt noch auf WebOS setzen sollten. Man glaube doch selbst noch daran: „Nur weil Microsoft keine PCs baut, heißt das doch auch nicht, dass sie nicht mehr an Windows glauben“, so Bradley. Aber der Vergleich hinkt. Microsoft hat bis auf einige zarte Versuche vor Jahren mit dem Tablet-PC nie selbst PC-Hardware hergestellt.

Wenn HP jetzt zwei Produkte in den Verkaufsregalen stehen hat, die gut zusammen passen, aber trotzdem einzeln verkauft werden, dann fragt sich doch jeder Kunde unweigerlich, was mit einem von beiden nicht in Ordnung ist. Und wenn HP trotzdem sagt, alles sei gut so wie es ist, auch wenn man kein einziges WebOS-Gerät mehr verkauft und deswegen dafür noch weitere Milliönchen in den Wind schießt, dann hat man ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Was glaubt ihr? Was sind HPs Beweggründe? Soll WebOS doch noch verkauft oder lizenziert werden und wenn ja, wer tut sich das an? Und woran hat es gelegen, dass TouchPads, Pres und Veers eingestellt wurden? War die Hardware zu schrottig? HP hat uns hier einige Rätsel zu knacken gegeben.

(Jürgen Vielmeier, Bild: HP)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

15 Kommentare

  • Ich mochte Palm und ich mag HP und seine Drucker.

    Wenn man sich anschaut, wie sehr sich Apple und Samsung um den Tablet-PC schlagen, kommt in mir der Verdacht, dass sich das HP sparen wollte, da das HP-Tablet genauso dem IPad ähnlich ist wie das Samsung-Tablet und sich hier ein weiterer zukünftiger Streit und auf Halde produzierter und unverkaufbarer Geräte angebahnt hätte. Allerdings bin ich wohl der einzige, der diese Ansicht vertritt.

    Wie man 1,2 Mrd. $ ausgeben kann für ein Betriebssystem, welches im Folgejahr auf jedem HP-PC installiert sein sollte und man nun die PC-Sparte loswerden/auslagern will und Hardware kaufen und entwickeln kann, um noch vor der umfassenden Präsentation der Geräte sich beleidigt zurückzieht, weil niemand die noch nicht existenten und kaum beworbenen Geräte kaufen möchte -wie auch?-, erschließt sich meinem Verstand nicht. Aber ich bin ja auch nicht Apotheker.

    WebOS scheint tot zu sein, noch bevor es so richtig zu leben begonnen hat. Schade, aber ich persönlich würde keine Arbeit mehr in ein System stecken, dessen Eigentümer mir weder mit Geräten noch mit dem System selbst zukünftige Ausblicke gibt.

  • Ich glaube, HP ist nach dem Sturm auf die 99€ Touchpads am überlegen, was sie machen sollen. Weil man noch keine Entscheidung hat verwirrt man die Öffentlichkeit vorerst einfach mal mit widersprüchlichen Aussagen 😉

  • Ich vermute mal HP weiß was, was wir noch nicht wissen. Ich befürchte HP hat sich bei den WebOS-Geräten verrannt, bekommt essentielle Probleme nicht in den Griff und muss die Notbremse ziehen: zurück auf Los und dann ganz anders. Bis dahin versucht man sich in monetärer Schadensbegrenzung und riskiert vorübergehend bei einer überschaubaren Clientel einen angeschlagenen Ruf.

    Ich bin gespannt, was letztendlich dabei herauskommt!

  • Die haben bemerkt das sie mit Iphone, Andoid und vor allem Windows 8 nicht mithalten können, und die Reißleine gezogen. Ich denke mal vor allem Windows 8 Tablets und Convertibles werden die Zukunft für HP sein. Da man damit auch die Business Kundschaft aber nicht nur die glücklich machen kann.

    Ich denke mal WebOS wird auf Druckern,Kameras und anderen HP Produkten weiterleben. Aber eben in Bereichen außerhalb der Android/Windows 8/Apple Konkurrenz.

  • Hm.. ich habe mir so meine Gedanken gemacht und könnte mir irgendwie gut vorstellen, dass hp eine sehr verdrehte Marketingstrategie fährt. Man produziert WebOS Geräte, bekommt aber das Problem, dass die Plattform sich nicht ausreichend verbreitet, nicht in den Griff. Die Geräte zu Dumpingpreisen anzubieten würde die Wettbewerbshüter auf den Plan rufen. Also beerdigt man die Sparte und ramscht die Geräte unter dem Deckmantel des „Ausverkaufs“ raus. Nun ist die Plattform plötzlich doch etwas verbreitet und wird nun von einem Moment zum Anderen für Entwickler interessant. Auch wenn noch immer ein Nieschenprodukt, ist WebOS plötzlich im Gespräch und ein Stück weit verbreitet und es ist sogar cool ein Touchpad zu haben. So etwas kennt man sonst nur von Apples Produkten. Nun muss hp allerdings die Kurve bekommen und WebOS doch weiter entwickeln, sowohl Software als auch Hardware, doch wie macht man das, ohne das der ganze Schwindel auffliegt. Man lässt jeden Abteilungsleiter etwas anderes erzählen, bis die Aussagen völlig konträr sind und am Ende ist Apotheker in der Lage sich die richtigen Häppchen raus zu picke, und den Rest zu dementieren, so dass alles doch nur ein Missverständnis war und man doch an Software und Hardware festhalte wollen. Siehe Artikel…
    Was denkt Ihr? Ist der Gedankengang völlig abwegig?

  • Wem nutz es? Oder hier genauer gefragt: Wozu dient es?

    HP kauft Palm für 1,2 Mrd. Was genau haben sie denn gekauft? Was war es wert? Die Hardware? Sicher nicht, Palm-Geräte waren ja schon veraltet. Sie kauften KnowHow, Entwickler und ein Betriebssystem.

    Vielleicht hatten sie kurzzeitig auch vor, Palm weiterzuführen und Apple Konkurrenz zu machen. Aber bei der Hardware waren sie Apple deutlich unterlegen, das webOS war noch nicht wirklich 100%ig marktreif und Apps gibt es bis heute kaum. Aber die Preise mussten sie irgendwie so kalkulieren, dass sich das lohnte. Nur war das als Paket für die Käufer nicht interessant. Der Verkauf blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Und dann noch die Patentklagen der Konkurrenten, HP wäre früher oder später mit hinein gezogen worden.

    Also verramscht man die Hardware, um dem Betriebssystem Aufmerksamkeit und Marktanteile zu verschaffen. webOS ist heute mehr wert, als vor dem Abverkauf.

    Was hat HP heute noch von Palm übrig? Entwickler, kann man gebrauchen. Hardware, war eh uninteressant und wird nun nicht weiterentwickelt. Und ein Betriebssystem, welches man im eigenen Hause gut gebrauchen kann und welches sich an z.B. HTC lizensieren oder gar verkaufen lässt. Ich bin mir auch noch gar nicht sicher, ob die ursprüngliche Strategie, webOS auf jeden HP PC zu bringen, vom Tisch ist.

    In der Summe glaube ich, dass webOS eine Zukunft hat und auch bei anderen Herstellern demnächst zu finden sein wird, dass HP seine Hardwaresparte neu ausrichtet und irgendwann komplett verkauft. Bis dahin werfen sie Nebelgranaten, um auch der Konkurrenz die eigene Strategie so lange wie möglich zu verheimlichen.

  • Ich habe in einigen WebOs Foren gelesen. Unter anderem herrscht dort die Meinung, dass HP WebOs seitens Druck von Apple aufgegeben hat. Angeblich durfte das HP Touchpad sogar nur verkauft werden wenn sie das eigene Produkt in der Leistung beschneiden (sonst käme Apple mit der Patent Keule). Zumindest versuchen die WebOs Anhänger so zu erklären, warum der Prozessor der auf 1,5 Ghz ausgelegt ist auf 1,2 runtergetaktet wird. Auch gibt der Browser rätsel auf. Es gibt keine horizontale scrollbegrenzung so wie bei Apple (angeblich auch patentrechtliche Gründe)

  • Ich hätte mir so gern noch eisn von den 99€ Touchpad geholt, aber der Run war zu groß. Wenn HP das WebOS nicht mehr nutzt, wer solll es dann noch in Touchpads einbauen? Samsung wird wohl nur auf Bada und Android setzen.