Ich muss gestehen: Wenn man seit Jahren bloggt, bleibt man vor allem mit denen bekannt, die man von früher kennt. Unterwegs auf Messen und Kongressen habe ich aber in letzter Zeit viele neue Blogger getroffen. Und in Gesprächen mit ihnen stellte sich heraus, dass eigentlich alle mit den gleichen Schwierigkeiten kämpfen: Woher bekomme ich die brandheißen News, wie ernst nimmt mich die Firma, bei der ich anrufe, wenn ich mich als Blogger vorstelle. Wie komme ich möglichst schnell an Testgeräte und wie finanziere ich mich eigentlich. Und nicht wenige sehen Bloggen als Karriere-Option. In Deutschland, im Jahre 2011.
Inzwischen sehe ich auf fast jeder Veranstaltung ein paar bekannte Gesichter, und von einigen von ihnen wollte ich einfach mal wissen, wie sie es machen mit der Finanzierung. Zum Beispiel von Kamal Vaid und Sameer Goswami. Als Geschäftsführer und Redakteure des Blogs BestBoyz haben sich die beiden zum Ziel gesetzt, vor allem Otto-Normalverbraucher mit längeren Videos neue Gadgets näher zu bringen. Nach dem Anfangserfolg seit dem Start im April 2009 betreiben die beiden das Blog inzwischen gewerbsmäßig und hauptberuflich in Form einer Unternehmergesellschaft. Vaid: „Wir haben Werbeeinnahmen und zwei große Sponsoren, die hinter uns stehen.“
Manchmal vergrößert Google die Probleme
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Namentlich sind das der Chiphersteller Qualcomm und das Smartphone-Urgestein HTC. Wie viel Geld BestBoyz im Monat einnehmen, wollte mir Vaid auch auf mehrmalige Nachfrage leider nicht sagen. Darüber habe man mit den Sponsoren Stillschweigen vereinbart. Ganz schlecht scheint es aber nicht zu sein. Laut Vaid bestehen die BestBoyz aus drei Vollzeitkräften und drei Freiberuflern; aktuell treibe man den Ausbau voran. Geht es um genaue Zahlen, rückte auch keiner der anderen Befragten mit der Wahrheit heraus. Aber sie geben interessante Einblicke über das Techbloggen in Deutschland im Jahre 2011.
Etwas kleinere Brötchen als die BestBoyz backt zum Beispiel Frank Feil, der seit 2005 die Gadget-Seite M4gic.net betreibt. Zusammen mit seinem Engagement für das LG Blog verdient er mit dem Bloggen genug, um sich das Anglistik- und Politikstudium zu finanzieren. Anders als viele andere Blogger setzt er bei den Werbeeinnahmen auf Googles Display-Werbung: „Interessanterweise habe ich mit Adsense mehr Erfolg als mit Affliliate“, sagt Feil. Gerade Amazon-Affiliate sei bei ihm nicht gelaufen. Dafür kämpft er derzeit an einer anderen Front: Das Google-Panda-Update hat seinem Blog 30 Prozent an Besuchern gekostet. Warum, kann er nicht nachvollziehen. Aber „ich habe versucht, mich darauf einzustellen, und die Besucherzahlen steigen langsam wieder“, bestätigt Feil.
News wurden abgestraft
Noch größere Probleme mit Googles Suchalgorithmen hat das Nachrichtenportal Mobilfunk-Talk, wie mir Geschäftsführer Thomas Scheckenbach erklärte: „Im Frühjahr sind wir von einem Tag auf den anderen aus Google News herausgeflogen. Weil Google News für uns sehr wichtig war, hat uns das 50 Prozent der Besucher gekostet.“ Das Panda-Update habe dann noch einmal 30 bis 40 Prozent des Traffics gekostet. Nach zwei Jahren auf dem Markt hat die Seite, die Anfang des Jahres sehr gut lief, dadurch mittlerweile nur noch rund 4.000 Leser am Tag.
Auf meinen Hinweis, Mobilfunk-Talk wirke auf den ersten Blick wie ein etwas altmodisches Forum und könne deswegen abgestraft worden sein, winkt Scheckenbach ab: „Das Forum läuft nach wie vor gut, stützt sogar inzwischen das Blog, was früher anders herum war.“ Auch die Ratgeber-Artikel seien nach wie vor gut bei Google platziert. „Vor allem unser News-Bereich wurde abgestraft.“ Scheckenbach will trotzdem weiter machen. Er beschäftigt immerhin ein zehnköpfiges Redaktionsteam, das Meldungen schreibt und das Forum betreut. Haupteinnahmequelle auch hier: Werbung.
Aufbruchstimmung statt Angst
Schwierigkeiten scheint Frank Ritter derweil im Moment überhaupt nicht zu kennen. Im Gegenteil: Mit Androidnext wagt er eins der ambitioniertesten Blogprojekte, die es in Deutschland derzeit gibt. Ritter hat sich mit alten Bekannten von seinem alten Arbeitgeber, dem inzwischen mit Giga verschmolzenen Nachrichtenportal Androidnews, gelöst und zusammen mit Ade Adebowale, Sebastian Mach und Sebastian Runge die Berliner Mad Skills GmbH gegründet. Androidnext ist nur das erste Projekt der Gründer. Die sechsköpfige Mannschaft besteht aus einem eingespielten Team aus Text- und Videoredakteuren, einem Webprogrammierer, der für das Template der Seite zuständig ist, und einem Mitarbeiter, der sich um Anzeigen und Business Development kümmert.
Geld einnehmen soll Androidnext mit Display- und Direktwerbung, sowie provisionsbasierter (Affiliate-)Werbung. Eine gute Einnahmequelle für ein Gadget-Blog. Mad Skills kommt zu Gute, dass ein Privatinvestor das junge Projekt, das erst im August gestartet ist, in der Anfangszeit finanziert. Mit wie viel Geld und um wen es sich bei dem Investor handelt, mochte mir Ritter auch auf meine mehrmalige Nachfrage nicht beantworten. Auch hier sei Stillschweigen vereinbart worden. Ritter hat aber keine Angst vor der Zeit nach der Investition: „Für uns ist die Monetarisierung unserer Seite ein No-Brainer, denn wir müssen mit unserer Firma Mad Skills GmbH Geld verdienen.“
Ich habe mit Ritter für meine Recherche per E-Mail kommuniziert. Seine Mails vermitteln Aufbruchstimmung, und ein bisschen Kritik am Standort Deutschland ist auch dabei:
Seit Jahren müssen sich Betreiber deutscher Blogs in albernen Kredibilitätsdiskussionen vor gewissen Sittenwächtern dafür rechtfertigen, dass sie von einer Tätigkeit, die sie lieben, leben wollen. Das ist, soweit ich das überblicken kann, ein spezifisch deutsches Phänomen – welches die Professionalisierung von Blogs hierzulande seit Jahren behindert.
Er rät leidenschaftlichen Bloggern dazu, mutig zu sein, es einfach mal zu machen und sich dabei von niemandem vorschreiben zu lassen, worüber gebloggt wird und wie ein Blog auszusehen hat. Ritter: „Es ist definitiv möglich, davon zu leben. Wichtig ist, dass man es mit Leidenschaft und Ausdauer tut, dass man sich mit Gleichgesinnten austauscht oder gar zusammenschließt.“
Kann man wirklich jedes Blog monetarisieren?
Aber noch etwas ist wichtig: Vermarktungstalent. Und ob sich jedes Blog in jedem Themenbereich finanzieren lässt, steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt. Robin Meyer-Lucht kann ein Lied davon singen. Sein ambitioniert gestartetes Mehrautorenblog Carta etwa befindet sich schon seit geraumer Zeit in einer mehr oder weniger stringent eingehaltenen „Sommerpause“, weil es sich nach wie vor nicht finanziell trägt.
Vor allem im Bereich der Gadget-Blogs herrscht dafür zumindest ein wenig Aufbruchstimmung. Hier haben viele Hersteller erkannt, dass Blogger begeisterungsfähig sind und inzwischen wahrgenommen werden, und sie lassen Blogger deswegen an ihren Marketingbudgets teilhaben. Verkaufsprovisionen (Affiliate) der hochpreisigen Tablets und Smartphones geben Gadgetblogs darüber hinaus am ehesten die Möglichkeit, Geld nebenher zu verdienen. Da deutsche Tech- und Gadgetblogs aber in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, stellt sich die Frage, ob die Einnahmen auf lange Sicht für alle reichen. Und ungeklärt bleibt für mich die Frage, wie sich derjenige finanzieren soll, der über kostenlose Software, alte Schallplatten oder neue Startups bloggt. Bei potenziellen Geldgebern ist noch lange nicht überall das Wissen vorhanden, was ein Blog eigentlich ist. Aber zumindest die Hersteller für Unterhaltungselektronik scheinen das endlich erkannt zu haben.
(Jürgen Vielmeier)