Das Geschäft mit dem privaten Unterkunftsmarkt hat uns in diesem Jahr ein wenig überrollt. Wie aus dem Nichts waren sie plötzlich alle da: Junge Unternehmen wie Airbnb aus den USA und schon bald deutsche Pendants dazu: Accoleo, Statthotel, 9flats und Wimdu. Der Clou: Statt über Couchsurfing das Abenteuer zu suchen oder ein Hotel zu buchen, zahlt man beim Besuch einer fremden Stadt einfach ein paar Euro für eine Privatunterkunft. Keine schlechte Idee, aber ein Milliardenmarkt? Das muss sich erst zeigen. Accoleo und Statthotel wurden von Airbnb übernommen, die auf dem deutschen Markt Großes vorhaben. Und innerhalb nur weniger Monate stampften das Samwer-finanzierte Wimdu 400 Mitarbeiter und das Hamburger 9flats 100 Mitarbeiter aus dem Boden. Von denen müssen einige nun wieder gehen.
Wie Gründerszene unter Berufung auf Wimdu-Geschäftsführer Arne Bleckwenn am Freitag meldete, hat Wimdu bereits im Juli nach eigenen Angaben 45 Mitarbeiter entlassen, davon 25 in Deutschland. Wimdu-Sprecherin Nikola Günther bestätigte mir die Zahl gerade am Telefon, nannte „zu schnelles Wachstum“ als Grund, sieht darin aber kein Abkühlen des Marktes. Und wie Deutsche Startups gestern meldete, müssen auch bei 9flats „weniger als 20“ der 100 Mitarbeiter gehen. Laut Gründer Stephan Uhrenbacher habe sich der Fokus verschoben. Man wolle sich künftig auf die Gewinnung von Kunden konzentrieren statt auf neue Partner für den Mietmarkt.
Akzeptanz kommt nicht über Nacht
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[Update 11:55 Uhr] Laut Mark Pohlmann, der für die PR-Agentur Mavens 9flats vertritt, betrifft die Entlassung ausschließlich Beschäftigte im Bereich Vertrieb. Die 18 Mitarbeiter, von denen man sich leider habe trennen müssen, seien mit der Rekrutierung von Wohnungen beschäftigt gewesen. Das sei nun nicht mehr notwendig, da die kritische Masse der Nutzer erreicht sei, die von sich aus Wohnungen einstellen. [/Update]
Bei Airbnb ist laut Country Manager Germany Gunnar Froh alles in Ordnung: „Erst gestern haben wir zwei neue Mitarbeiter eingestellt“. Aktuell hat der weltweite Marktführer gut 200 Mitarbeiter, davon rund 45 in Deutschland. Ein Abkühlen des Marktes sieht auch Froh nicht: „Airbnb will in weitere europäische Länder wachsen, wobei wir Deutschland als Schlüsselmarkt ansehen.“ Dabei setze Airbnb auf organisches Wachstum.
Etwas, was die Mitbewerber offenbar nicht getan haben. Wimdu hatte noch im Juni eine Kapitalspritze in Höhe von 90 Millionen Euro von Kinnevik und Rocket Internet erhalten. Die Aggressivität, mit der das Unternehmen an den Start gegangen ist, legten von Anfang an den Schluss nahe, dass man es primär darauf angelegt hatte, das Vorbild Airbnb zu übertrumpfen, bevor dies sich erst richtig etabliert hat. Mit 400 Mitarbeitern ist Wimdu innerhalb eines Vierteljahres von der reinen Mitarbeiterzahl her sogar doppelt so groß geworden wie das Original. Das Problem dürfte sein, dass die potenzielle Käuferschaft noch lange nicht so weit ist. Frage ich im Freundeskreis herum, kennt kaum jemand Airbnb, Wimdu, 9flats oder überhaupt die Möglichkeit, sich eine private Unterkunft zu mieten. Die meisten finden die Idee interessant, aber wie das so ist, bei etwas Neuem: Die Mehrheit ist erst einmal skeptisch und braucht ihre Zeit, um sich auf die neuen Möglichkeiten einzustellen. Das Hau-Ruck-Verfahren, das Wimdu anwenden wollte, scheint da die falsche Methode zu sein.
(Jürgen Vielmeier)