Nach unserem Interview mit Oliver Stör zum Thema Abmahnungen und den finanziellen Folgen waren die Meinungen in den Kommentaren vielfältig. Einige von euch beklagten eine zu einseitige Darstellung der Thematik, verwiesen auf die Interessen der Urheber oder bezweifelten einfach die Schuldlosigkeit eines Abgemahnten an seiner Situation. Letzteres habt ihr mit einem Verweis auf Regeln untermauert, deren Befolgung vor unliebsamer Anwaltspost schützen könne. In vielerlei Hinsicht trifft dies ohne Frage zu. Dennoch ist manches im Netz doch weniger eindeutig, als man zunächst meinen möchte.
Ein Beispiel, um es ein wenig konkreter zu machen: Kann das Setzen eines Links auf ein tausendfach im Netz erhältliches Freeware-Programm zu Problemen führen? Wohlgemerkt, es geht um eine kostenlose Software, die nicht im Zwielicht irgendwelcher halbseidenen Tauschbörsen- und Filehosteraktivitäten zirkuliert, sondern auf Seiten wie Chip Online, netzwelt.de oder PC-Welt gerade in diesem Moment völlig legal zum Download angeboten wird. Bislang hätte ich diese Frage spontan verneint.
Aber nichts ist offenbar unmöglich – ein besonders krasser Fall aus den Niederlanden zeigt es. Wie webwereld.nl und Macworld berichten, hat dort ein Website-Betreiber aufgrund eines einfachen Links gerade mächtigen Ärger mit Real Networks. Die Älteren von euch werden sich erinnern: Real Networks ist Herausgeber des „RealPlayers“, der seit 1995 in diversen Versionen erschienen ist und in der Pre-Flash-Ära vor allem im Streaming-Bereich großflächig zum Einsatz kam. Heute spielt der RealPlayer kaum mehr eine Rolle – nicht nur durch die massenhafte Flash-Verbreitung, sondern auch aufgrund einer etwas merkwürdigen Geschäftspolitik des Unternehmens, welches sein Programm vor wenigen Jahren noch ungefragt mit hartnäckiger Adware auslieferte. In der Folge warnte damals etwa die Verbraucherschutzorganisation StopBadware generell vor einer Installation. Davon abgesehen ist mir persönlich aber auch dessen Schwerfälligkeit durch zahlreiche meist unnütze Zusatz-Features noch unangenehm in Erinnerung.
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Und dennoch gab es in den Anfangstagen des Internets eine Periode, in der kaum ein Stream ohne RealPlayer abzuspielen war, da das zugehörige Format einfach häufig genutzt wurde. Umso mehr freute ich mich, als ich irgendwann den kostenlosen „Real Alternative Player“ auf Basis des „Media Player Classic“ entdeckte. Dieser beherrschte ebenfalls die Wiedergabe der Real-Media-Dateien und tat genau das ebenso zuverlässig wie das Original. Und zwar nur das. Ohne sonstigen Schnick-Schnack und überflüssiges Gedöns. Natürlich sorgte dies bei Real Networks für wenig Begeisterung, denn das frei erhältliche Basisprogramm RealPlayer sollte auch dem Absatz der kostenpflichtigen Premium-Version RealPlayer Plus dienen. Darüber hinaus gelangte das US-Unternehmen zu der Ansicht, die Alternativ-Variante verstoße gegen Urheberrechtsbestimmungen und verletze geschützte Markenzeichen.
In diesem Zusammenhang kam Real Networks aus irgendeinem Grund auf die Website codecpack.nl und beantragte Anfang 2010 die Beschlagnahmung sämtlicher Computer des Betreibers Hilbrand Edskes und seiner Familie. Offenbar vermuteten die Amerikaner, Edskes stecke hinter Real Alternative. Ein Richter gab dem Ansinnen statt – gefunden wurde anschließend nichts. Das Verfahren lief jedoch weiter, denn Real Networks forderte nun Schadensersatz für einen Link, der von codecpack.nl auf eine externe Downloadquelle des Real Alternative Players führte. Obwohl Edskes auch diesen nachweislich sofort nach Beginn der gerichtlichen Untersuchung entfernte, blieb die Verlinkung offenbar noch einige Zeit zugänglich. Warum, ist nicht vollständig geklärt.
Für Real Networks ist dennoch allein Edskes für die angebliche Verzögerung verantwortlich. Deshalb soll der 26-Jährige nun einen Schadensersatz in Höhe von 210.000 Euro zahlen. Noch ist zwar nichts entschieden. Allerdings hat Edskes nach eigenen Angaben bereits jetzt schon über 66.000 Euro an Gerichtskosten berappen müssen und alle seine Ersparnisse aufgebraucht. Falls er den Fall verliert, kommen noch die Gebühren für den gegnerischen Rechtsbeistand hinzu – laut Webwereld.nl rund 75.000 Euro. Am 1. Dezember ist der nächste Verhandlungstag anberaumt – inklusive Vereidigung des Beschuldigten. Vielleicht klärt sich dann ja auch diese Frage: Warum steht Edskes für etwas vor Gericht, was andere unbehelligt tun dürfen? Ich hatte jedenfalls keine Mühe, gleich mehrere Links und Quellen für den Real Alternative Player zu finden.
Wer das Programm tatsächlich entwickelt hat, ist derweil offenbar unklar und den Gerichtsdokumenten zufolge wohl auch Real Networks nicht bekannt. Download-Seiten verweisen meist auf codecguide.com. Eine Whois-Abfrage verortet die Website in die USA, weitere Daten sind nicht einsehbar, da explizit geschützt. Wahrscheinlich kein Zufall: Die englische Wikipedia berichtet, Real Alternative sei bis Juli vorigen Jahres auf codecguide.com zu finden gewesen, dann aber quasi über Nacht verschwunden. Auch alle Hinweise auf die Freeware habe der Betreiber mit Pseudonym CodecGuru von der Seite entfernt und Nutzer, die im Forum danach fragten, sofort gesperrt. Klingt für mich ein wenig nach kalten Füßen.
Wie auch immer – die ganze Sache scheint mysteriös. Eine offizielle Stellungnahme wollen die Anwälte von Real Networks laut Macworld allerdings erst nach Abschluss des Verfahrens abgeben. Nichtsdestotrotz soll hier offenbar mit aller Macht ein Exempel statuiert werden. Bleibt zu hoffen, dass Edskes auf verantwortungsbewusste Richter trifft. Andernfalls muss der Niederländer womöglich zahlen – so absurd dies auch sein mag.
(Christian Wolf)
Sonst geht es aber noch? Was da in Amerika abgeht an sinnlosen Gerichtsverfahren ist doch nicht mehr normal…
American Way of Life 😀
Okay, RealNetworks verlagert das Geschäftsmodell also auch weg von der Gewinnerzielung mit Produkten zur Gewinnerzielung durch Gerichtsurteile.
RealPlayer… ich erinnere mich auch noch mit Schrecken. Ich würde ihn auch nie installieren. Ich besitze allerdings auch keinen Dinosaurierkäfig für den Fall, dass mir mal einer zuläuft.
„Obwohl Edskes auch diesen nachweislich sofort nach Beginn der gerichtlichen Untersuchung entfernte, blieb die Verlinkung offenbar noch einige Zeit zugänglich. Warum, ist nicht vollständig geklärt.“ .. ohne Worte.
Sowas ist doch einfach nicht richtig.. -.-
Da darf man nur hoffen, daß in Deutschland alles so bleibt wie es ist, natürlich auch in Bezug auf Werbelinks. Ich würde nur ungern meine monatlichen Einnahmen durch diese Art von „Werbung“ verlieren.
Ich finde das einfach nur total unverschämt und dreist. Wenn dann müssten die gegen den Ersteller der Software vorgehen und selbst das würde ich noch asozial finden.
Zum Glück ist Real Networks in der Versenkung verschwunden und kein Schwein, außer ein paar geldgeilen Anwälten, kräht noch danach!
210.000 euro ist nicht richtig..
tja irgendwie möchte der Vorstand von RealPlayer ja auch TOP-Boni kassiern..er wird ja erfolg-orientiert bezahlt
Es ist der reinste Wahnsinn und es ist leider nur ein Beispiel von vielen. So lange Juristen Gesetzestexte so lange zwischen ihren Finger drehen, bis ein Ergebnis erreicht ist, das gegen jeglichen Menschenverstand verstößt, so lange müssen wir mit dieser Situation leben.
Leider haben unsere Richter nicht mehr den Mumm wirklich Recht zu sprechen und machen sich somit zu Sklaven der Rechtsverdreher. Jeder, der im Internet etwas schreibt oder eine eigene Seite betreibt, muß jederzeit damit rechnen in die Schußlinie eines solchen … zu geraten. Allein das Nennen eines Namens kann Persönlichkeitsrechte und/oder Urheberrechte wegen der nichterlaubten Nutzung eines Markennamens nach sich ziehen. Wie aber über das Kind sprechen, ohne dessen Namen zu nennen?
Bei diesem Fall sieht man wieder einmal, dass sich solche Firmen nur an kleine Webmaster herantrauen, weil diese nicht die finanziellen Grundlagen besitzen ihnen Paroli bieten zu können.
Meiner Meinung nach stimmt hier irgendetwas nicht… es ist unmöglich, dass jemand für einen externen Link verantwortlich gemacht wird.
Auch für das hosten einer Freeware, falls dies vom Urheber erlaubt wurde, ist nicht strafbar. Wenn der Betreiber nach einem Gerichtsbeschluss die Freeware erst ein paar Tage verzögert entfernt hat (wieso auch immer, Dummheit??) dann ist dies trotzdem nicht dermaßen strafbar.
Ich erkenne hier absolut nichts strafbares. Wurde hier im Bericht etwas vergessen?
Wenn nicht, ist mir völlig klar, wie dieses Gerichtsverfahren ausgehen wird…
Ich glaube nicht, dass es hier um strafbare Handlung geht (öffentliches Recht), sondern um Schadensersatzansprüche (Zivilrecht). Und da gilt das Verursacherprinzip.
Das ist weder in Deutschland noch in Usa. Merke: Das ist in Holland! Aber auch da ist gesunder Gerechtigkeitssinn vorhanden, auch in einem Prozess mit US-„Prominenz“. Das wird Real klar sein und die Kosten als gerechtfertigt für die PR ansehen. Trotzdem ’ne Schweinerei!
Man könnte meinen, das die Welt langsam verrückt wird. Denken die Leute nicht mehr für keine 2 cent nach?
Ziemlich harte Geschichte. Ist bekannt, ob der Angeklagte nur ein schlechtes oder gar kein Impressum/Disclaimer hatte? Das sollte doch genau vor so etwas schützen…
Da fragt man sich wirklich, ob die Welt nicht wichtigere Probleme zu lösen hätte… traurig.
„Ist bekannt, ob der Angeklagte nur ein schlechtes oder gar kein Impressum/Disclaimer hatte? Das sollte doch genau vor so etwas schützen…“
Ein Disclaimer nützt genau gar nichts. Zumindest hier ist das so und das dürfte nebenan auch nicht anders sein.
Die Real-Anwälte von akd.nl haben Mitte 2010 auch eine ganze Reihe von Download-Sites angeschrieben. Meine Beobachtung war dabei, dass alle deutschen Sites sofort reagiert und die Links entfernt haben, ausländische hingegen nicht, was natürlich mit der berechtigten Angst vor Abmahnern zu tun hat.
Dass so ein Fall auch in Deutschland überhaupt nicht abwegig ist, zeigt der Fall Heise vs. Musikindustrie http://www.heise.de/Dokumentation-Heise-versus-Musikindustrie-437717.html
Zu dem Zeitpunkt hatten alle Gerichte gegen Heise geurteilt, zum Glück hat kürzlich aber das Bundesverfassungsgericht zugunsten von Heise entschieden, so dass dieses Thema hoffentlich vom Tisch ist.
Interessanter Post.
Ich wurde früher auch von Rash-Anwälten wegen ein Musik-Link von meinen Forum abgemahnt. Ich sollte 25.000€ zahlen… habe aber mit vielen widersprüchen dagegen angekämpft und gewonnen. Erst dann hat es sich herausgestellt das Rash-Anwälte Serienabmahner sind.
Würde gern mehr Beitraege zu der Thematik sehen…
MfG
Man sollten die Piraten zur Macht lassen, dann wird das Internet wieder freier!
Einfach unglaublich wie sich heutzutage das Internet so rechtlich enwickelt hat…(ich glaub ist nur in deutschland so)… ein Kumpel von mir hatte früher in seinen Forum ein Link zur Kino.to und irgendwelche Anwälte haben ihn gefordert 5.000€ dafür zu bezahlen!!! Ich finde das es eine frechheit ist!!! Was soll man aber dagegen machen, ? Wir lebe schließlich in ein Rechtsstaat!
Gruß
Viele ignorieren solche Abmahnung und nach der Zeit mit Erfolg, viele gehen dagegen auch rechtlich vor… hauptsache nicht blind bezahlen! darauf warten die auch von 100 abmahnungen werden 10 blind bezahlen und es lohnt sich für die 😉
Gruß
NiAl sehr groß