Ich habe in den vergangenen Tagen mit einigen SEOs und Website-Betreibern gesprochen. Die meisten loben, dass Google beim Update seines Such-Algorithmus‘ („Panda-Update“) augenscheinlich schlechte Inhalte abgestaft hat. Durchaus ein Gewinn für die Inhalte im Netz. Aber daneben gibt es eben auch Verlierer und weiterhin Ungereimtheiten. Einer der Verlierer ist Arie Struik, Gründer der unabhängige Produktvergleichsseite alaTest. „Wir haben seit dem Panda-Update 30 bis 35 Prozent weniger Besucher, von einem auf den anderen Tag“, sagte er mir am Dienstag in einem Telefonat. In einer ersten Statistik von Sistrix nach dem Panda-Update rangierte alaTest auf Platz 2 der größten Verlierer, beim Sichtbarkeitsindex mit einem Verlust von 70 Prozent.
Ganz so schlimm sei es nicht, versichert Struik, aber er kann den Grund einfach nicht nachvollziehen. „Ich kenne mich auch mit Suchmaschinen aus. Wir sind die Liste durchgegangen, die Google dazu veröffentlicht hat.“ Man habe nichts gefunden, womit man den Suchriesen gegen sich hätte aufbringen können. Alles sei darin umgesetzt. Struiks einzige Erklärung dafür: „Seit Google mit Product Search eine eigenen Preisvergleichsseite gestartet hat, sind wir und andere Preis – und Produktvergleichsseiten zur Konkurrenz geworden.“ Besonders pikant dabei: Laut Struik hat Google in den vergangenen Jahren eng mit alaTest zusammengearbeitet, war an der Technik des schwedischen Anbieters interessiert. Hilfe ist nun nicht mehr gefragt. Struik beklagt vor allem, dass es bei Google keinen Ansprechpartner gibt, den er dazu fragen kann. Schlimmer betroffen sind allerdings einige andere kleinere Preisvergleichsseiten und Anbieter.
„Google Product Search wäre vom Panda abgestraft worden“
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Eine wie der ebenfalls von Schweden aus operierende Preisaggregator Testfreaks, den es auch in einer deutschen Version gibt. Unternehmenschef Kristofer Arwin schrieb mir:
„Ja, wir sind getroffen worden. Wir haben ungefähr 80 Prozent unseres Traffics verloren. Unser Angebot steht in vielen verschiedenen Sprachen und Lokalisierungen zur Verfügung. Testfreaks.com war die erste der Sites, die getroffen wurde, und jetzt da Panda in anderen Märkten und Sprachen ausgerollt wurde, hat es uns komplett erwischt. Es fühlt sich an wie Scheiße.“
Arwin gibt zu, dass seine Seite ein Aggregator mit wenig Originalcontent sei. Etwas, was Google mit dem Update seines Algorithmus‘ prinzipiell abstrafen wollte. „Aber deswegen sind unsere Inhalte nicht automatisch schlecht.“ Testfreaks ist ein Aggregator wie Googles noch recht junge eigenen Produktsuche Google Product Search. „Würde Google seine Maßstäbe bei sich selbst anwenden, wäre Product Search vom Panda-Update massiv abgestraft worden“, fasst alaTests Arie Struik es zusammen. Arwin formuliert es so: „Unser Problem ist, dass Google das Argument ‚Website mit wenig eigenem Inhalt‘ als Argument nimmt, um uns rauszufiltern. Dabei ist der wahre Grund ist, dass sie einen Konkurrenten loswerden wollen.“
Auch Blogger unter den Verlierern
Ein deutscher SEO, der mehrere Websites betreut und mich bat, seine Identität geheim zu halten, meldete sich gestern bei mir: „Meine sauberste Domain hat es getroffen.“ Er schreibt:
„Ich bin hauptberuflicher SEO und die Domain um die es sich handelt ist wirklich sehr, sehr sauber. Ausschließlich KEIN Duplicate Content. Alle Artikel gut recherchiert und geschrieben – mit vielen, einzigartigen und sehr spezifischen Fachinformationen. (…) Die Site besteht aus 2 WordPress Installationen, einem Woltlab Board mit 13.000 Beiträgen und einer – jetzt kommt’s – großen Foto-Galerie mit ca. 3.000 Fotos.“
Einfach ändern lässt die wahrscheinliche Ursache sich auf die Schnelle nicht, da die Software für die Galerie von einem externen Anbieter stammt, der selbst erst einmal auf den Trend reagieren muss. Zumindest ahnt der SEO, dass es an der Foto-Galerie liegen könnte, und kann dort ansetzen. Testfreaks und alaTest haben diese Möglichkeiten nicht, wenn sie nicht mal eben ihr Geschäft zu Gunsten Googles aufgeben wollen. Und da hängen Arbeitsplätze dran – im Falle von alaTest zum Beispiel 55.
Matthias Bachor von Searchmetrics und dem Meinungs-Blog hat auch einige (nicht alle!) Blogger unter den Verlierern ausgemacht, während viele Verlagserzeugnisse jetzt besser zu finden sind. Von Stereopoly hatten wir euch schon berichtet. Warum Blogs verloren haben, ist noch nicht ganz klar. Im Hinterkopf behalten sollte man dabei, dass Google mit seinem Dienst OnePass bei Verlagserzeugnissen Kasse machen will, wofür Blogs kaum in Frage kommen dürften.
Regulierung notwendig
Struik sieht dem ganzen noch recht gelassen entgegen. Seine Website ist nicht alleine auf Sichtbarkeit angewiesen, alaTest verkauft auch die Technik hinter der Verknüpfung von Kundenmeinungen und Produkten an andere Preisvergleiche und Onlineshops wie Redcoon. Redcoon ist in Googles Product Search nach wie vor prominent platziert – mit dem Content der abgestraften alaTest-Seite. Kleinere Shops haben nun die Möglichkeit, ihre bisherige Werbung zu entfernen, das Google-freundliche Adsense zu verwenden oder sich mit AdWords-Anzeigen, die in Product Search unterhalb der Vergleiche erscheinen, zurück ins Geschehen zu kaufen. Daran verdient vor allem: Google.
Ein oft vorgebrachtes Argument, Google sei keine übergeordnete Instanz, sondern ein Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht und dürfe deswegen machen, was es will, muss ich widerlegen. Google ist bei der Suche in Deutschland mit rund 90 Prozent Marktanteil quasi Monopolist. Hier scheint eine Regulierung immer notwendiger zu werden. Ich habe Google-Deutschland-Sprecher Stefan Keuchel am Dienstag mit den Vorwürfen konfrontiert, aber bislang keine Antwort erhalten. Aber es ist ohnehin schwer, bei Google in dieser Sache einen Verantwortlichen auszumachen. Arie Struik gibt sich derweil kämpferisch: „Ich muss mich jetzt nach Alternativen umsehen. Aber ich bin mir sicher, dass wir es auch ohne Google schaffen.“
(Jürgen Vielmeier)