Morgen hat er also seinen runden Geburtstag – der gute alte PC. Er wird 30 und erreicht damit ein Alter, das oft mehr gefürchtet als ersehnt wird. Und er ist genauso alt wie ich. Seit ich ungefähr 12 war, verbrachten wir unzählige Stunden miteinander. Damals kam er erstmals zu mir nach Hause. Die Mauer war wenige Jahre zuvor gefallen und auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gab es plötzlich all die bunte Unterhaltungselektronik zu kaufen, die zuvor unerreichbar schien. Aber eigentlich stimmt das gar nicht – jedenfalls nicht ganz. Denn erstens hielt zunächst ein C64 bei mir Einzug und zweitens war mein erster PC, ein 486 SX-25, ein trüb-anmutender grauer Kasten.
Ich erinnere mich noch gut, wie ich das Teil auspackte und nach dem Start ratlos auf den Bildschirm starrte. All die mühsam erlernten Kommandos, die mir auf meinem C64 das Spielen von Klassikern wie Giana Sisters, Falcon Patrol oder Vermeer ermöglichten, brachten mich hier nicht weiter. MS-DOS? Nie gehört. Nach und nach freundeten wir uns dann aber doch an. Denn mein erster PC hatte einiges zu bieten. Immerhin war in dem 25-Megahertz-Geschoss eine 120-MB-Festplatte und eines der ersten CD-ROM-Laufwerke mit „Single-Speed“ verbaut. Zwar ließ mich die Qualität der beigelegten blauen CD mit dem Aufdruck „Top-Shots Volume 1“ mit dutzenden grottenschlechten Spielen schnell am Sinn des runden Mediums zweifeln, gleichwohl hatte es wiederum unbestreitbare Vorteile, bei Installationen nicht mehr 20 Disketten nacheinander in ein laut ratterndes Laufwerk schieben zu müssen.
Und die Silberscheiben waren auch ein wenig robuster. Disketten gaben trotz vorsichtigster Behandlung oft ohne erkennbaren Grund ihren Geist auf. Das Laufwerk ratterte dann noch lauter als sonst, bis irgendwann „Read Error“ auf dem Bildschirm erschien und mir klarmachte, dass das mit dem neuen Spiel heute wohl doch nichts mehr wird. Einmal habe ich sogar einen per Hand geschriebenen Brief (!) an Logitech geschickt, weil die Treiberdiskette meiner gerade gekauften Maus defekt war. Nach einigen Tagen kam dann ein Entschuldigungsschreiben inklusive Ersatz. Ansonsten surften wir mit unseren 14.4-Modems neugierig in den örtlichen Mailboxen herum und luden fasziniert erste kleine Programme herunter.
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Später migrierte ich zu einem PC mit dem damals brandneuen Intel Pentium-Prozessor. Gebannt saß ich vor dem damals in Dauerrotation laufenden TV-Werbespot und stellte mir vor, was ich mit einem so schnellen Computer wohl alles tun könnte:
Irgendwann war es dann soweit und der altersschwache 486 musste einem Pentium 60 mit Matrox-Grafikkarte, 512 MB Festplatte und Windows 95 weichen. Freunde von mir waren hingegen der Meinung, dass OS/2 Warp von IBM viel besser sei. Einigen konnten wir uns nur darauf, dass ein Betriebssystem irgendwie 32-Bit sein muss – ohne zu wissen, was das genau sein soll. Mehrere Aufgaben ohne Warterei gleichzeitig erledigen können – etwa Drucken und Schreiben – das schien uns aber fast revolutionär. Auch hier erinnere ich mich gut an einen Werbespot der Zeit, in dem IBM genau diese Vorzüge offensiv anpries. „Für unter 200 Mark“.
Wenige Jahre danach gab es nur noch „OS/1“ – nämlich Windows. Die OS/2-Verfechter in meinem Freundeskreis hatten ihr IBM-Experiment längst beendet. Windows 98 galt uns als „State of the Art“ – trotz Abstürzen, Bluescreens und Ärger mit nervigen Treiberinstallationen. Und das Internet – genauer gesagt AOL – war unser neuer Lieblingsspielplatz. Damals gab es überall CDs mit 50 Surf-Freistunden, von denen man mit ein paar Tricks gleich mehrere hintereinander nutzen konnte. Mit stundenlangem Chatten waren die Stunden aber schnell verbraucht und die Telefonrechnung stieg rasant. Einmal auf über 500 Mark. Meine Eltern waren wenig begeistert.
Rund 5 Jahre später investierte ich rund 1.000 Mark meines während des Zivildienstes gesparten Geldes in einen AMD-PC mit einem „Thunderbird“-Prozessor. Windows XP kam kurze Zeit danach auf den Markt und nach anfänglichem Zögern fand ich es wirklich klasse. Allein, dass der Sound sofort nach der Installation lief, war Grund genug, umzusteigen. Gleichzeitig tobten zwei neue Kämpfe in der PC-Welt: AMD vs. Intel und ATI vs. Nvidia. Die jeweiligen Lager standen sich unversöhnlich gegenüber und hauten sich gegenseitig mit Freude aktuelle Benchmarks um die Ohren, die ihre Überlegenheit beweisen sollten. Ein PC – das war eben nicht nur eine Kiste mit Platinen und Kabelsträngen. Das war echte Emotion.
Tja, und heute klingt das alles ein wenig wie aus einem fernen Land vor unserer Zeit. Selbst IT-Pioniere wie IBM rufen längst die Post-PC-Ära aus. „Auch wenn PCs weiterhin viel genutzte Geräte bleiben, zählen sie nicht mehr zur führenden Computertechnologie. Sie werden den gleichen Weg beschreiten, wie Elektronenröhren, Schreibmaschinen, Vinyl-Schallplatten, CRT-Monitore und Glühbirnen“, schrieb etwa IBMs „Chief Technology Officer“ Mark Dean gestern unmissverständlich bei „A Smarter Planet“.
Ja, mit 30 kann man sich eben doch schon ganz schön alt fühlen. Dennoch: Alles Gute, grauer Kasten und noch viele schöne Jahre!
(Christian Wolf; Bild: LexiDolad / pixelio.de)