Hier im wunderschönen Rheinland gibt es Lebensweisheiten, die sich wunderbar aneinanderreihen lassen: „Et kütt, wie et kütt“ gilt eigentlich immer, „Et hätt noch schlimmer kumme künne“ sagt man, wenn einem etwas Unangenehmes passiert ist. Die pessimistischere Auslegung davon gilt heute für Nokia: „Pass up du. Et kütt noch schlimmer.“ Dass sich der finnische Hersteller für Mobilgeräte in der Umbruchphase befindet, haben die meisten Fans mitbekommen. Dass der Chef selbst nicht mehr an das derzeit einzige noch eingesetzte mobile Betriebssystem Symbian glaubt, hat er im Frühjahr bestätigt. Bis Windows Phone 7 das System der Zukunft wird, dauert es noch bis zum Ende des Jahres, und selbst das wird schon schwer genug.
Auf dem steinigen Weg dahin bleibt Nokia nichts erspart, auch nicht das heute vorgestellte, fatale neue Ergebnis des zweiten Geschäftsquartals 2011. Für euch interessant: Nokia verkaufte im zweiten Quartal nur noch 16,7 Millionen Smartphones und 71,8 Millionen einfache Handys (Feature Phones). Das ist ein Rückgang um 34 und 16 Prozent. Damit fallen Nokias Verkaufszahlen von insgesamt 88 Millionen Mobilfunkgeräten erstmals seit langem unter die 100-Millionen-Marke. Auch der Umsatz ist rückläufig: Nur noch 9,3 statt im Vorjahresquartal 10 Milliarden Euro. Der operative Verlust beläuft sich auf 490 Millionen Euro.
Apple überholt Nokia
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Der Witz ist, dass das sogar noch besser ist als von den Analysten erwartet. Die Nokia-Aktie kletterte gar. Grund war eine unplanmäßige und nicht unerhebliche Zahlung von Apple an Nokia im dadurch beigelegten Streit um Patentrechte. Stephen Elop beschönigte nichts, was nicht mehr zu beschönigen ist, betonte aber, dass man zumindest schon einmal die Weichen für eine bessere Zukunft gestellt habe. Dass es abwärts gehen würde, ist bekannt. Von daher will ich jetzt nicht „Jehova“ schreien, auch wenn von Nokia nicht mehr viel übrig bleiben wird, wenn man nicht bald die Wende schafft. Gerade bei den Smartphones dürfte es schlimmer aussehen als erwartet.
Und vor allem psychologisch dürften die Finnen eine wichtige Marke unterschritten haben: Im Markt, der doch eigentlich ein Wachstumsmarkt sein sollte, hat Nokia aufgrund der hohen Verluste erstmals die Spitzenposition an Apple abgeben müssen. Nokias 16,7 Millionen verkauften Smartphones stehen 20,3 Millionen iPhones im etwa gleichen Zeitraum gegenüber. Samsung zog mit 19,5 Millionen verkauften Smartphones zur gleichen Zeit ebenfalls am bisherigen Marktführer vorbei. Nokia ist also im Umbruch. Wenn man das weiß, könnte man eigentlich ruhig bleiben. Und der kürzlich vorgestellte, sehr attraktive Ausflug in die MeeGo-Region dürfte bewiesen haben, dass Nokia es noch kann. Allerdings zeigen die Ergebnisse ganz klar, dass der gewählte Kurs mit Windows Phone 7 auf jeden Fall der richtige sein muss. Geht die Strategie nicht auf, dürfte es das gewesen sein mit Nokia.
(Jürgen Vielmeier, Bild: Nokia)