Als ich vorhin die Mitteilung eines Forscherteams der Universität Exeter das erste Mal las, dachte ich spontan an einen nett gemachten Scherz: Die Ingenieure der britischen Hochschule erklären darin, den weltweit ersten 3D-Schokoladendrucker entwickelt zu haben. Ich stellte mich innerlich schon darauf ein, dass gleich jemand „April, April“ ruft und laut lachend mit dem Finger auf mich zeigt.
Warum? Mit surrealer Euphorie verkünden hier ernstzunehmende Wissenschaftler einer Universität an der Zukunft der Geschenkeindustrie zu arbeiten. Sowohl für Herstellung als auch Verkauf sei das Projekt – man höre und staune – ein „dringend benötigter Schub“. Ok, womöglich habe ich die Klagen einschlägiger Unternehmen ja bislang einfach nicht wahrgenommen und dieser „Schub“ ist tatsächlich überfällig. Andererseits steht der Untergang der Pralinenkonzerne dann offenbar doch noch nicht direkt bevor. Schließlich soll das Gerät erst „langfristig“ von Kunden dazu genutzt werden können, eigene Schokoladenträume zu realisieren.
Wirklich stutzig machte mich aber etwas anderes. So wird die Entwicklung des Schokoladendruckers doch tatsächlich vom „Engineering and Physical Sciences Research Council UK“ (EPSRC) finanziert – einer staatlichen Einrichtung zur Förderung von Forschung und Entwicklung in Naturwissenschaften und Ingenieurtechnik. Jährlicher Etat: die Kleinigkeit von mehr als 850 Millionen britische Pfund. Werden hier also wirklich öffentliche Gelder für die Modellierung flüssiger Kakaomasse ausgegeben? Griechische Verhältnisse auch in Großbritannien?
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Um es vorweg zu nehmen: Ganz so ist es nicht. Denn die Süßigkeit spielt hier zunächst offenbar die gleiche – wenn auch assoziativ angenehmere – Rolle, wie die berühmte blaue Ersatzflüssigkeit in der Fernsehwerbung und demonstriert vor allem die Möglichkeiten des Apparates. Man habe Schokolade insbesondere deshalb ausgewählt, weil sie jederzeit verfügbar, ungiftig und billig, in der Verarbeitung aber sehr anspruchsvoll sei, erklärte der leitende Wissenschaftler Dr. Liang Hao. Wie der Herstellungsprozess dabei im Einzelnen vonstatten geht, soll ein Video vermitteln; leider sieht man die Maschine während des gesamten Beitrages nie wirklich in Aktion. Womöglich liegt das aber ebenfalls an der Komplexität des süßen Objekts: Die Masse benötige genaue Hitze- und Abkühlungszyklen, die für die Herstellung des 3D-Modells zudem mit der passenden Konsistenz und Fließgeschwindigkeit kombiniert werden müssten, so Hao. Man habe diese Schwierigkeiten durch Entwicklung neuer Temperaturkontrollsysteme aber überwinden können.
Die gewonnenen Erfahrungen sollen nun als Grundlage bei Nutzung und Verarbeitung anderer Materialien wie etwa flüssiger Kunststoffe oder Metalle dienen. Der Forscher glaubt, dass sich in Zukunft viele verschiedene Produkte auf diese Weise herstellen lassen – von Schmuck bis hin zu einfachen Haushaltsgegenständen. Die Einheitsoptik der Massenproduktion soll dann der Vergangenheit angehören. Vorerst bleibt aber noch die Schokolade der Mittelpunkt aller Anstrengungen. Geplant ist, Kunden über ein Online-Interface das Hochladen eigener Entwürfe zu ermöglichen, die dann produziert und verschickt werden. Dass davon abgesehen jeder in Kürze seine Zahnbürste selbst designt, kann ich mir aber kaum vorstellen. Schließlich gibt es 3D-Drucker nicht erst seit gestern. Oder was meint ihr?
(Christian Wolf)