So herum geht’s auch: Dass die Klatschpresse dazu in der Lage ist, Existenzen zu zerstören, wissen wir alle. Dass Promis den Spieß aber auch umdrehen können, bewies jetzt Schauspieler und Webunternehmer Ashton Kutcher. Der Nachfolger von Charlie Sheen in der Comedyserie „Two And a Half Men“ hat Ende vergangener Woche seinen Einfluss dazu benutzt, um die Fluggesellschaft American Airlines zum Rückzug von Anzeigen auf der Website der Postille „Village Voice“ zu bewegen. Vorausgegangen war ein Kleinkrieg zwischen Kutcher und dem Magazin.
„Village Voice“ hatte Ashton Kutchers Kampagne gegen Kinderprostitution und Menschenhandel belächelt. Die Kampagne sei lachhaft und die von Kutcher und seiner Frau Demi Moore vorgebrachte Zahl von jährlich 100.000 bis 300.000 Fällen von Missbrauchs an Kindern in den USA maßlos übertrieben. Statistisch belegt seien vielmehr 827 Fälle jährlich. „Village Voice“ titelt deswegen: „Echte Männer legen echte Fakten auf den Tisch“. Zu viel für Kutcher: Er schlug mit zweifelhaften Methoden zurück und hatte damit Erfolg.
Kutcher suchte sich die aktuellen Werbekunden von „Village Voice“ und ihrer Website heraus und schrieb diese direkt via Twitter an. Darunter finden sich Werbekunden wie Disney, Dimono’s, die Columbia University – und American Airlines. Letzterer schrieb Kutcher via Twitter:
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Hey, American Airlines, seid ihr euch darüber im Klaren, dass ihr auf einer Website werbt, die Menschenhandel (Sklaverei) unterstützt?
Der Twitter-Beauftrage der Fluggesellschaft fiel offenbar aus allen Wolken, als er das las, twitterte zurück, man werde sich sofort darum kümmern. Kurze Zeit später twitterte Kutcher eine Direktnachricht von American Airlines, man habe die Online-Werbung von der Village-Voice-Website genommen. Ob die anderen Unternehmen ähnlich reagierten, ist bislang nicht bekannt. „Village Voice“ hat inzwischen zu Kutchers Wut-Tweets Stellung bezogen. Kutcher selbst hat versucht, die von ihm genannten Zahlen zu verifizieren.
Kutcher war der erste, der auf Twitter mehr als 1 Million Follower erreichte. Inzwischen folgen 7 Millionen Menschen seinem Account, darunter eben auch Größen der Wirtschaft. Kutcher ist daneben erfolgreicher Investor für Internet-Startups wie dem privaten Wohnungsmarkt Airbnb. Sein Schuss gegen „Village Voice“ scheint mir allerdings zu weit über das Ziel hinaus zu schießen. Kritik muss man nicht mögen, aber gleich zu versuchen, dem Kritiker mit Falschaussagen die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen, ist harter Tobak. Auf jeden Fall zeigt es, dass Social Media einigen Promis reichlich Einfluss verleiht. Vorbei die Zeit, in der man alleine auf die Presse angewiesen war.
(Jürgen Vielmeier, Bild: „Village Voice“)