Freuen wir uns zur Abwechslung doch einfach mal. Ich gebe zu, ich hab in den vergangenen Tagen und Wochen ordentlich auf die Großkonzerne eingetreten. Dass Google, Apple, Facebook und einige wenige weitere uns ihre eigene Vorstellung vom Internet aufdrücken wollen, externen Entwicklern das Leben schwer machen. Und, dass am Ende alles was sich um Inhalte des mobilen Webs dreht, auf irgend eine Weise von Unternehmen mit massivem Profitstreben kontrolliert werden wird. All das kann so kommen und es wäre keine erfreuliche Entwicklung.
Allerdings unterstellten viele von euch mir sicher nicht zu Unrecht, ich würde den Teufel an die Wand malen und die Vorteile der Entwicklung nicht sehen. Denn es gibt noch die andere Seite der Medaille. Und wenn man sich die einmal aus der Nähe betrachtet, müsste man eigentlich aufspringen und jubelnd auf der Straße tanzen: Denn eine derart große Auswahl an konkurrenzfähigen Betriebssystemen wie zur Zeit hat es noch nie gegeben.
Es wird noch ein Weilchen dauern, bis alle Ökosysteme in voller Blüte stehen. Dann aber werden wir bei Tablets und Smartphones die Wahl zwischen gleich mehreren Systemen haben. Und auch wenn einige davon sicher wieder vom Markt verschwinden werden: Auf lange Sicht dürften sich drei, vier oder mehr Plattformen behaupten können. Hier ein Überblick über die wichtigsten ihrer Zunft.
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Google Android – das Funktionelle
Wer schreibt, dass Android das Windows von heute sei, der meint damit, dass praktisch jeder dafür Software schreiben kann und Google nicht groß kontrolliert, was auf die Plattform darf und was nicht. Und, dass jeder Hardware-Hersteller Android auf seinen Geräten installieren darf. Was die Verbreitung von Android angeht, zeigt sich schon jetzt, dass der Siegeszug nicht zu stoppen sein wird. Google bietet bislang noch unterschiedliche Versionen seines mobilen Betriebssystems an: Aktuell sind die Versionen 2.3 (Gingerbread) für Smartphones und 3.1 (Honeycomb) für Tablets. Die kommende Version „IceCream Sandwich“ soll beides vereinen.
Apple iOS, das Edle
Der mobile Pionier iOS kommt nur auf Apples eigenen mobilen Geräten (iPhone, iPad, iPod touch) zum Einsatz. Der App Store bietet bislang die größte Auswahl an Apps, allerdings entscheidet Apple, was auf die Plattform darf und was nicht. Der Hersteller positioniert sich als Edelanbieter für Unterhaltung und legt für seine Geräte viel Wert auf eine Integration von Inhalten (Musik, Videos, Zeitschriften) über den eigenen Online-Kiosk. Im Herbst soll die verbesserte Version iOS 5 erscheinen:
Microsoft Windows Phone 7/Windows 8 – das Gekachelte
Lange Zeit schien Microsoft den mobilen Trend zu verschlafen. Letzte Ankündigungen deuten aber an, dass man viel in Forschung und Entwicklung investiert, um den Rückstand aufzuholen: Im Mango-Update für das Smartphone-System Windows Phone 7 sollen Apps an Bedeutung verlieren, dafür sollen Cluster Themenbereiche wie Musik über App-Grenzen hinweg bedienen. Windows 8 für Tablets, das im kommenden Jahr erscheinen soll, wird sich optisch und strategisch daran anlehnen. Vor allem die gewagte Kooperation mit Nokia soll Microsoft zurück ins Geschäft bringen.
HP Web OS – das Elegante
HP hat das System WebOS von Palm übernommen. Die Version 3.0 soll sowohl auf dem Tablet TouchPad, als auch auf Smartphones wie dem Pre 3 eingesetzt werden. Für andere Smartphones ist noch die Version 2.2 aktuell. Um die Reichweite des Nischensystems zu erhöhen, kann sich HP-Chef Leo Apotheker vorstellen, WebOS für andere Hardware-Hersteller wie HTC zu lizenzieren. Das wäre begrüßenswert, denn WebOS gilt als Schmuckstück unter den mobilen Betriebssystemen. Wenn nur die schlechte Verfügbarkeit gängiger Apps nicht wäre…
Blackberry OS und QNX – fürs Geschäftliche
Blackberry-Hersteller RIM setzt auf seinem Tablet PlayBook erstmals auf das System QNX, das auch Android-Apps unterstützt. Aktuelle Smartphone-Systeme sind Blackberry OS 6 und 7. Während RIM im Privatkundenbereich den Anschluss fast schon verloren hat, hat man gerade im Business-Segment nach wie vor eine große Anhängerschaft. QNX soll langfristig auch das Blackberry OS auf Smartphones beerben. Bis dahin werden aber noch ein paar Jahre ins Land ziehen.
Symbian – das Auslaufmodell
Es ist auf Abschiedstour: Nokias System Symbian soll schrittweise durch Windows Phone 7 ersetzt werden. Der endgültige Ausstieg soll allerdings nicht so schnell erfolgen: der Support wird wohl erst 2016 eingestellt. Bis dahin will Nokia noch 150 Millionen Symbian-Geräte verkaufen, gerade in der unteren Preisklasse. Und viele werden noch mit dem Retro-System arbeiten müssen, was im Vergleich zu anderen Systemen nur bedingt Spaß macht – obwohl das Update „Anna“ (im Bild oben), das noch in diesem Jahr erscheinen soll, nicht unattraktiv aussieht.
Bada – der schlafende Riese
Dann wäre da noch Bada, die Eigenentwicklung des südkoreanischen Herstellers Samsung, der inzwischen in Westeuropa Marktführer ist. Samsung will Bada im Augenblick hauptsächlich für die untere Preisklasse einsetzen. Für höherpreisige Smartphones setzt Samsung auf Android und Windows Phone 7, bei Tablets auf Android. Aber immerhin: Bada lebt, ist gar kein übles System und Samsung könnte sich vorbehalten, den Riesen zu wecken, wenn Bedarf besteht.
MeeGo – der Außenseiter
Zu guter Letzt gibt es noch MeeGo, eine Initiative, die von Intel und einigen kleineren Tablet-Herstellern getragen wird, wie dem deutschen WeTab-Anbieter 4tiitoo. Die Anbieter wollen an der Nischenlösung festhalten, MeeGo außer in Tablets auch in KFZ-Steuerkonsolen, Smart TVs, Netbooks und Bildtelefonen zum Laufen bringen. Trotz Intels Bekunden, an dem System festzuhalten, halte ich MeeGo trotzdem für den größten Wackelkandidaten unter den genannten Systemen. Angesichts der höheren Verbreitung von iOS, Android und den anderen werden die Entwickler in erster Linie Apps dafür entwickeln und für MeeGo zuletzt. Eine Weile wird das Projekt aber mit Sicherheit noch bestehen bleiben.
Das sind die wichtigsten (und noch nicht einmal alle) Systeme für Smartphones und Tablets. Netbooks haben wir hier sogar außen vor gelassen, wo ihr neben Windows 7, Google Chrome OS (auf Chromebooks), Joli OS, Ubuntu und einigen weiteren noch weitere Auswahl habt. Aus dem Mozilla Labs kommt mit Webian künftig womöglich noch ein weiteres. Für Macs und MacBooks gibt es Mac OS X künftig in der Version 10.7 (Lion). Für PCs haben wir neben Windows 7 und Ende kommenden Jahres vermutlich Windows 8 noch diverse Linux-Distributionen zur Auswahl.
Na bitte, geht doch. Es ist nicht alles Gold, was glänzt, aber wir haben sie: die Wahl.
(Jürgen Vielmeier, Bilder: Linux Foundation (2), Google/Motorola, Apple, Microsoft, HP, RIM, Nokia, Samsung)