Es ist eigentlich immer von Vorteil, wenn man sich mit Menschen aus dem europäischen Ausland unterhält, weil man so (unter Umständen) auch mal Einblick in die Mobilfunkwelt unserer Nachbarn erhalten kann. Als ich am Dienstag in München war, um mich über das neue SMS-Konzept von mysms.com zu informieren, fiel ganz nebenbei auch der Name Bob. Die österreichischen Macher von sms.at wussten von Tarifen zu berichten, bei denen ich die Ohren nicht nur spitzen, sondern auch anlegen musste. Wieder einmal erwischte ich mich bei dem Gedanken: wie schön wäre es, in Österreich zu wohnen.
Gut, diesen Gedankengang möchte ich jetzt nur auf die örtlichen Mobilfunktarife übertragen wissen, aber wenn wir unsere Blicke mal in die benachbarte Alpenrepublik schweifen lassen, wird recht schnell deutlich, was in Sachen preiswerter Mobilfunk-Nutzung auch bei uns möglich sein könnte, ja, vielleicht sogar müsste. Und damit sind wir wieder bei Bob; der Billigmarke von der A1Telekom Austria. Ich will euch nicht mit Tarifinfos langweilen, aber schaut es euch einfach mal an, zu was für Spotpreisen nebenan in Österreich mit dem Handy telefoniert bzw. mit dem Notebook gesurft werden kann.
Fangen wir mit dem Sprachtarif bigbob an. Kostenpunkt pro Monat: 8,80 Euro. Dafür gibt es jeweils 1.000 Minuten (immerhin fast 17 Stunden) und 1.000 SMS in alle Netze Österreichs. Wer mal mehr telefoniert oder SMS schreibt, zahlt pro weiterer Gesprächsminute oder Kurzmitteilung 4 Cent. Nett!
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Noch ein bisschen spannender sind die Tarife für das mobile Internetsurfen. Ein Datenpaket mit 1 Gigabyte (GB) Surfvolumen wird für 4 Euro angeboten, wer 9 GB wünscht, ist mit 8,80 Euro dabei. Ganz ähnliche Tarife haben übrigens auch yesss, 3 oder auch – Achtung – T-Mobile Austria im Angebot. Wer sich diese Angebote anschaut, der versteht recht schnell, warum in Österreich immer häufiger klassische Festnetzanschlüsse gekündigt werden, um Telekommunikationslösung stattdessen mobil zu nutzen.
Zum Vergleich ein kleiner Blick zurück nach Deutschland: bei blau.de und simyo bekommt man beispielsweise für 4,90 Euro eine mobile Daten-Flatrate, die ab dem 101. Megabyte auf GPRS-Niveau gedrosselt wird. Ein Gigabyte HSDPA-Volumen kostet bei deutschen Mobilfunkern in der Regel zwischen 10 und 15 Euro. Und wenn es 5 Gigabyte werden sollen, sind – von Aktionsangeboten abgesehen – schnell 20 Euro und mehr fällig.
„Im Netz der Abzocker“
Was ich sagen will: theoretisch wäre insbesondere das Surfen in UMTS-Netzen zu deutlich günstigeren Konditionen möglich. Man muss seinen Kunden die entsprechenden Tarife nur anbieten wollen. Sicher, Telekom, Vodafone und Co. argumentieren immer wieder gerne, die eigene Netzinfrastruktur müsse vor Dauersurfern und den daraus resultierenden überfüllten Mobilfunkzellen geschützt werden. Doch wenn dem wirklich so wäre, dann verratet mir doch mal bitte, wie es die Österreicher in Wien Graz, Klagenfurt, Salzburg und Co. hinbekommen, dass die Mobilfunknetze auch mit wie oben aufgeführten Tarifen reibungslos funktionieren? Was uns in Deutschland immer wieder vermittelt wird, ist doch ganz offensichtlich Augenwischerei. Es geht um den Profit und nichts anderes. Den Mut, das klassische DSL-Geschäft mit günstigen mobilen Flatrates oder von mir aus auch bezahlbaren Volumentarifen anzugreifen, den hat in Deutschland bisher niemand. Liegt wahrscheinlich aber auch daran, dass echte (noch günstigere) Discount-Angebote von den vier deutschen Netzbetreibern nicht zugelassen werden, um keine Lawine loszutreten.
Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens auch ein aktueller Blog-Eintrag von Richard Gutjahr, der über die WLAN-Abzocke in Hotels berichtet. Wenn Richard schreibt, dass es heutzutage nicht mehr normal ist, wenn pro Internet-WLAN-Stunde 5 Euro und mehr fällig werden, sage ich: absolut richtig! Ich habe vor zwei Wochen die estnische Hauptstadt Tallinn besuchen dürfen und kann euch verraten: ein echtes WLAN-Paradies. Offene Hotspots an allen Ecken und Enden. Egal, ob in Hotels, in Kneipen, an öffentlichen Plätzen oder sogar am Flughafen. Großartig! Da macht insbesondere die Smartphone-Nutzung so richtig Spaß – auch wenn die Akkuleistung massiv drunter leidet.
In Deutschland geben wir zwar immer vor, schnelle Netze zu bauen und sicherlich kosten die auch viel Geld, was eine entsprechende Refinanzierung notwendig macht. Und trotzdem: So richtig auf der Überholspur sind wir in Sachen mobilem Internet verglichen mit anderen europäischen Staaten noch nicht angekommen. Das ist nicht nur schade, sondern auch ärgerlich. Denn es ginge viel mehr – wenn es denn gewollt wäre.
(Hayo Lücke)