Zum Einen, weil die Kollegen von Netzpolitik da wie immer am schnellsten waren. Natürlich waren sie das. Netzpolitik ist durch die Zensursula-Debatte erst groß geworden, hat die Debatte von Anfang bis Ende nicht nur begleitet, sondern vielmehr geführt. Jetzt sind sie praktisch am Ziel einer langen Reise. Das Web hat gewonnen, ohne Markus Beckedahl, sein Team und seinen organisierten Widerstand wäre es wohl nie dazu gekommen. Glückwunsch dazu!
Und dann aber auch, weil es zum Anderen nur noch eine Formalität war. Die Koalition hatte sich schon in ihrem Koalitionsvertrag im Oktober 2009 darauf geeinigt, das von der ehemaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen angestrengte Gesetz nicht umzusetzen. Jetzt hat man sich zumindest auf Bundesebene endgültig auf „Löschen statt Sperren“ geeinigt. Eine Meldung, die mir so logisch vorkam, als ich sie gestern Abend las, dass ich mich wundere, warum überhaupt jemand jemals etwas dagegen hatte. Sagt einem nicht schon der gesunde Menschenverstand, dass es besser ist, ein Feuer zu löschen statt einfach nur die Tür zuzuziehen und es weiter brennen zu lassen?
„Sieg der Vernunft“ – warum erst jetzt?
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Laut den Hightechverbänden Bitkom und eco verlaufe des Löschen kinderpornografischer Seiten so problemlos, dass eine Sperrung nicht mehr notwendig sei. Die Piratenpartei begrüßte das Ende der Sperren ebenfalls, wies aber noch einmal auf die „unglaubliche Polemik“ hin, mit der die alte, schwarz-rote Bundesregierung im Wahlkampf 2009 versucht hatte, ein Gesetz zur Sperrung des Internets durch das Parlament „zu peitschen“. Gänzlich beendet ist die Debatte noch nicht. Auf EU-Ebene gibt es weiterhin Bestrebungen, ein Gesetz zur Sperrung von Webseiten durchzusetzen. Das Ende der Pläne auf Bundesebene ist also ein Teilerfolg, aber ein wichtiger.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nannte es einen „Sieg der Vernunft„. Was also bleibt, sind eine Frage und eine Erkenntnis. Die Erkenntnis ist, dass das Web in den vergangenen Jahren politisiert worden ist. Einfache Menschen, die mit Politik davor wenig zu tun hatten, lassen sich so leicht nichts mehr vormachen. Und es gibt weitere Fronten, an denen gekämpft werden muss, etwa gegen die Vorratsdatenspeicherung und gegen ein mögliches Ende der Netzneutralität.
Die Frage ist: Wenn die Vernunft jetzt gesiegt hat, warum hat sie dann vor zwei Jahren im Wahlkampf so kläglich versagt? Warum setzt die Politik auf Ignoranz, wenn es darum geht, Wählerstimmen zu gewinnen? Man hätte doch auch mit einem Löschgesetz gegen kinderpornografische Websites Wähler für sich gewinnen können. Wir sollten also gewarnt sein: Die Schlacht ist gewonnen, der Krieg wird andauern. Spätestens im nächsten Wahlkampf wird die Vernunft wieder mit Füßen getreten werden. Seien wir vorbereitet.
(Jürgen Vielmeier)