Finde den Fehler im folgenden Satz: Facebook wird auf über 60 Milliarden US-Dollar bewertet, Twitter und Zynga auf knapp 10 Milliarden, Yahoo will Delicious für 1 bis 2 Millionen Dollar verkaufen, Groupon will 25 Milliarden an der Börse erzielen. Ist jemandem etwas aufgefallen? Dreimal ist von Milliarden die Rede, einmal von Millionen. Während den einen das Geld hinterhergetragen wird, soll ein anderer praktisch im Second-Hand-Laden verramscht werden. Nach dem Motto: Egal wie teuer, Hauptsache weg damit. Was bitte ist denn da bloß los?
Soziale Newsaggregatoren wie Reddit, Yigg und Mister Wong waren ein Paradebeispiel für Web 2.0, galten als die Zukunft und scheinen mittlerweile samt und sonders ins Altersheim abgeschoben zu sein. Bis auf eine Ausnahme: StumbleUpon hat kürzlich 17 Millionen Dollar in einer Finanzierungsrunde eingesammelt und gilt jetzt als größter Übernahmekandidat für Delicious. Was StumbleUpon anders macht als die anderen? Der Dienst ist seit einiger Zeit tief in Facebook integriert. Sprich: Das, worüber man stolpert (stumble), kann man direkt in dem Multimilliarden-Dollar-Netzwerk mit seinen Freunden teilen. An Facebook oder zumindest Twitter führt in Sachen Social offenbar kein Weg mehr vorbei.
Unsoziale Newsaggregatoren
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Davon ist Delicious derzeit meilenweit entfernt. Wenn StumbleUpon hier zuschlägt, dann wohl nur, um die Website direkt umzuleiten. Erst im Dezember hatte Marek an dieser Stelle darüber berichtet, dass Yahoo Delicious töten will. Später dementierten Gerüchten zufolge seien damals bereits alle Delicious-Mitarbeiter gefeuert worden. Der Dienst blieb online. Ziemlich genau fünf Jahre zuvor hatte Yahoo Delicious noch für einen Preis von rund 30 Millionen Dollar übernommen. Selbst das klingt im Vergleich zu heute kursierenden Summen niedrig. Delicious-Gründer Joshua Schachter soll davon immerhin 15 Millionen Dollar bekommen haben. Er verließ Yahoo rechtzeitig im Jahr 2008 und wechselte zu Google.
Passend zum prophezeiten Tod der Social-News-Aggregatoren platzte das US-Blog Techcrunch mit der Meldung dazwischen, dass Kevin Rose, Gründer des Delicious-Konkurrenten Digg, seinen Dienst selbst kaum noch nutze. Er sei jetzt lieber auf Twitter unterwegs. Digg hat innerhalb von fünf Monaten 33 Prozent seiner Nutzer verloren. Also alle Mann zu Facebook? Gegen soziale Newsaggregatoren könnte demnach sprechen, dass sie ironischerweise eben nicht sozial sind. Auf Delicious und Digg teilt man Links mit einer anonymen Masse, auf Facebook mit Menschen, die man kennt. Das ist ein Unterschied, der gemessen am Marktwert derzeit einen Faktor von 1.000 ausmacht. Erleben wir hier gerade einen Web-Generationswechsel? Es sieht ganz danach aus.
(Jürgen Vielmeier)