Entlausung: Twitter hat am vergangenen Freitag alle Twitter-Clients der Firma UberMedia kurzerhand vorübergehend gesperrt. Betroffen waren davon unter anderem die Software TweetDeck, die wir auch für den Twitter-Account von Basic Thinking nutzen, sowie verschiedene andere Clients, die auf Twitter zugreifen. Offengründig soll UberMedia gegen Markenrechte und Regeln verstoßen haben. Tatsächlich dürfte es aber um mehr als das gehen: Dem Kurznachrichtendienst ist der Parasit UberMedia lästig geworden, der Twitter in mehreren Bereichen zunehmend Konkurrenz macht.
Twitter begründet die Abschaltung unter anderem mit einem Markenrechtsverstoß von UberMedia und die nicht erlaubte Nutzung des Dienstes Tmi.me, der private Direktnachrichten (Direct Messages) mit mehr als 140 Zeichen verschickt. Möglich ist es damit auch, Direct Messages auf einer externen Website für andere sichtbar zu machen, was Twitter beanstandete. Außerdem soll UberMedias iPhone-Client UberCurrent Links aus Tweets der Nutzer gegen Affiliate-Links ausgetauscht haben, womit das Unternehmen Geld verdienen wollte. Ein Twitter-Sprecher sagte dazu, Twitter habe nur eine ganz kleine Reihe von Richtlinien und wünsche, dass diese eingehalten werde. Auch der Name UberTwitter stieß den Verantwortlichen bei Twitter offenbar sauer auf. Twitter würde sich wünschen, dass dieser geändert werde.
Twitter steht unter Druck
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UberMedia reagierte prompt. Der Name von UberTwitter wurde sofort in UberSocial geändert. Tmi.me kann nun nicht mehr nach außen funken, und der automatische Austausch von Links für Affiliate-Programme – den man nie dafür genutzt habe – sei nun nicht mehr möglich. Ende gut, alles gut? Nein, ganz im Gegenteil: Damit dürfte der Krieg erst begonnen haben.
Twitter und UberMedia sind in den vergangenen Monaten zu Konkurrenten geworden, seit beide offenbar eingesehen haben, dass sie nicht alleine von Investorenkapital leben können, sondern Geld verdienen müssen. Twitter hat deswegen Software wie Tweetie zugekauft und vermarktet sie nun als offizielle Twitter-Software. Das macht die zahlreichen externen Twitter-Clients von Nambu über Seesmic bishin zu eben UberMedias Clients zu Konkurrenten. Im offiziellen eigenen Client wird Twitter eines Tages leichter Werbung schalten und finanzierte Trending Topics promoten können.
Was UberMedia nun vorgeworfen wird, sind zum Teil Versuche, mit denen das Unternehmen Geld verdienen will: Affiliate-Werbung, Nutzer auf externe Websites locken. „UberTwitter“ hieß seit Jahren so, ohne dass sich Twitter daran je öffentlicht gestört hätte. Dass man nun möchte, dass der Konkurrent den Namen des Clients ändert, deutet darauf hin, dass Twitter zunehmend versuchen will, den Namen „Twitter“ für sich selbst zu reservieren. Auf dass niemand sonst mehr damit Kasse mache. Twitter wurde nach einer Finanzierungsrunde von Investoren um Netscape-Gründer Marc Andreessen kürzlich auf 8 bis 10 Milliarden US-Dollar bewertet.
Externe Clients werden Twitter zunehmend lästig
Umsätze machte Twitter im vergangenen Jahr aber nur in Höhe geschätzter 45 Millionen Dollar. Twitter steht also zunehmend unter Druck, die Bewertung zu rechtfertigen und Geld einzunehmen. Das bedeutet offenbar einen zunehmenden Schutz des Namens und eine Reservierung aller möglichen Einnahmequellen für sich selbst. Und da werden dem Unternehmen andere Twitter-Dienste, denen man bislang offen gegenüber stand, zunehmend lästig.
UberMedia ist hier in der schwächeren Position, da man auf Twitter angewiesen ist. Geld verdienen muss man aber trotzdem, nicht zuletzt, weil man vor kurzem den Twitter-Client TweetDeck für 30 Millionen Dollar gekauft hat. Mit Diensten wie Deck.ly und das eben jüngst beanstandete Tmi.me sollen die Nutzer auf die eigene Website geleitet werden, die man mit Werbung versehen könnte. Wenn Twitter das aber nicht mehr zulässt, hat UberMedia ein Problem. Langfristig hilft da wohl nur ein anderes Geschäftsmodell, denn Twitter sitzt am längeren Hebel.
Kritisiert wurde Twitter jetzt unter anderem für das harsche Vorgehen gegen UberMedia: Die kurzfristige Abschaltung am Freitag kam ohne Vorwarnung und ohne die eigentlich übliche Bitte, die Mängel innerhalb einer Frist von 72 Stunden abzustellen. Das klingt nach: Zuschlagen und dann erst die Fragen stellen. Der Ton wird ruppiger.
(Jürgen Vielmeier)