Dies scheint die Woche zu sein, in der wir den Abgesang auf die E-Mail anstimmen. Erst gestern schrieben wir darüber, dass Atos Origin die E-Mail innerhalb von drei Jahren intern verbannen will. Gestern von Comscore veröffentlichte Zahlen verheißen ebenfalls nichts Gutes für das Medium: In den USA haben Webnutzer im vergangenen Jahr acht Prozent weniger Zeit damit verbracht E-Mails zu schreiben, Jugendliche (12 bis 17 Jahre) gar 59 Prozent weniger. Das geht aus dem aktuellen Report „The Comscore 2010 U.S. Digital Year in Review“ hervor.
Auch andere Altersgruppen mailen weniger: Die 25- bis 34-Jährigen etwa verbrachten 18 Prozent weniger Zeit mit E-Mails als 2009, die 35- bis 44-Jährigen 8 Prozent weniger und die 45- bis 54-Jährigen 12 Prozent weniger. Interessanterweise ist die E-Mail-Nutzung bei 18- bis 24-Jährigen nahezu unverändert (minus 1 Prozent), während sie bei den Älteren ab 55 deutlich zunimmt. Letzteres hängt damit zusammen, dass viele Ältere das Web stürmen und dort erst einmal mit E-Mail in Verbindung kommen.
Facebook vor MySpace und LinkedIn
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E-Mail (11 Prozent) fiel in der Gunst der Nutzer hinter Entertainment (Musik und Video, 12,6 Prozent) und Social Networking (14,4 Prozent) zurück. Auf Portalen (20,2 Prozent) verbringen die Menschen nach wie vor am meisten Zeit. Im gleichen Zeitraum – man ahnt es – hat sich Facebook zum größten Online-Zeiträuber gemausert und dabei Google- und Yahoo-Angebote hinter sich gelassen. 12,3 Prozent ihrer Online-Zeit verbringen die US-Amerikaner inzwischen mit Facebook. Frauen verbringen fast 5 Prozent mehr Zeit in Social Networks als Männer und der Wert nimmt weiter zu. Gemessen an Unique Visitors (eindeutige Besucher) liegt Facebook mit 154 Millionen in der Rangliste der Social Networks klar vorne. Ende 2009 hatte Facebook in den Staaten erst 112 Millionen Besucher. MySpace bleibt trotz hoher Verluste (Besucher: -27 Prozent, Zeit auf der Plattform: -50 Prozent) mit 50 Millionen Benutzern klare Nummer 2, gefolgt vor den etwa gleichauf liegenden Netzwerken LinkedIn (26,6 Millionen) und Twitter (23,6 Millionen Nutzer).
Kommunizieren ist nicht tot, es verlagert sich nur. Weniger Zeit für die E-Mail auf der einen und mehr Zeit für Facebook auf der anderen Seite, hängt natürlich zusammen. Es geht nicht darum, dass weniger E-Mails verschickt werden (die Zahl dürfte dank Facebook-Benachrichtigungen sogar gestiegen sein), es geht darum, dass die Menschen mehr Zeit auf Facebook verbringen. Wer viel Zeit auf Facebook verbringt, schreibt eher einen Statusupdate oder einen Kommentar statt einer Mail, wirft den Chat an oder nutzt gleich den internen Nachrichtendienst. Da sich die Jugend zunehmend auf Facebook tummelt, ist es also nicht verwunderlich, dass die behäbigere E-Mail in ihrer Gunst verliert.
Der Comscore-Bericht, der nach Registrierung als Whitepaper (PDF) heruntergeladen kann, bietet weitere interessante Ergebnisse über die Internetnutzung in den USA. Google erhöht den Marktanteil leicht und bleibt mit 66,6 Prozent meist genutzte Suchmaschine vor Yahoo und Microsoft (Bing). Top-Suchbegriff in den fünf wichtigsten Suchmaschinen war mit großem Abstand „facebook“, gefolgt vor „youtube“, „google“ und „yahoo mail“. Auf Facebook wird die meiste Display-Werbung geschaltet, AT&T wiederum vermittelt die meiste Display-Werbung. Der Anteil von Smartphones an verkauften Mobilfunkgeräten beträgt 2010 nur 27 Prozent, Research in Motion (RIM) ist in den Staaten mit 31,6 Prozent Anteilen Marktführer unter den mobilen Betriebssystemen. Google (Android) folgt mit 28,7 Prozent vor Apple (iOS) mit 25 Prozent.
(Jürgen Vielmeier)