Es gab mal eine Zeit, in der eine Versionsnummer noch etwas aussagte. Ich will nicht sagen, dass ich mich nach dieser Zeit zurücksehne. Aber was im Moment bei Google und Firefox passiert, klingt doch arg nach einer Marketing-Offensive. Google hat den Browser Chrome vergangene Woche in der stabilen Version 9 veröffentlicht. Der wesentlich ältere Browser Firefox ist aktuell noch in der Version 3.x, und das bereits seit 2008. Doch damit soll jetzt Schluss sein. Firefox 4, der aktuell in der Beta vorliegt, soll im März zur stabilen Version erhoben werden. Firefox 5, 6 und 7 sollen noch in diesem Jahr folgen. Das geht aus der gestern veröffentlichten Product Roadmap 2011 hervor. Die Versionssprünge sollen kleinere Updates sein, etwa vergleichbar mit dem Sprung von Subversion zu Subversion (3.5 auf 3.6).
Wichtigste, geplante Neuerungen: Firefox 4 bekommt eine neue Oberfläche, WebGL-Unterstützung für 3D-Anwendungen sowie Unterstützung von HTML 5 und Direct2D. Er soll zusätzlich als 64-bit-Version für Mac OS X erscheinen. Firefox 5 könnte unter anderem einen Account Manager bekommen, Simple Sharing UI, UI Animation und 64-bit-Unterstützung für Windows bieten. Firefox 6 soll – ähnlich wie Google Chrome – Web Apps integrieren, JavaScript-Optimierungen erhalten und Unterstützung für Apples im Sommer erwartetes neues Betriebssystem Mac OS X 10.7 bieten. Firefox 7 soll „Electrolysis“ (e10s) unterstützen, die Aufsplittung von Benutzeroberfläche, Inhalte und Plugins auf verschiedene Prozesse.
Setzen sich schnelle Versionssprünge durch?
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Und natürlich soll jede Version hinsichtlich Stabilität und Reaktionsgeschwindigkeit verbessert werden, versteht sich von selbst. Ziel für 2011 ist, dass ein Nutzer nie länger als 50 Millisekunden auf eine Reaktion des Browsers warten muss. So ist es zumindest aktuell geplant. Die Roadmap ist im „Entwurf“-Modus. So kann und wird sich die Liste der Anforderungen im Laufe des Jahres noch ändern. Ebenso wenig ist in Stein gemeißelt, dass wir Ende des Jahres tatsächlich bereits Firefox 7 begrüßen dürfen.
Der Grund für die neue Marschroute geht aus dem Papier nicht hervor. Man scheint auf der einen Seite Druck von den Entwicklern nehmen zu wollen. Wenn ein Feature nicht rechtzeitig für Version X fertig wird, kommt sie eben erst in Version Y. Zum anderen sieht man bei Mozilla wohl nicht länger ein, dass Google alle sechs Wochen eine neue Chrome-Version auf den Markt schickt, die nur leichte Verbesserungen enthält, aber gute Presse bekommt. Zeitgleich lesen die Nutzer im Zuge von Firefox 4 immer wieder von Verzögerungen. Das schlägt sich auch auf die Nutzerzahlen nieder: Während Chrome den Marktanteil innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt hat, hat Firefox laut Zahlen von Net Market Share leicht verloren. Man sieht bei Mozilla offenbar keinen Grund mehr, Google das Feld alleine zu überlassen und übernimmt also die gleiche Marketing-Strategie des großen Bruders. Darauf deutet auch die aktuell für Firefox 6 geplante Integration von Web Apps hin.
Mit Firefox auf Googles Linie wird es nun interessant zu sehen, ob die anderen Browser-Hersteller ebenfalls mit schnelleren Versionssprüngen reagieren. Ich vermute: ja. Der Internet Explorer liegt aktuell in der Version 8 vor (9 ist im Beta-Status), Opera ist bei Version 11 angekommen, Safari bei 5. Zumindest scheint ein Ende zahlreicher Unterversionen zu nahen, die dem reinen Anwender wenig sagen. Ich bin gespannt, ob sich die Prozedur auch auf andere Software überträgt, zum Beispiel WordPress. Apropos: dort gibt es seit ein paar Stunden auch ein Update – auf Version 3.0.5.
(Jürgen Vielmeier)