Wer im Geld schwimmt, dem macht es nichts, wenn beim Sprung in die Wanne eine Menge davon herausschwappt: Gestern stellte News-Corp-Gründer Rupert Murdoch zusammen mit Apple die Tablet-Zeitung „The Daily“ vor. 120 Journalisten schreiben für die Zeitung, die derzeit nur auf dem iPad und nur in den USA erscheint. Ein ambitioniertes Projekt – und für den Kunden gar nicht teuer: „The Daily“ gibt es im Wochenabo für 0,99 US-Dollar oder für 39,99 Dollar im Jahresabo. Wie lässt sich das refinanzieren?
Im Moment eigentlich gar nicht. Der Hype und gute Verkaufszahlen des iPads aber erhöhen die Chance: Apple hat im vergangenen Jahr weltweit fast 15 Millionen iPads verkauft. Gehen wir einmal davon aus (genaue Zahlen gibt es nicht), dass zwei Drittel davon in den USA verkauft wurden und von denen jeder Zehnte sich im laufe der nächsten Monate „The Daily“ abonniert, wären das 1 Million potenzielle Kunden. Es gibt massig Konkurrenz, aber gerade „The Daily“ dürfte viele Kunden allein durch den Medienhype bekommen. Kauft jeder dieser 1 Million potenzieller Kunden ein Monatsabo, betrügen die Einnahmen 4 Million Dollar im Monat. Die Produktionskosten gibt Murdoch selbst mit 2 Millionen Dollar im Monat an. Die 30 Millionen Dollar Entwicklungskosten, die Murdoch bisher in das Projekt gesteckt hat, dürfte er so schnell nicht zurückfordern. Eigentlich müsste „The Daily“ also schon vom Fleck weg 500.000 Monatsabonnenten haben, um kostendeckend zu arbeiten. Eine machbare Zahl; doch um die zu erreichen, könnten einige Wochen und Monate ins Land ziehen, in denen die monatlichen Kosten gleich hoch bleiben.
„The Daily“ ist für Murdoch also ein teurer Spaß, zumal die Konkurrenz in der Regel billiger arbeitet. Die „New York Times“ etwa macht es sich deutlich leichter und wird in Kürze News.me für das iPad starten. Die App soll Nachrichten aufbereiten, die Freunde in Social Networks verlinken, also ähnlich funktionieren wie der Dienst Paper.li. „Der Spiegel“ vermeldete bereits im Oktober, die eigene iPad-App mache Gewinn. Großes Kunststück, denn die iPad-App ist nur eine angepasste Version des ePapers, die wiederum nur eine elektronische Version des gedruckten „Spiegel“ ist. Die Kosten belaufen sich also auf die Software, die die aktuelle Ausgabe für die App anpasst und den Mitarbeiter, der sie bedient. Ähnlich verhält es sich da mit der Konkurrenz von „Time“ über „Wall Street Journal“ bis zu „The New Yorker“, die Apple in seinem iTunes Store verkauft: Die iPad-App ist nur ein Beiprodukt; das eigentliche Geschäft macht man mit Print-Verkäufen und Werbung. Über diese Einnahmequelle verfügt „The Daily“ nicht.
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Ohne Öffnung für andere Märkte und Tablets wird es schwer
Ziel für Murdoch müsste also eigentlich sein, „The Daily“ in möglichst vielen Ländern und auf möglichst vielen Plattformen anzubieten. Aber damit scheint er keine Eile zu haben. So orakelte er gestern während der offiziellen Vorstellung des Magazins:
„Wir haben Apple geradeheraus gesagt, dass wir erwarten auf allen großen Tablets zu sein. Aber dieses Jahr und das danach gehört Apple. Das ist eine Einschätzung des Marktes.“
Und damit keine Absage an andere Tablets, genauso wenig wie eine Zusage, dass „The Daily“ auch bald für Android oder weitere Systeme kommt. Die Zahlen sprechen nicht gerade für Murdoch: Der Marktanteil des iPads betrug im dritten Quartal 2010 noch 95 Prozent, im Jahresendquartal aufgrund des Aufkommens einer Konkurrenz nur noch 77 Prozent. 9,7 Millionen Tablets aller Hersteller wurden laut Strategy Analytics im Weihnachtsquartal insgesamt verkauft. Android verzeichnet bereits 22 Prozent Marktanteil, dabei wurde die für Tablets gedachte Version 3.0, „Honeycomb“, erst gestern offiziell vorgestellt. Honeycomb wird unter anderem auf dem Motorola Xoom und dem LG G-Slate zum Einsatz kommen. Erste Tester sind durchaus angetan von dem System.
Google Android 3.0 „Honeycomb“
Murdoch könnte sich hier also ein neues Verlustgeschäft eingehandelt haben. Wäre man böse, könnte man auf MySpace verweisen und sagen: damit hat er ja Erfahrung. So böse sind wir aber nicht und sagen deswegen: Viel Erfolg mit „The Daily“. Die monatlichen Kosten von 2 Millionen Dollar dürften ja erst einmal nicht weiter steigen. Sobald er 500.000 Abonnenten hat, trägt sich das Projekt. Und weil die Zahl der verkauften Tablets von Quartal zu Quartal derzeit um mehr als 100 Prozent steigen, dürfte es schnell genug Abnehmer geben. Er sollte sich nur auch für andere Tablets und andere Länder öffnen. Die Qualität von „The Daily“ ist noch einmal eine ganz andere Frage. Mein Eindruck während der Präsentation gestern war nicht überschwänglich: Es ist halt eine iPad-Zeitung mit vielen Ressorts, wie andere Verlagshäuser sie auch haben; etwas wirklich Revolutionäres habe ich da nicht gesehen.
(Jürgen Vielmeier)