Der Twitter-Client Tweetdeck hat den Dienst Deck.ly eingeführt, der Tweets mit mehr als den sonst üblichen 140 Zeichen erlaubt. Wird die Nachricht länger als 140 Zeichen, fügt Tweetdeck dem Tweet automatisch einen Deck.ly-Kurzlink hinzu. Wo liegt der Unterschied zu Diensten wie Twitlonger? Arbeitet man mit Tweetdeck, empfängt man den Tweet in seiner ganzen Länge und muss dafür nicht erst eine Website besuchen. Nutzer von Twitter.com oder anderen Twitter-Clients finden am Ende der 140 Zeichen einen Deck.ly-Link vor. Tweetdeck hat die Funktion bereits vor einer Woche vorgestellt, seit gestern ist sie in der neuen Version des Desktop-Clients, der Chrome-Browser-Version und der Android-App verfügbar.
Wer Twitter.com oder einen anderen Twitter-Client benutzt, wird auf eine Tweetdeck-Seite weitergeleitet, wo der lange Tweet erscheint, via Disqus kommentiert und auf Facebook geliket werden kann. Zusätzlich kann man hier dem Tweetdeck-Kanal eines Nutzers per E-Mail oder RSS abonnieren.
Deck.ly ist für Menschen gedacht, die zwar Twitter mögen, aber denen 140 Zeichen oft zu wenig sind. Ich gehöre dazu, und doch räume ich Deck.ly keine all zu großen Erfolgschancen ein. Denn der Dienst erinnert mich an die MMS. Die wurde einst als designierter Nachfolger der SMS gefeiert und ist doch nie über die Rolle des ewigen Talents heraus gekommen. Mit einer MMS kann man nicht nur Bildchen verschicken, sondern endlich längere Nachrichten verfassen als bei der viel zu kurzen SMS mit 160 Zeichen. Die meisten Anbieter erlauben MMS mit einem Datenumfang von einigen Dutzend bis mehreren hundert KByte, also für erheblich längere Texte als man sie mit einem Handy tippen mag.
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Dienst wird sich nicht durchsetzen, die Idee schon
Das Hauptproblem der MMS: Einige, vor allem ältere, Geräte können empfangene Bilder aufgrund unterschiedlicher Bildschirmmaße oft nicht darstellen: Verschickt etwa von einem Nokia-Handy, kann ich sie nicht einfach so auf einem Sony-Ericsson-Gerät öffnen. Der Diensteanbieter verschickt in dem Falle eine Nachricht mit einem Link, dem man unauffällig zu einer Website folgen muss. Man muss sich einloggen und kann dann erst die MMS betrachten. Deck.ly hat nun mit dem gleichen Nachteil zu kämpfen: Wer nicht selbst Tweetdeck benutzt, kann die Deck.ly-Nachricht nicht in seiner Timeline ganz lesen. Er muss dem Link auf eine externe Website folgen und hat demnach den gleichen Nachteil wie bei Twitlonger, dem Dienst für mehr als 140 Zeichen, der sich niemals wirklich durchgesetzt hat. Und es wäre verwunderlich, wenn das bei Deck.ly anders wäre. Vielleicht integriert Twitter den Service in seine Browser-Version. Dass die konkurrierenden Twitter-Clients auf dem Desktop, im Browser oder dem Smartphone das aber auch tun, ist unwahrscheinlich. Und von denen gibt es mehrere Dutzend.
Ein überall funktionierendes Deck.ly würde außerdem Twitters Grundgedanken konterkarieren, Nachrichten mit 140 Zeichen zu verfassen. Deswegen halte ich es für zweifelhaft, dass sich Deck.ly durchsetzt. Wahrscheinlicher ist, dass andere Twitter-Clients ähnliche Services starten – und die der anderen ignorieren.
(Jürgen Vielmeier)