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Twitter: Internet-Phänomen ohne eindeutige Identität

Ich werde aus Twitter in letzter Zeit nicht so recht schlau. Entweder Biz Stone und die anderen Jungs drückt gehörig der Finanz-Schuh. Was aber in Anbetracht der Tatsache, dass man sich in Bälde ein hübsches neues Rechenzentrum in Salt Lake City genehmigen und nach Europa expandieren will und zuletzt angeblich eine neue Investitionsrunde abgeschlossen hat, eher unwahrscheinlich anmutet. Oder das Unternehmen leidet an einer Art Identitätskrise. Hier ist in stark verkürzter Form, was ich damit meine.

Seit geraumer Zeit versuchen die Verantwortlichen des Mikroblogging-Dienstes der Plattform ein eigenes Gesicht zu verleihen. Dafür wandelte man zunächst den Slogan „Was machst du gerade?“ um in ein „Was sagen andere über…?“ und zielte damit darauf ab, „erwachsener“ zu werden. Also weg von den belanglosen Tweets, über die sich seinerzeit schon der ebenso vorurteilsbehaftete wie planlose JBK so populistisch ausgelassen hatte. Und hin zu substantielleren Postings. Das wurde teils durch Twitter-PR und teils durch die User der Plattform geschafft, indem auf die besonderen Möglichkeiten des Dienstes hingewiesen wurde. Etwa, ganz einfach und schnell Links miteinander austauschen, News verbreiten oder gar im Bürgerjournalismus-Stil (Beispiele im ersten Absatz) selbst produzieren zu können. Einige sahen darin den Ersatz für ein eigenes Blog, andere eine neue Nachrichten-Plattform.

Mit diesem Heranreifen und Verändern ging einher, dass die ersten (Werbe-)Kunden endlich einen Grund sahen, in das Unternehmen Geld zu investieren. Auch wenn die gesamte Vermarktung heute immer noch recht unausgereift wirkt, so konnte beispielsweise mit Google und Microsoft ein Millionen-Deal darüber geschlossen werden, Twitter-Statusmeldungen in die Suchmaschinen der beiden Unternehmen zu integrieren. Und es kamen verschiedene Ansätze der Werbung auf der Plattform zum Einsatz, wobei meines Wissens der neueste Promoted Tweets in der Timeline sind. Das kann und wird von den Verantwortlichen sicherlich nur als Beginn der Monitarisierungsbestrebungen angesehen werden. Bei dem Potenzial, das in dem Unternehmen steckt. Welches war das noch mal? Ach ja, Links und News schnell austauschen und Nachrichtenportalen Konkurrenz machen können.


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Und an dieser Stelle komme ich zu der eingangs von mir angesprochenen Problematik zurück. Offenbar kann man sich bei Twitter nicht recht entscheiden, auf welches Pferd gesetzt werden soll. Will man ein „Social Network“ sein? Oder vielleicht doch lieber ein „News Network“? Oder etwas völlig anderes? Sehe ich mir beispielsweise die Definition zu Twitter auf Wikipedia an, wird deutlich, was ich meine: „Twitter ist eine Anwendung zum Mikroblogging. Es wird auch als soziales Netzwerk oder ein meist öffentlich einsehbares Tagebuch im Internet definiert. Unternehmen und Pressemedien nutzen Twitter als Plattform zur Verbreitung von Nachrichten.“

Sobald dieses schizophren anmutende Stadium überwunden wäre, hätte Twitter eine Identität, die dem Dienst in meinen Augen bis heute fehlt. Das bedeutet nicht, dass die USer nicht wüssten, wofür sie Twitter nutzen. Aber das ist nicht das Gleiche. Die Verantwortlichen müssen es wissen, um sich entsprechend für die Zukunft positionieren und gegenüber Werbekunden (und der Konkurrenz) aufstellen zu können. Das ist meines Erachtens bis heute nicht gelungen. Und es könnte auch noch eine Weile dauern.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters verkündete Biz Stone nämlich jüngst, aus Twitter kein News Network machen zu wollen. Das schließe aber nicht aus, so Stone weiter, dass jemand anderes eines aufzieht (oder ein bestehendes weiterentwickelt), das mit dem Twitter-Firehose gespeist wird. Vorstellbar wäre seiner Meinung nach beispielsweise eine Partnerschaft mit verschiedenen Medienpartnern: „Ich denke, ein Twitter News Service wäre etwas, das sehr offen wäre und mit vielen unterschiedlichen News-Organisationen auf der ganzen Welt geteilt würde“, so Stone.

Im Prinzip gleich diese Idee jener, auf der der Suchmaschinen-Deal basiert: Man sieht sich als Lieferant von „Crowdsourced Content“. Das klingt aber irgendwie nicht so schön. Aber zu einer anderen Beschreibung der eigenen Identität können sich Stone & Co. noch nicht durchringen, man könnte dadurch ja den einen User oder anderen Werbekunden verlieren. Bin gespannt, wie lange der Eiertanz noch gutgeht…

(Marek Hoffmann / Foto: Flickr – Fotograf: Jeff Turner)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

27 Kommentare

  • Anstatt Social Network oder News Network. Warum nicht einfach Social Feed? Das kann eigenes belangloses Zeug beinhalten oder eben Links die mich interessieren.

    Und das Tolle: Man hat immernoch das Buzzword Social dabei 😉

  • Die Problematik, wenn sie denn überhaupt eine ist, liegt doch auf der Hand.

    Bei diesem ganzen Identitätsfindungsding versucht man doch irgendwas vergleichbares zu finden und kommt dann zu dem Schluss, dass es entweder vergleichbar oder identisch ist oder eben nicht.

    Twitter aber ist etwas völlig neues gewesen, etwas das man nicht mit anderen Plattformen vergleichen kann. Darin liegt ja auch unter anderem sein Erfolg begründet.

    Ich finde Wikipedia trifft es dennoch ziemlich gut. Es ist ein Mikroblogging-Dienst, der soziales „Netzwerken“ ermöglicht. Das ermöglichen Makroblogging-Dienste auch, nur halt anders. Daher ja auch der Vergleich mit dem Tagebuch. Blogging halt. Und genau wie seine großen Verwandten können Mikroblogs halt besonders gut zum Verbreiten von News genutzt werde. Daher finde ich, die Identität ist eigentlich ziemlich deutlich definiert.

  • Warum soll Twitter nicht Social & News (& Ads) Network sein, und wer Lust hat taucht drin ein? Ich habe Twitter immer gemocht. Und man kann sich den eigenen Stream über Listen etc. ja auch so organisieren, dass man ernsthaft damit arbeiten kann.

  • IN mienem Vorträgen sag ich es immer wieder: Twitter ist für jeden etwas anders – was an sich seine Stärke ist. (Und es sieht für jeden anders aus ..)

    Der eine kuschelt da mit Freunden, der andere benutzt es als Newsreader. Alles dazwischen ist möglich.
    Warum genau muss twitter.com entscheiden, was Twitter ‚ist‘?

  • @OliverG: Dafür hättest du dann nur die Überschrift lesen müssen… 😉

    Zu deinem zweiten Kommentar: Ich schreibe nicht, was du sagst, sondern beantworte deine Frage danach, warum Twitter festlegen sollte, was Twitter ist. 🙂

  • Wieso muss dem Kind unbedingt ein Name gegeben werden?
    Ich denke, der Erfolg von Twitter ist darin begründet, dass die User genau das damit machen, was sie machen: Twittern.
    Für die einen ist es News-Feed, für die anderen Social Network und für die wieder anderen ist es eben ein Mikro-Blogging-Dienst. Wieso den Usern vorgeben was damit zu tun ist?

    Never change a winning team!

  • Also ich verstehe es so, das Marek sagen will, wenn Werbekunden kommen, dass die fragen: „Was ist denn Twitter?“ – Dann sagt der eine Gründer „Nachrichtenportal“ und der andere gleichzeitig „Social Network“. D.h. die Zielgruppe für Werbekunden wäre mitunter sehr breit gestreut. Und das ist wohl der Begriff, den Twitter nicht richtig definieren kann: welche Zielgruppe erreicht Twitter. Wen? Wer sind die User. Und im Moment ist es so wie OliverG sagt: Es gibt sie nicht. Bzw. können es Teenies sein, Unternehmen sein, Onliner sein usw. Und das ist das Problem von Twitter.

  • @Andreas: Danke. Recht gut und zutreffend zusammengefasst. Das lässt mich nun aber mit der Frage zurück, ob ich mich wirklich so schwer verständlich ausgedrückt habe. 🙁

  • Wieso kann man den Werbekunden nicht sagen, das Twitter weder Nachrichtenportal noch Newsfeed ist? Wenn ich einen Harlekin-Polo fahre und mich jemand nach der Farbe meines Autos fragt, muss ich ja auch nicht zwangsläufig zwischen Gelb, Blau, Grün, usw. unterscheiden?

    Gute Antwort wäre: 30% Gelb, 25% Grün, 10% Blau, usw. … Nennen wir es Harlekin.

    Ich verstehe die ganze Problematik nicht. :/

  • Kann man wohl so sehen, dass Twitter eine eierlegende Wollmilchsau ist. Oder dass Twitter alles kann, aber nix richtig. Die Frage ist doch für Twitter am Ende, was es für Werbekunden interessant macht. Und Werbekunden fragen „wen erreiche ich mit Tiwtter“. Das uns das wurscht ist und dass wir gut finden, dass Twitter bisschen alles ist, ist klar. Aber die Twitter-Betreiber müssen am Ende Geld verdienen. Und da brauchen sie ein Profil.
    @Marek „Sobald dieses schizophren anmutende Stadium überwunden wäre, hätte Twitter eine Identität, die dem Dienst in meinen Augen bis heute fehlt.“ – damit ist klar was Du meinstest.

  • @Andreas Wollin Ich verstehe die Aufregung nicht. Erst einmal hat Twitter ein Profil: 160 Zeichen lange Kurznachrichten, die von jedem gelesen werden können, den es interessiert. Punkt.

    Ich traue den Agenturen durchaus genug Kompetenz zu, ihren Agenturen zu erklären, was Twitter ist. Und darüber hinaus denke ich nicht, dass es an Werbekunden aufgrund „eines fehlenden Profils“ mangeln würde, wenn man sich mal überlegt wie perfekt man zielgruppengenau und personalisiert werben kann.

  • 140 Zeichen darf man via Twitter verschicken, dachte ich…
    Ich denke, dass das fehlende Profil entscheidend ist. Wenn jemand kommt und sagt: Ich will richtig Kohle in Twitter stecken und nur Architekten erreichen oder sowas… dann muss es eine Lösung geben, diese ZG zu erreichen. Wenn es die nicht gibt, sind die Streuverluste zu groß und niemand zahlt dafür.

  • Warum sollten wir uns Probleme zu unklarer Profilierung aus der Sicht von Werbeagenturen machen?
    Oder zur Maximierung künftiger Gewinne der twitter, inc?

  • Im Prinzip ist Twitter nichts anderes als eine kostenlose öffentlich von jeden Abonnierbare SMS Nachricht!

    In lezter Zeit leider hauptsächlich zur (Werbung) Eigenwerbung von Bloggs oder Webseiten benutzt … sozusagen als „Link – Schleuder“.
    Wie man daher mit Twitter Geld verdienen kann ?…. Ziemlich einfach ebenso wie mit einer SMS.
    zb. für jeden Twiet mit einer URL 1 Cent Gebühr….. das würde die „Link – Schleuder“ und Werbung jeglicher Form erwas einschränken und Twitter wieder mehr zu einer Mikroblogging- Plattform machen.

  • Ich habe bisher Twitter nicht genutzt. Viele Nachrichten sind darauf halt nur belanglose Sätze ohne wirklichen Inhalt. Wenn es gelingen würde User zu animieren anspruchsvolle Postings zu veröffentlichen bzw. wirklich wichtige Nachrichten ausgetauscht würden, dann wäre Twitter außerordentlich interessant gerade auch für Werbekunden. Ich denke da ist man mittlerweile einen Schritt in die richtige Richtung gegangen.

  • @onesocia Die Frage ist nicht „was ist twitter“, sondern „wen erreiche ich mit Twitter?“

  • Ich denke mit einer gut durchdachten Segmentierung wäre man schon einen Schritt weiter. Wenn man „sponsored Tweets“ zielgruppengenau ausliefern könnte, wäre die Attraktivität für Werbetreibende auf jeden Fall gegeben, und damit auch eine erhöhte Attraktivität für potentielle Investoren. Nötig wäre hierfür allerdings eine sinnvolle Profilierung der Twitter-Mitglieder. Eine Möglichkeit (wenn die personenenbezogenen Daten nicht verwendet werden sollen) ist in diesem Zusammenhang die Segmentierung anhand der jeweiligen „Following“-Liste. Wenn jemand z.B. einer entsprechenden Anzahl an Bundesligisten oder Fußball-Websites folgt, bekommt er einen „sponsored Tweet“ von Sky mit einem Angebot für das Bundesliga-Abo.

  • Ich verstehe die ganze Problematik ebenso nicht. Ich denke es ist wichtig, wen ich erreiche. Das es nur durch 140 Zeichen ist, ist dann doch eher problematisch. Und ds man in 140 Zeichen meist Sätze ohne klar erkennbaren Inhalt packt, setzt das wohl voraus.

    Du sagst: „Im Prinzip ist Twitter nichts anderes als eine kostenlose öffentlich von jeden Abonnierbare SMS Nachricht!“ Das sehe ich genauso,wenn nicht sogar, als Miniblog für Zeitlose…

    Leider erfüllt Twitter immer weniger seinen Zweck, wohl deswegen auch die Umgestaltung. Dazu passt nämlich Deine schon erwähnte Linkschleuder…

    Auf Dauer ist das nichts…

  • Was soll mir der Beitrag sagen??? NIX???? Dann brauche ich mich ja nicht über die Zeit ärgern die ich dafür „geopfert! habe!!!

    Bitte in Zukunft wieder Beiträge die wirklich Deutschland interessieren. Die Qualität ist in letzter Zeit stark nach unten gegangen!

    Es sind hier oft nur Beiträge zu lesen die echt immer eine sehr komische Meinung wiedergeben und kaum informieren.

  • Ich glaube ja, dass Twitter gerne ein bisschen mehr so wäre wie Facebook, also socialer (!). Wenn man mal die Zeiten vergleicht, die die User den beiden Netzwerken opfern, dann hat Facebook ganz klar die Oberhand. Lt. einer Studie über drei Stunden pro Tag im Schnitt spricht für sich. Twitter läuft höchstens nebenbei.
    Ich glaube auch, dass Twitter nur noch „lebt“, weil heutzutage mit einem Klick egal von welcher Webseite aus dort ein Post platziert werden kann. Wer wechselt denn heutzutage noch direkt auf Twitter, um dort seine Postings loszuwerden?