Frankreich. Frankreich? Da war mal was. Unser befreundeter Nachbar im Westen, der sich schon früh an Liberalität und Demokratie versucht hatte, hatte in den letzten Jahren arge Probleme mit selbigen. Unruhe in den Vorstädten, Streiks wegen der geplanten Ausbeutung junger Hochschulabsolventen, Streiks gegen die Erhöhung des Renteneintrittsalters, die Abschiebung ungeliebter Minderheiten, das Three-Strikes-Modell. Eine demokratische Nation ohne Demokraten an der Spitze.
Neu ist jetzt ein Versuch des Ministeriums zur Wahrung der Einnahmen der Musikindustrie für Kultur, in Sachen Raupkopien nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche vorzugehen: Junge Menschen zwischen 12 und 25 Jahren können eine Karte erwerben, und damit Musik im Wert von 50 Euro einkaufen. Zahlen müssen sie dafür nur die Hälfte. Einlösen können die jungen Leute die Gutscheine bei Downloadshops wie iTunes, Orange und Fnac. Die Idee stammt schon aus dem Frühjahr und wird jetzt nach Erlaubnis der EU eingeführt. Auf der anderen Seite greift seit Oktober das Three-Strikes-Modell über die eigens eingeführte Hadopi-Behörde. Diese arbeitet mit der Musikindustrie zusammen und verwarnt Nutzer, die sich illegal Musik herunter geladen haben. Beim ersten Mal per E-Mail, beim zweiten Mal per Einschreiben. Beim dritten Mal drohen ein Bußgeld und eine einjährige Sperre des Internetzugangs.
Pakt mit dem Teufel?
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Dass das ein Eingriff in die Informationsfreiheit darstellt und sich die Sperre umgehen lässt, spielte für die Behörden dabei keine Rolle. Nun soll mit der Musikkarte offenbar versucht werden, das Vertrauen der Jugend zurückzugewinnen. Und es mutet doch eher an wie ein Pakt mit dem Teufel. Das Ministerium hat die Aktion auf zwei Jahre begrenzt und auf 50 Millionen Euro gedeckelt. Ziel soll es sein, bei der Jugend ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass legal geladene Musik cooler ist, oder – angesichts des revoltierenden Volkes – die Legalität an sich. Es bleibt ein fahler Nachgeschmack: Natürlich sind Raubkopien nicht in Ordnung, aber es ist schon sehr weit gekommen, wenn die Musikindustrie ihre eigene Behörde erhält, mit der die Netzaktivitäten eines jeden überwacht werden können. Und der Staat muss schon ein sehr schlechtes Gewissen haben, wenn er den Bürgern ein derart lukratives Geschenk macht.
Denn die Idee an sich ist ja eigentlich nicht schlecht. Jungen Leuten etwas für die Freizeit schenken und gleichzeitig die Wirtschaft damit ankurbeln: das hat etwas von einem Konjunkturpaket und macht sogar noch mehr Spaß als eine Abwrackprämie. Das könnte ich mir auch ganz gut für Deutschland vorstellen – dann aber bitte ohne Hadopi-Behörde.
(Jürgen Vielmeier)