Erinnert sich einer noch an das Start Up „Miomi„? Nie gehört? Im Jahr 2007 hatten drei Gründer die Idee für eine Community, in der die Mitglieder ihre Erlebnisse an einer Art Zeitstrahl „anbringen“ konnten. Sie nahmen mit dem Projekt an einem Entrepreneur-Wettbewerb an der University of Oxford teil und gewannen dort satte 100 Millionen Dollar zur Realisierung ihrer Idee. Und dann? Dann entpuppte sich offenbar zuerst der Investor und anschließend auch das Projekt als Flop und beide verschwanden von der Bildfläche. Die Moral von der Geschichte: Es ist selbst für Profis schwierig, die Zukunft eines Start Ups vorherzusagen, denn auch wenn die Idee und die technische Umsetzung gut und das nötige Kleingeld vorhanden sind: letztlich entscheidet der User/Kunde über Erfolg oder Misserfolg. Und die hängen – es ist eine Binsenweisheit, ich weiß – vor allem vom Mehrwert des Angebots ab.
Am Mittwoch dieser Woche gewann das Start Up „Qwiki“ (der Name ist etwas irreführend) den „Battlefield Award“ auf dem Disrupt-Wettbewerb unserer Kollegen von TechCrunch. In der Jury saßen neben dem Gründer des Blogs, Michael Arrington, auch solche Netzgrößen wie Marissa Mayer von Google. Sie krönten ein Angebot zum Sieger, das man wie folgt umschreiben könnte: Erstellung eines Videos in Fast-Echtzeit zu einem bestimmten Suchbegriff aus den im Internet dazu vorhandenen Schnipseln und Lesung des Inhalts durch eine computergenerierte Frauenstimme. „Durch Qwiki werden Informationen zu einem Erlebnis, das man sich angucken kann und das komplett von Computern generiert wird“, so einer der Gründer, Doug Imbruce. Die Frage, die sich mir in Anlehnung an Miomi nun stellt, ist: Wird das Angebot jemand nutzen? Wenn ja, wofür? Gucken wir mal etwas genauer hin.
Ich kann also beispielsweise den Namen einer prominenten Person als Suchbegriff bei Qwiki eingeben und die Maschinen durchforstet dann das Internet nach zu ihr gehörigem Datenmaterial. Das können Wikipedia-Einträge, News-Artikel, Flickr-Bilder oder YouTube-Videos sein – wenn ich es recht verstehe also bis auf Sound-Dateien alle Formen der Bereitstellung von Informationen im Internet. Und all das wird mir dann als Extra-Service noch von einer Frauenstimme vorgelesen. Klingt doch nett. Wie es in der Praxis aussehen könnte, seht ihr im nachfolgenden Video.
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Nun gibt es aber einige Details, die erwähnenswert sind: Zum einen befindet sich das Start Up bisher noch nicht einmal in der Alpha-Phase. Anmeldungen dafür werden auf der Seite aber noch angenommen; wer also mitmachen möchte, hat jetzt noch Gelegenheit dazu. Ein Resultat aus dieser Pre-Phase ist, dass auf dem TechCrunch-Wettbewerb eigentlich keine echte Live-Demonstration des Angebots stattgefunden hat. Es gab wohl im Vorfeld Vorführungen einer speziellen iPad-Version, die wohl auch zufriedenstellende Ergebnisse lieferte. Dass solche Demos aber trügerisch sein können, wissen wir spätestens seit dem WeTab wissen. Eine fertige App soll dann „in einigen Monaten“ folgen.
Zum anderen soll es sich bei Qwiki laut Co-Gründer Louis Monier nicht um eine Suchmaschine handeln. „Es wird nie dafür verwendet werden, nach Steuerformularen zu suchen“, so Imbruce. Es handele sich vielmehr um den Versuch, Informationen jeglicher Art in Form von „Informationserfahrungen“ bereitzustellen. Was auch immer das genau bedeuten mag. Aber selbst wenn man diese Aussage akzeptiert, bleibt die Frage, worum es sich bei Qwiki handelt? In welchen Situationen genau soll ich den Dienst in Anspruch nehmen? Zumal in der oben erwähnten iPad-Demo anscheinend nur wortwörtlich die ersten beiden Sätze aus dem zum Suchbegriff passenden Wikipedia-Artikel vorgelesen wurden.
Offenbar sehen die Gründer die Einsatzgebiete klarer vor Augen als ich. Demnach könnte Qwiki als Restaurantführer genutzt werden. Wenn ich Essen gehen will, gebe ich (m)ein Wahllokal ein und erhalte dann von einer Damenstimme die entsprechenden Infos zur Lage, Öffnungszeiten, Feedback anderer Gäste und so weiter. Zumindest nehme ich das an, denn konkreter werden die Start Upper an dieser Stelle nicht. Einzig der Zusatz, dass man mit Empfehlungen starten, das Angebot aber ausbauen wird, ist noch zu erfahren. Dann soll es quasi als virtuelle Hausdame am Morgen einen schönen Tag wünschen, das Tageswetter ansagen und auf Termine hinweisen können. Wann und ob es aber soweit kommen wird, steht in den Sternen.
Ich will die Idee und Überwindung der bisherigen technischen Hürden bei Qwiki nicht klein- oder schlecht reden. Ich versuche nur mir vorzustellen, welchen Nutzen mir das Angebot bringen könnte. Und momentan tue ich mich sehr schwer damit. Sicherlich, mal ausprobieren, sich etwas vorlesen lassen, nicht selbst suchen müssen – klingt verlockend. Und wenn ich nicht weiß, wer beispielsweise George Clooney ist, dann liefert Qwiki sicherlich ausreichende Ergebnisse. Aber sobald es darum geht, verlässliche Informationen zu beziehen, verlasse ich mich lieber auf andere Quellen und Angebote. Aber Qwiki ist ja auch „keine Suchmaschine“… bleibt nur die Frage, was ist es dann!?
(Marek Hoffmann)