Unter dem Motto „Beauty of the Web“ hat Microsoft am gestrigen Mittwoch die Betaversion seines Browsers Internet Explorer 9 vorgestellt. Weil das Unternehmen nach eigener Aussage die Webseite in den Mittelpunkt stellen will, wurden die Bedienelemente radikal zurechtgestutzt. Der Rahmen des Fensters ist kaum noch zu erspähen und die Menüs wurden sorgsam versteckt. Zu sehen sind eigentlich nur noch der deutlich vergrößerte Back-Button, die Adresszeile und die „Registerkarten“ genannten Tabs (siehe Titelbild). Die meiste Arbeit hat der Redmonder Riese aber wohl in die Programmierung hinter der Oberfläche gesteckt. Hier haben die Entwickler vor allem auf die Hardware-Beschleunigung gesetzt, wie wir im Juni schon berichtet haben.
Im Interview mit TechCrunch (siehe Video unten) erläutert Ryan Gavin von Microsoft den Vorteil für die Anwender: durch die Nutzung des Grafikprozessors kann der Explorer Webseiten anzeigen, die eher an grafikintensive Desktop-Programme erinnern als an HTML-Seiten. Trotzdem kommt es nicht zu unschönen Verzögerungen, weil der Hauptprozessor durch diese Anwendungen nicht mehr überlastet wird. Diese starke Orientierung an den Fähigkeiten des zugrundeliegenden Rechners hat aber auch zur Folge, dass die Software nur für Windows Vista und Windows 7 angeboten wird.
Viel Wert legt der Hersteller auch darauf, dass die Webseiten nun auch von dem Betriebssystem wie Desktop-Software behandelt werden. So lassen sich einzelne Tabs herauslösen (siehe Bild unten) und als eigene Anwendung in der Taskbar platzieren (siehe Bild rechts). Der Hersteller verspricht, dass mit seinem aktuellen Browser Webapplikationen nun genauso schnell reagieren wie auf dem Rechner selbst installierte Programme. In dem Zusammenhang ist natürlich auch HTML5 ein wichtiges Thema. Microsoft unterstützt mit dem Explorer 9 diesen Standard, mit dem unter anderem Audio- und Videodateien angezeigt werden können, ohne ein zusätzliches Plugin wie Adobe Flash zu installieren.
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Werfen wir nun einen Blick auf die kleineren Verbesserungen, die die neue Version mitbringt. Zum einen gibt es nun das „Einzelfeld“, sprich Such- und Adressfeld sind zusammengelegt worden. Browserjunkies kennen das bereits von Googles eigener Surfmaschine Chrome. Praktisch bedeutet das, dass die Anwender nun einfach das, was sie suchen, in das „Einzelfeld“ eingeben. Der Explorer schlägt daraufhin Webseiten vor, die diesen Term enthalten, aber auch Dokumente von der eigenen Festplatte. Wenn per Mausklick die Funktion „Suchvorschläge aktivieren“ angewählt wurde, werden zusätzlich die Vorschläge der aktuell eingestellten Suchmaschine (hier Yahoo) angezeigt (siehe Bild unten).
Beim Aufruf eines neuen Tabs bzw. einer neuen „Registerkarte“ zeigt mir der die aktuelle Version eine Übersicht über die von mir am meisten besuchten Seiten an. Die Funktion kenne ich ebenfalls schon von Opera und später aus Chrome. Gänzlich neu bei Microsofts Surfmaschine ist aber das Feature „Vorgeschlagene Seiten“. Dahinter verbirgt sich ein Dienst wie Twitters „Who to follow“ oder Amazons Produktvorschläge. Nach dem Motto, „Personen, die folgendes angesehen haben, mochten auch“ empfiehlt der Browser mir aufgrund meiner Surfgewohnheiten Seiten, die mich auch interessieren könnten. Auch diese Funktion wird wegen des Datenschutzes nur nach ausdrücklicher Aktivierung durch den Nutzer eingeschaltet. Da das System gerade erst gestartet ist, sind die Vorschläge vielleicht noch nicht vollkommen verlässlich. „Personen, die FAZ.net angesehen haben, mochten auch Zoll-Auktion (1 VW-Käfer)“ wird vermutlich relativ bald nicht mehr der Standardvorschlag für Leser der Frankfurter Tageszeitung sein.
Eine praktische Idee ist auch die Farbkodierung der unterschiedlichen Registerkarten. Tabs, die thematisch zusammengehören, werden mit der gleichen Farbe markiert. Die inhaltliche Ähnlichkeit erkennt das System dabei anscheinend daran, dass sie alle von derselben Ausgangsseite her aufgerufen wurden.
So, das war ein erster Eindruck von der aktuellen Beta des Internet Explorers 9. Wer das Programm jetzt selber ausprobieren will, kann es sich von der offiziellen Downloadseite herunterladen oder sich zuvor auf der deutschen Produktseite mehr Informationen über die Fähigkeiten des neuen Vorzeigebrowsers aus Redmond geben lassen.
(Nils Baer)