Google-Chef Eric Schmidt wird am heutigen Dienstag die Abschluss-Keynote auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) halten. Wenn man sich die Presseberichterstattung der letzten Wochen ansieht, könnte man das Gefühl haben, damit betrete der CEO des Suchkonzerns feindlich gesinntes Gebiet. Dadurch erhält der an sich schon interessante Auftritt des Managers zusätzliche Bedeutung. In seinem Vortrag will er sich zum Thema „Innovation“ äußern. Ohne das deutsche mediale Sperrfeuer im Sommerloch läge das Interesse darauf, welche Neuerungen er zum Beispiel im Bereich des Fernsehens (Stichwort: Google TV) erwartet oder sogar schon ankündigen kann.
So aber liegt der Fokus des Interesses vor allem darauf, ob er etwas zu Street View sagen wird. Da könnte schon der allgemeine Hinweis, dass Neuerungen immer auf den Widerstand beharrender Kräfte stoßen, als Seitenhieb auf deutsche Befindlichkeiten verstanden werden. In der momentanen Atmosphäre lädt auch das weitere Programm von Schmidt zu Spekulationen ein. Mit wem wird er sich abseits der Öffentlichkeit treffen? Wird er versuchen, die Skeptiker in der Regierung zu überzeugen, dass die Straßenansicht eine gute Sache ist und für alle nur Vorteile bringt?
So ist sich das Handelsblatt beispielsweise sicher, dass der Top-Manager die Gelegenheit nutzen wird, mit Politikern und Datenschützern ins Gespräch zu kommen. Offiziell bekannt ist davon allerdings nichts. In dem Zusammenhang erwähnt die Wirtschaftszeitung noch fast wie nebenbei, dass er Barack Obamas Wahlkampf großzügig unterstützt hat. Klar ist, dass Schmidt den Besuch in Deutschland für Verabredungen jenseits der Kamera-Beobachtung nutzen wird. Und natürlich wird das Unternehmen auf die eine oder andere Weise Lobbyarbeit betreiben, um die eigenen Interessen zu wahren. Wie es eben jede Firma und jeder Verband tut.
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Was an den Spekulationen dran ist und ob Schmidt die Keynote zu einem Seitenhieb oder eine Stellungnahme zu den umstrittenen Straßenfotos nutzen wird oder sogar einen neuen Dienst seines Konzerns vorstellen wird, das erfahren wir gegen 12.30 Uhr auf IFA TV – oder später hier auf Basic Thinking.
Update 2: Dienstag, 7. September, 16.20 Uhr:
Nun ist es vollbracht: Eric Schmidt hat seine Keynote gehalten und ich habe ihm die ganze Zeit zugehört. Viel gelernt habe ich dabei eigentlich nicht. Im Wesentlichen hat der Google-Chef von den Möglichkeiten neuer Technologien geschwärmt und ein paar aktuelle Produkte vorstellen lassen. Der Produktmanager Hugo Barra war dafür zuständig, einige für das Android-System entwickelte Dienste vorzuführen, darunter Google Voice. Er demonstrierte noch einmal live, dass die Stimmerkennung amerikanische Sätze in Text umwandeln und als SMS verschicken kann. Ebenfalls auf Zuruf des Entwicklers startete die Navigationssoftware und berechnete die Route zu einem gewünschten Ziel. Interessant fand ich die Präsentation der Live-Übersetzungsfunktion, die sich aber noch in Entwicklung befindet. Hier zeigten zwei Mitarbeiter, wie das Programm ein Gespräch in einem Berliner Schuhladen dolmetschen könnte, bei dem Käufer und Verkäufer keine gemeinsame Sprache sprechen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten übersetzte das System recht ordentlich.
Der zweite Produktbereich war Google TV gewidmet. Das Angebot wird in den USA bereits in diesem Herbst starten, in Europa hingegen erst im kommenden Jahr. Die Präsentatorin führte vor, wie der Zuschauer per Tastatur im aktuellen Fernsehprogramm und im Internet suchen kann. Beim Vorführen der hochauflösenden YouTube-Videos hat sie dann aber zunächst vor lauter Begeisterung vergessen, den Play-Button zu drücken, so dass einige irritierende Sekunden lang nichts passierte.
In Bezug auf die deutsche Debatte um Street View waren einige Bemerkungen von Schmidt zu den sozialen Auswirkungen der neuen Technologien interessant. Während es auch die Notwendigkeit gäbe, manchmal Informationen zu beschränken, ist es nach seiner Aussage das Ziel seines Unternehmens, soviel Informationen wie möglich zur Verfügung zu stellen. Da Google in der Lage sei, mit seinen Produkten eine Milliarde Menschen zu erreichen, stehe die Firma natürlich immer im Mittelpunkt gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Diese Debatten seien allerdings sehr wichtig, betonte er, ohne speziell auf die deutsche Bedenken einzugehen. Er versicherte, sein Konzern würde natürlich auch andere Meinungen als die eigene akzeptieren und sich an die Gesetze der jeweiligen Länder halten.
Deswegen werde von Google auch keine Funktion kommen, die einen beliebigen Passanten identifiziert und dem Smartphone-Nutzer dessen E-Mail-Adresse mitteilt. Das sei aufgrund der Datenschutzbestimmung in Europa und den USA nicht erlaubt und außerdem sei ein solches Feature „einfach zu unheimlich“. Trotz dieser Beteuerungen fürchte ich, dass seine eigentlich als Verheißung gedachte Aussage „In Zukunft werden Sie nie mehr allein sein“ von vielen eher als Drohung verstanden wird.
(Nils Baer)