Beliebt war die Vorratsdatenspeicherung noch nie. Eigentlich zur Terrorabwehr gedacht, verpflichtete sie die Telekommunikations-Unternehmen dazu, alle Verbindungsdaten ihrer Kunden zu speichern und für eine eventuelle Strafverfolgung bereitzuhalten. Die Überwachung des gesamten Fernsprechverkehrs der Bevölkerung ohne die Grundlage eines noch so kleinen Verdachts war aber nicht nur der protestierenden Netzgemeinde zu viel, sondern auch dem Bundesverfassungsgericht.
Die Richter entschieden deshalb Anfang März dieses Jahres, dass die deutsche Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie gegen die Grundrechte verstößt. Das Gesetz, das trotz des Widerstands der Bürgerrechtler seit 2008 geltendes Recht war, wurde für nichtig erklärt. Obwohl das höchste deutsche Gericht in seinem Urteil auch klargemacht hatte, dass ein solch massiver Grundrechtseingriff unter bestimmten Umständen zulässig sein könnte, verzichtete die Bundesregierung auf ein neues, den Erfordernissen der Verfassung angepasstes Gesetz. Daher existiert in Deutschland zurzeit keine Regelung zur Vorratsdatenspeicherung.
Geht es nach Michael Ebeling vom „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“ wird das auch so bleiben. Seine Gruppe hat sich den Kriminalitätsbericht des Bundekriminalamtes (BKA) vorgenommen und untersucht, welche Folgen die Dauerüberwachung der Bürger auf die Ermittlungsarbeit hatte. Nach ihrer Analyse können keine positiven Effekte festgestellt werden – eher im Gegenteil. Während 2008 ohne die Telekommunikationsüberwachung 79,8 Prozent der Internetstraftaten aufgeklärt wurden, waren es 2009 während der Anwendung der Schnüffelrichtlinie nur 75,7 Prozent. Demnach sei die staatliche Telekommunikationsüberwachung nicht nur rechtlich fragwürdig, sondern auch noch vollkommen nutzlos.
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Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger teilt die Skepsis der Bürgerrechtler und will deswegen auch keinen eigenen Vorstoß zur Regelung der staatlichen Überwachung mehr unternehmen. Stattdessen wird sie die Entscheidung der Europäischen Kommission abwarten. Eine grundsätzliche Abkehr von der Bürgerüberwachung ist aber trotzdem nicht zu erwarten, schließlich hat der große Koalitionspartner CDU die Regelung damals mit den Sozialdemokraten gemeinsam durchgesetzt (Namentliche Abstimmung im Bundestag PDF). Doch sogar wenn die Bundesregierung nun einen Gesinnungswechsel vollziehen würde, wäre ein Verzicht auf die Vorratsdatenspeicherung nicht so einfach. Sie ist nämlich keine eigenständige Idee der deutschen Parlamentarier gewesen, sondern die pflichtgemäße Umsetzung einer EU-Richtlinie. Zwar ist sich auch die zuständige Innenkommissarin Cecilia Malmström nicht mehr so ganz sicher, ob diese Vorschrift eine gute Idee war. Aber einfach abschaffen will sie die Regelung auch nicht. Gegenüber der „Zeit“ äußerte sie, das könne sie nicht tun, schließlich hätten die Mitgliedsländer die Regelung akzeptiert. Womit sich die bürokratische Katze in den Schwanz beißt.
Zumindest aber ist zu erwarten, dass Malmström die Vorschriften entschärfen wird. An welchen Stellen dies geschehen soll, prüft gerade eine unvermeidliche europäische Arbeitsgruppe. Sie soll zusammentragen, „welche Datenmengen erhoben werden, wer Zugriff auf sie hat, wie sie genutzt werden, wie lange sie gespeichert werden“. Das wirkt ein wenig absurd, wenn man bedenkt, dass die Vorschrift schließlich von der Europäischen Union selber erstellt wurde.
Michael Ebeling fordert denn auch, dass das deutsche Kabinett die Brüsseler Vorgaben völlig ignoriert: „Die Bundesregierung muss der EU-Kommission jetzt endlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch macht, von der grundrechtswidrigen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung abzuweichen“. Das allerdings wird wohl ein frommer Wunsch von Herrn Ebeling bleiben.
(Nils Baer)