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CloudCrowd: Per Facebook-App zur Billig-Arbeit

Twitter und Facebook haben ihre Mitglieder kostenlos und freiwillig für sich arbeiten lassen und so ohne Mehrkosten ihre Dienste in fremde Sprachen übersetzen lassen. Das Stichwort heißt Crowdsourcing: komplexe Aufgaben werden in sehr kleine Teilaufgaben unterteilt und von Freiwilligen umsonst oder gegen geringe Bezahlung umgesetzt. Die Firma CloudCrowd setzt dieses Prinzip nun für die Nutzer von Facebook um.

Die wenigen festangestellten Mitarbeiter des Unternehmens teilen den Gesamtauftrag in die Kleinstaufgaben auf und bieten sie den angemeldeten Interessenten innerhalb der Facebook-App an. Der große Vorteil dieser Idee liegt darin, dass die Firma ihre Mitglieder dann erwischt, wenn sie sowieso gerade ihre Zeit vor dem Rechner verbringen und sich eventuell sogar langweilen. Diese Zeit können sie dann auch damit verbringen, für eine Minimal-Entlohnung simple Aufgaben zu erfüllen.

Der Nutzer von CloudCrowd kann also beispielsweise während des Aufbaus seines virtuellen Bauernhofs noch kurz für wenige Cent einen englischen Satz ins Deutsche übersetzen. Am Ende steht dann ein fertig übersetztes Dokument, für das die CloudCrowd insgesamt 10 Dollar pro Seite an die verschieden User auszahlt. Dem Auftraggeber werden 20 Dollar berechnet, was gegenüber dem traditionellen Vorgehen noch immer konkurrenzlos günstig ist. Für dieselbe Aufgabe würden sonst ausgebildete Übersetzer engagiert, die pro Seite 80 Dollar erhalten und einschließlich der Qualitätskontrolle ungefähr die dreifache Zeit benötigt hätten.


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Eine weitere geschickte Idee des Unternehmens liegt in der Art der Qualitätsprüfung. Um Probleme wie Facebooks manipulierte Geburtstagsmeldung zu vermeiden, setzt das Unternehmen auf die Bewertung der Ergebnisse durch andere Freizeitarbeiter. User, die gute Arbeit leisten, steigen so allmählich in einer internen Rangfolge auf und können ab einem bestimmten Level selbst die Leistung anderer Nutzer bewerten.

Man sieht schnell, worauf das Projekt hinausläuft: ausgebildete Spezialisten werden durch Heerscharen von Freiwilligen ersetzt. Die Heimarbeiter erledigen für sehr wenig Geld die Aufgaben, die sie meist vermutlich gar nicht als Arbeit wahrnehmen. Das ist zugegebenermaßen eine brillant umgesetzte Geschäftsidee. Aber gut für die Gesellschaft kann sie nicht sein.

(Nils Baer)

Über den Autor

Nils Baer

Nils Baer hat im Jahr 2010 über 100 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

17 Kommentare

  • Sagt ein Pferdekutschenhersteller zum einem anderen zum Thema Auto
    „Aber gut für die Gesellschaft kann sie nicht sein“

    Sagt ein Verleger zum einem anderen zum Thema Internet
    „Aber gut für die Gesellschaft kann sie nicht sein“

    oder kurz: Die Zeiten ändern sich.

  • achja, ganz nebenbei: Das ist eine 1:1 Kopie von zB Amazon Mechanical Turk usw. Leider kann man dort als deutsche keine Jobs einstellen sonst hätt ich das schon genutzt.

  • Ziemlich komischer Artikel. Fünf Absätze lang ein neutral-positiver Bericht und nur im letzten Satz wird dann eine umso negativere, unbegründete Aussage rausgehauen ôO

  • So negativ finde ich das garnicht, aus Unternehmersicht finde ich das sogar sehr gut. Wer schonmal mit einem Übersetzungsbüro gearbeitet hat, weiss sehr wohl das die maßlos überzogene Beiträge erheben und auch nicht immer perfekte Arbeit leisten.

  • Ist das so anders als ein Ehrenamt? Anstatt Geld bekommt man Anerkennung und wir wissen doch, dass im Netz dies die eigentliche Währung ist 😉

    Vielleicht ist es ja sogar besser für die Gesellschaft, wenn es nicht immer ums Geld geht?

    Ob es gut für professionelle Übersetzer ist, ist eine andere Frage.

  • @#6:

    Jein. Prinzipiell denke ich genau so wie Du nur finde ich es widerlich, wenn mit anderer Menschen Arbeit Geld gemacht wird. KLar, das ist kapitalismus aber wenn ich lese, dass ~10€ an die Übersetzer verteilt werden und das Unternehmen 20€ verlangt… dann ist das eine mächtige Gewinnspanne für’s Nichtstun.

  • Habe es eben mal ausprobiert. Teilweise gibt es da noch große Probleme mit der Software. Für 1 US-Cent sollte man aus einem Online-Shop ca. 10 Fakten extrahieren und in ein Formular eingeben. Allerdings funktioniert die automatische Prüfung nicht, denn keine Eingabe wird akzeptiert. Für Sprachübersetzungen muss man erst Tests machen, die aber nicht jederzeit zur Verfügung stehen.

    Wenn solche Standardaufgaben immer noch billiger werden, frage ich mich, wie viele Leute in Zukunft noch ihren Lebensunterhalt verdienen können.

  • @CM: Nach weiterem Nachdenken denke ich auch, dass mein Ehrenamt-Vergleich wohl hinkt, da ja der Auftraggeber in diesem Fall auch mehr einen gemeinnützigen Zweck hat.

    Mal abgesehen von der Gewinnspanne gibt es aber auch noch andere Fragen:

    – Welche Bereiche eignen sich für solche Angebote?
    – Inwieweit mag sich das ausbalancieren bzgl. der gezahlten Preise? Wird es also immer genug Leute geben, die das für’n Appel und Ei machen?
    – Wie sieht es wirklich mit der Qualität aus?

    Insgesamt wird sich irgendwann die Frage stellen, ob man das reglementieren muss. Es wird sich aber ja auch die Frage stellen, wie das mit der Arbeit in Zukunft generell gelöst wird. Insgesamt also schon ein gesellschaftliches Problem, aber ob gut oder schlecht hängt nicht von diesem Dienst ab, sondern was insgesamt nachher hinten rauskommt.

  • Das Prinzip funktioniert auch in anderen Bereichen schon ganz gut, seit etwa zwei Jahren beispielsweise gibt es im Design-Bereich Konzepte wie [Edit], hier werden Designaufgaben „crowdgesourced“.
    Natürlich ist auch hier gleich eine große Generaldiskussion über das Für und Wider entbrannt – man sollte einfach akzeptieren, dass Crowdsourcing für viele Aufgaben einfach echt sinnvoll ist…

  • @#10:
    Über Sinn will ich nicht diskutieren, ich bin schon ‚dafür‘. Womit ich jedoch ein Problem habe ist, dass ein Unternehmen für’s Nixtun den Großteil der gezahlten Kohle einsackt.

    Edit:
    Jetzt könnte einer kommen mit: Sei doch froh, dass Du überhaupt Geld bekommst, so hast Du zumindest etwas Kohle. Irgendwo hatte ich mal einen Bericht über Fairness gelesen, in dem eine Studie vorgestellt wurde, die besagt, dass ein Großteil der Probanden einen ihnen zur Verfügung gestellten Betraig fair 50-50 aufgeteilt haben obwohl sie es nicht mussten. Wenn sie nicht teilen wollten, gabs für beide nix.

  • Gibt auch eine deutsche Alternative –> Humangrid.
    Preis-Leistung stimmt aus Auftragnehmersicht überhaupt nicht, das probieren sicher viele aus, aber nur eine ganz kleine Zahl an Teilnehmern macht sowas regelmäßig. Rentiert sich einfach nicht.

  • Das Konzept ist doch eine gute Idee. Flexibler kann ein Arbeitsmarkt quasi nicht mehr werden und das wünschen wir uns doch immer. Preise spielen erstmal keine Rolle. Das reguliert sich später über Angebot und Nachfrage, sollte sich das ganze stark verbreiten.

  • Ob die Firma wirklich nichts tut, ist ja noch die Frage, schliesslich muss so ein Service selbst ja auch betreut und weiterentwickelt werden. Dies mag mehr Wettbewerb aber regeln.

    Ansonsten ist das aber ja eh im Moment eine sehr kleine Nische. Ob das nun gut oder schlecht ist hängt dann sicher davon ab, wie sehr so etwas wächst und wie das dann im Endeffekt ausschaut von Preis/Leistung für alle Beteiligten.

  • Und nun zur Steuererklärung: ich hatte im letzten Jahr 15.231 Einkommen zu je 30 Cent gehabt …

  • Genial! So gewinnen doch alle. Ich finde es kommt nicht einmal auf die Höhe der Bezahlung an, sondern viel mehr auf die Verteilung der Energie! So können normale User ihre Fähigkeiten währenddem sie sich normal beschäftigen erweitern. Das ist bestimmt gut für die Hirnstruktur und demnach auch für die Gesellschaft 🙂 Ich habe sowieso das Gefühl, dass das Kollektivgehirn dringend getuned werden muss….