Neulich wurde ich im hiesigen Technikmarkt vorstellig und wollte nach erhellendem Besuch der Fernsehabteilung auch einmal schauen, was es Neues bei den Radios gibt. Digitalgeräte mit 320 kbit/s vielleicht, CD-Qualität oder gleich rauschfreiem High-Definition-Sound? Besonders feine Digitaltuner? Full-DAB, DAB-Ready, DABplus? Satter Sound über Lautsprecher, Subwoofer vielleicht? Podcast-Abo-Funktion?
Natürlich kam es anders. Es blieb die Erkenntnis, dass man auch für einfache Radios ohne RDS heute noch 50 Euro zahlen kann und die Käufer laut Amazon-Bewertungen meist schon zufrieden sind, wenn sich die Frequenz des Lieblingssenders abspeichern lässt und man sie nicht über ein Rädchen einstellen muss. Immerhin kommen die meisten Radios heute im schicken Retro-Look daher; einige haben immerhin Eingänge für Speicherkarten und USB-Sticks. Aber woran liegt’s, dass die bahnbrechenden Neuerungen auf der Strecke bleiben?
Beim Fernsehgerät sind im Moment gleich mehrere Revolution in Gange: von analog auf digital, von Röhre auf Flachbild, bald vielleicht auf 3D. Ähnliches ist bei Zeitungen, Zeitschriften und Büchern zu beobachten. Während dessen passiert beim Radio gefühlt herzlich wenig. Geht man heute in den Technikmarkt, bekommt man das, was man vor fünfzehn Jahren auch schon bekam: Ein UKW-Radio mit FM und AM; für etwas mehr Geld einen Weltempfänger.
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Radionutzung weiterhin stark
Am Programm scheint es nicht zu liegen. Die einstige Befürchtung, die Radionutzung würde bei jungen Menschen zugunsten Podcasts oder eigener Playlists (iPod) zurückgehen, hat sich nicht bewahrheitet. Die Nutzung, regionaler und lokaler Sender bleibt stabil, wie etwa die Media Analyse 2010 II zeigt.
Hybridradio Pure Evok mit DAB, DAB+, UKW und WLAN: Im Technikmarkt nicht erhältlich.
Auch zahlreiche DAB- und DABplus-Geräte gibt es inzwischen online zu bestellen, und sie sind mit Preisen um 100 Euro und teils darunter durchaus bezahlbar geworden. Und doch gelangen davon die wenigsten in den Fachhandel, denn die Geräte sind mit Nachteilen behaftet.
So fand eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums im Jahr 2006 heraus, dass Digital Audio Broadcasting (DAB) zum Teil ein schlechteres Audio-Signal liefert als UKW. Die Zahl der Sender ist begrenzt – nur wenige ziehen überhaupt mit – und die Umstellung von DAB auf den neuen Standard DABplus brachte noch einmal Unmut mit sich: Wer sich vor Jahren einen sündhaft teuren DAB-Empfänger gekauft hat, der kann ihn jetzt praktisch wegschmeißen, weil DABplus darüber nicht funktioniert. Potenzielle Käufer sind verunsichert, weil sie nicht wissen, ob nicht in zwei Jahren vielleicht noch ein weiterer Standard das Maß der Dinge sein wird.
Zuhause ist die Sachlage klar – und unterwegs?
Der erste Verkäufer, den ich auf Digitalradios anspreche, wirkt ratlos: „Sie meinen Digitaltuner?“ Nein, digitale Übertragung. Er muss mich an seinen Kollegen weiterweisen. „Hat sich in NRW nicht durchgesetzt“, sagt dieser. Es gebe zu wenig Sender, die über DAB funken. Er zeigt mir statt dessen WLAN-Radios wie die Logitech Squeezebox (siehe Bild unten, Bildquelle: Hersteller). „Warum noch auf Digitalradio warten, wenn man über DSL und WLAN mehrere tausend Radiostationen empfangen kann, einige davon sogar mit Übertragungsraten von 192 kbit/s?“
Und damit ist für das Radio zu Hause eigentlich alles gesagt: Es ist mitnichten tot, sogar das Radiogerät braucht nicht zu sterben. Nur den gleichen Weg wie das Fernsehen wird das Radio nicht gehen. Es überspringt die Stufe des digitalen terrestrischen Rundfunks, und die Wellen kommen aus dem Netz.
Aber wie sieht es mit dem Radio aus, das man unterwegs oder am Arbeitsplatz nutzt? Heutige Mobilfunkstandards sind noch nicht so stark, dass man sie für kontinuierlichen Radioklang unterwegs verwenden könnte. Wer einmal, wie ich, versucht hat, die Bundesliga-Schlusskonferenz im ICE via 90elf auf dem iPhone zu hören, der weiß, wovon ich spreche. Ganz abgesehen davon, dass das dauerhafte Radiohören dann die mobilen Internetkosten in astronomische Höhen treibt und die Mobilfunkanbieter sich irgendwann gegen die Blockierung ihrer Netze auflehnen würden.
Pläne für terrestrisches Digitalradio noch lange nicht vom Tisch
Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass die Landesmedienanstalten den Plan eines flächendeckenden Digitalradios noch nicht ganz aufgegeben haben. Die Gespräche zwischen dem Netzbetreiber Media Broadcast und den privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seien weit fortgeschritten, hieß es am Freitag in einer Meldung der VDI-Nachrichten. Damit die Hörer nicht verunsichert würden, sollen entsprechende Radiogeräte Hybride aus DAB/DABplus- und UKW-Empfänger sein und auch Webradio empfangen können.
Aber warum das terrestrische Digitalradio nicht einfach ganz überspringen, wenn man mit UKW heute noch klar kommt und das Webradio über einen besseren Mobilfunkstandard schon in den Startlöchern steht. Ich meine LTE (Long Term Evolution), von dem viele zugegebenermaßen nicht weniger erwarten als das Schlaraffenland, in dem zusätzlich noch Milch und Honig fließt. Mit einem schnellen mobilen Breitbandanschluss, der nie abreißt, und den man auch im Bayerischen Wald und der brandenburgischen Provinz flächendeckend nutzen kann, braucht kein Mensch mehr ein terrestrisches Digitalradio. Dann hätte Webradio gewonnen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es dazu kommen wird – und dass das bundesweite terrestrische Digitalradio trotzdem noch das Licht der Welt erblickt.
Was glaubt ihr, worüber wir in zehn Jahren Radio hören werden?
(Jürgen Vielmeier / Bildquelle: Hersteller/König)