Im Februar dieses Jahres begann der überraschende Siegeszug von Chatroulette, einem Videochatsystem, das der russische Teenager Andrey Ternovskiy in seiner Freizeit programmiert hatte. Die Teilnehmer des Angebots werden per Zufall mit irgendeinem anderen User auf der Welt verbunden, bis einer der beiden die Lust verliert und die Verbindung beendet. Dann erhält jeder von ihnen einen neuen, zufällig ausgewählten Chatpartner zugeteilt. Obwohl es auch einige charmante Aktionen wie beispielsweise Mertons Klavierimprovisationen über seine Gegenüber gibt, ist das Programm vor allem wegen der Freaks bekannt geworden, die sich dort recht schnell in großer Zahl tummelten.
Während die seltsamen Figuren die Attraktivität des Angebots zunächst noch eher steigerten, zog seine Anonymität auch eine weniger harmlose Nutzergruppe an. Der Videochat wurde schnell zum Ziel für diejenigen, die ihre Zeigefreudigkeit vor der Webcam vermeintlich ungestörter ausleben konnten, als ihnen das früher in öffentlichen Grünanlagen möglich war. Dadurch wurden mehr und mehr Nutzer abgeschreckt und die Zugriffszahlen gingen in den Keller.
Bereits im Mai hatte Techcrunch spekuliert, Chatroulette werde bald mit automatischer Bilderkennung gegen die Exhibitionisten vorgehen, um das Angebot vor dem Untergang zu retten. Nachdem er lange gezögert hatte, kündigte der Gründer des Dienstes nun Gegenmaßnahmen an. In einer Nachricht an alle Nutzer teilt er mit, die Firma habe IP-Adressen, Chatprotokolle und Videoaufzeichnungen der Verdächtigen aufgezeichnet und die Strafverfolgungsbehörden kontaktiert. „Wir haben tausende IP-Adressen gesperrt, die Täter angezeigt und unser Angebot ist jetzt wieder viel sauberer als zuvor“, heißt es in dem Brief.
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Ternovskiy gibt sich optimistisch, dass nun das Problem gelöst sei und kündigt nicht näher benannte neue Funktionen für die Zukunft an. Vielleicht kommen die Rettungsmaßnahmen aber schon zu spät. Das amerikanische Onlinemagazin Salon hat Chatroulette Ende Juni bereits für tot erklärt: „Alles, was von einem einst großen Reich übrig blieb, ist schlechte Luft und ein Haufen Typen, die ohne ihre Hosen herumsitzen.“ Zur Wahrnehmung als Exhibitionistentreff hatte nicht zuletzt die South Park-Folge beigetragen, in der Eric Cartman das Problem folgendermaßen zusammenfasst: „So ist es im Leben, Stan: bevor Du wirklich gute Freunde findest, musst Du erst an den ganzen W…. vorbei.“ Wenn es Ternovskiy nicht gelingt, dieses Bild in der Öffentlichkeit zu ändern, dann ist Chatroulette tatsächlich tot.
(Nils Baer)