Auch wenn man nicht unbedingt ein Fan des Fernsehsenders RTL ist, so muss man doch zugeben, dass er auf seine Weise den Privatfernseh-Markt revolutioniert oder zumindest maßgeblich geprägt hat. Vergleichbares dürfte dem Kölner Sender im Internet mit der „ersten deutschen Sender App fürs iPhone, die auch Live-Zugang zum TV-Programm liefert“ aber vermutlich nicht gelingen. Man soll ja eigentlich nicht mit der Tür ins Haus fallen, aber die am gestrigen Mittwoch Abend von „RTL Interactive“ vorgestellte „RTL„-Anwendung fürs iPhone und iPod Touch ist – wohlwollend ausgedrückt – absolut verbesserungswürdig. Auch wenn dem Kölner Privatsender zugestanden werden muss, dass es sich hier um ein Pilotprojekt handelt, so ist die App eine große Enttäuschung – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Geld und Know-how (es gibt bereits zahlreiche thematische Apps, etwa für die Formel1) eigentlich vorhanden sein sollten, um es besser zu machen.
Woran hapert es? Zunächst einmal an dem schlechten UMTS-Stream und einer ebenso schlechten Bildqualität. Ersterer brach beim Test in unserer Redaktion zwar nicht ab, ruckelte aber allzu oft und verhinderte dadurch nahezu jeden Fernseh-Genuss. Diese Problematik trat bei dem Leiter von Mobile RTL Interactive, Robert Fahle, offenbar nicht auf. In einem Telefoninterview versicherte er mir zudem: „Probleme beim Live-Streaming können nur bei Empfangsstörungen auftreten, wir stellen das Live-Streaming-Signal in bester Qualität bereit„.
Nächster Kritikpunkt: Benutzerfreundlichkeit. Es dauert seine Zeit, bis man sich auf der App zurecht gefunden hat. Sie ist so überfrachtet, auf „klicki-bunti“ getrimmt und unübersichtlich, wie man das auch schon von der RTL-Website her kennt. Natürlich ist das eine sehr subjektive Wahrnehmung – die von anderen Usern aber offenbar geteilt wird. Bereits nach den ersten Bewertungen der App bei iTunes hat RTL „durch Auswertung von Kundenfeedback und Abrufzahlen der Seiten Teile von der Hompage in andere Bereiche der App verlagert“, so Fahle. Dies sei geschehen, um die Übersichtlichkeit der Anwendung und damit die Usability zu steigern. Es ist immerhin erfreulich zu sehen, dass von Seiten des Senders zumindest schnell reagiert wird, wenn das angebotene Produkt schon nicht 100-prozentig die Kundenerwartung erfüllt.
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Kommen wir zum Angebot. Laut Pressemitteilung kann der Internetnutzer mit der App die „mobile RTL-Welt mit all ihren Funktionalitäten wie die Abrufmöglichkeit von hunderten von Videoclips und Live-Inhalten“ sowie „mehrere exklusive Zusatzfeatures“ nutzen. Dazu gehören etwa ein persönlicher Programmplaner mit Erinnerungsfunktion, eine Videosuche und „zahlreiche individuell abonnierbare Benachrichtigungsdienste aus den jeweils gewünschten Rubriken wie News, Sport, Soaps Ratgeber oder TV-Formate“. Schön und gut, aber in erster Linie interessiert mich bei einer Anwendung, die mir „Live-Zugang zum TV-Programm“ verspricht eben das TV-Programm. Und hier kristallisiert sich leider heraus, dass das Angebot enttäuschend mau ist.
Zwar werden täglich zwischen acht und zwölf Programmstunden live gestreamt, dabei handelt es sich aber (fast) ausschließlich um Eigengewächse des Senders. Dazu zählen Nachrichten, Dokus, Soaps und Formate wie beispielsweise „DSDS“. Filme oder Serien? Leider Fehlanzeige. Der Grund hierfür sei Fahle zufolge weniger ein Problem mit den Lizenzen als vielmehr die Frage, ob der Kunde so etwas überhaupt wünscht? Augenscheinlich geht man bei RTL davon aus, dass über das Smartphone nicht über einen längeren Zeitraum durchweg gestreamt, sondern das Fernsehprogramm eher in Etappen konsumiert werde. Und wer unbedingt will, kann sich seine Serien und Filme ja zeitversetzt bei dem RTL-On-Demand-Service RTL Now holen. Wohin der Weg aber letztlich führen wird, wird wohl das Kundenfeedback entscheiden.
Wer nun gedacht hat, dass hier einem geschenkten Gaul zu tief ins Maul geschaut wird, der irrt. Die App ist nämlich nur 30 Tage lang kostenfrei. Danach wird der User zur Kasse gebeten – und zwar mit 1,59 Euro pro Monat. Man könnte nun – so wie ich – auf die Idee kommen zu fragen, warum eine App kostenpflichtig ist, bei der das Angebot – also die Fernsehsendungen – bereits Werbung enthalten. Die Antwort lautet im Kern: Weil RTL zusätzlich zu Werbeerlösen aus der App mit einer Service-Gebühr die Kosten der App refinanzieren kann. „Wir haben in den vergangenen Jahren schon zu viele gute Inhalte-Angebote verschwinden sehn, weil sie kein tragfähiges Geschäftsmodell hatten. Das wollen wir vermeiden“, so Fahle. Das sogenannte „Service Entgelt“ soll dem Projekt zugute kommen, indem es in „Zusatzfunktionen und exklusiven Features“ investiert wird.
Zuletzt gibt es da noch einen Punkt, der im Netz für Unmut sorgte und auch bei den Bewertungen der App bei iTunes für Minuspunkte sorgte. Um die App oder richtiger den Stream nutzen zu können, muss die GPS-Ortung des iGadgets eingeschaltet sein. Viele der zuvor genannten User kritisieren, dass RTL hier nun auch der Daten-Sammelwut verfalle und sie den Grund für die Ortung nicht verstünden. Die Antwort darauf findet man aber unter dem „Hilfe“-Menüpunkt der App (siehe Screenshot), und sie hat rechtliche Gründe. Demnach dürfen Anbieter von Live-(Fernseh)-Inhalten nur innerhalb jener Ländergrenzen streamen, für die die Programme freigegeben sind. Eine ähnliche Einschränkung findet sich übrigens auch bei Zattoo, weshalb es der Anbieter bis heute nicht geschafft hat, sein Streaming-Angebot nach Deutschland zu bringen.
Offenbar ist das Ortungsfeature die einzige Möglichkeit für den Sender, den Rechteinhabern völlige Sicherheit darüber zu geben, dass ihre „Werke“ nur innerhalb der vertraglich festgesetzten Grenzen gezeigt werden. Und bezüglich der hierbei auch eine Rolle spielenden Daten-Speicherung: Solche Roaming-Abfragen liegen im Millisekunden-Bereich und werden in der Regel nicht vom Content-Provider dokumentiert, sondern höchstens vom Mobilfunkbetreiber, der dazu rechtlich verpflichtet sei.
Unterm Strich, und dieses Fazit hatte ich bereits vorgezogen, konnte mich die App zu keiner Zeit überzeugen. Es ist weder das gesamte RTL-Programm verfügbar, noch wird rund um die Uhr gestreamt. Hinzu kommt eine sehr unüberschaubare Oberfläche mit Features und Angeboten, die ich allesamt nicht brauche – oder bereits besitze. Und dass nicht jeder Content kostenfrei verfügbar sein kann, das leuchtet mir ein. Aber für diese App Geld zu bezahlen, nicht.
(Marek Hoffmann)