Die schwedische Piratenpartei steigt nun auch ins Endkundengeschäft ein. Zuvor hatte sie schon mit ihrem Plan, The Pirate Bay zukünftig aus dem schwedischen Parlament zu hosten, für Aufsehen gesorgt. Entsprechend der Parteilinie verspricht die Firma PirateISP ihren Kunden, keinerlei Daten zu speichern und so größtmögliche Anonymität auch gegenüber den staatlichen Behörden zu gewährleisten.
Vor zwei Tagen begann die zweiwöchige Testphase in der südschwedischen Stadt Lund mit ungefähr hundert Kunden der lokalen Wohnungsbaugesellschaft LKF. Danach hofft Gustav Nipe, BWL-Student und Chef von PirateISP, relativ bald fünf Prozent Marktanteil in Lund zu erreichen, erst Ende dieses Sommers will er auch in anderen Städten aktiv werden. Mit dieser Strategie will der Provider sicherstellen, dass eine schnell wachsende Kundenzahl sich nicht negativ auf die Qualität des Dienstes auswirkt.
Mit der Einrichtung dieses Dienstes verfolgt die Piratenpartei mehrere Ziele: zum einen will sie über mögliche Gewinne ihre politische Arbeit finanzieren, zum anderen versteht Nipe die Gründung auch als Signal an die anderen Provider, sich mehr für den Datenschutz ihrer Kunden und ein freies Internet einzusetzen: „Wenn sie sich nicht gut benehmen, wird immer jemand anderes da sein, um ihre Marktanteile zu übernehmen.“
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Keine Herausgabe von Verbindungsdaten
Die Anonymisierung bei PirateISP wird über die Firma ViaEurope realisiert, die auch hinter dem Service IPREDator steht, mit dem Torrentnutzer ihre Aktivitäten vor den Augen des Staates und der Copyrightinhaber verbergen können. Gegenüber der schwedischen Zeitung Sydsvenskan versicherte Nipe, seine Firma könne garantieren, dass ihre Kunden keine Probleme mit dem schwedischen Pendant der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen bekommen werden. Aus strategischen Gründen wolle er allerdings jetzt noch nicht alle verwendeten Tricks verraten. Anfragen aus den USA wegen massiver Urheberrechtsverstößen will PirateISP ignorieren. Im Interview mit Northern Light sagte Nipe: „Die können kommen mit was sie wollen, wir machen das einfach nicht. Wir lehnen ihre Auffassungen ab und wir lehnen auch die Gesetze ab, die sie machen. Wenn sie also ein Problem mit uns haben, dann haben wir eben ein Problem, aber das war es dann auch.“
PirateISP ignoriert Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung
Interessanter als die Ankündigung, Anfragen aus den USA zu ignorieren, ist allerdings das Versprechen, sich auch der staatlichen Überwachung zu verweigern. Die Piratenfirma wird keinerlei Verbindungsdaten speichern, obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist. Durch die enge Verbindung mit der Piratenpartei glaubt Nipe, diese Vorschriften umgehen zu können: „Möglicherweise wird man versuchen, uns aufzuhalten. Aber dann muss man die Piratenpartei aufhalten. Und dann wird das Ganze zu einem parlamentarischen Problem.“ Die Piratenpartei hofft, bei den Reichstagswahlen im September in das schwedische Parlament einzuziehen und so in den Genuss parlamentarischer Immunität zu gelangen. Ein Versuch, PirateISP zur Datenspeicherung zu zwingen, könnte dann zu einer verfassungsrechtlichen Frage werden. In einem möglichen Prozess würde dann juristisches Neuland betreten. Das bedeutet gleichzeitig allerdings, dass am Ende höchstrichterlich auch gegen die Piratenpartei und ihre Internetfirma entschieden werden könnte.
Es ist sicherlich zweifelhaft, „Datenschutz!“ zu schreien, wenn man eigentlich „Alle Filme umsonst!“ meint. Aber es bleibt ein berechtigtes Anliegen, sich vor unkontrollierbarer Datensammelwut durch Staat und Unternehmen zu schützen. Deshalb wünsche ich den schwedischen Piraten viel Erfolg mit ihrem Projekt. Dass ein freies Internet nicht den Untergang von guten Inhalten bedeuten muss, versucht ja gerade ausgerechnet der Pirate Bay-Gründer Peter Sunde mit flattr zu beweisen.
(Nils Baer / Foto)